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Lost Place Vienna (German Edition)

Lost Place Vienna (German Edition)

Titel: Lost Place Vienna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lost Place Vienna
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Augen
geschlossen.
    »Mach’s kurz«, sagte sie, und es schwang ein Hauch hysterischer
Melodramatik in ihrer Stimme.
    Valentina ahnte, dass Nicola noch unter Schock stand, ging an ihr
vorbei, warf den Rucksack in den Flur und steuerte auf das Badezimmer zu.
    »Ich brauche deinen Schönheitssalon für ein paar Minuten«, sagte sie
und öffnete die Badschränke, wühlte in den Schminkkoffern und suchte nach
Schere und Haarfärbemittel.
    Bald hatte sie sich ihre Utensilien zusammengesucht und blickte sich
im Spiegel über dem Waschbecken an.
    »Bis bald, Valentina«, sagte sie zu ihrem Spiegelbild und machte den
ersten Schnitt, bei dem sie ein dickes Bündel ihres langen schwarzen Haares
kürzte. Sie ahnte, dass sie wie ein gerupftes Huhn aussehen würde, wenn sie so
weitermachte. Also verließ sie das Badezimmer und hielt nach Nicola Ausschau.
    Sie war nicht mehr auf dem Flur, und Valentina befürchtete schon,
dass sie womöglich abgehauen war und nun auf der Straße herumirrte. Dann würde
es nicht lange dauern, bis die Polizei hier auftauchte.
    »Nicola? Hallo. Wo bist du?«, rief Valentina.
    Keine Antwort. Dafür zerschellte in der Küche ein Teller auf dem
Küchenboden. Valentina ging, noch immer die Schere nebst Haarbüschel in der
Hand, in Richtung Küche.
    »Nicola? Alles klar?« Sie bog um die Ecke und spähte in die Küche.
Dann spürte sie einen dumpfen Schlag auf dem Hinterkopf, und ihr wurde schwarz
vor Augen.
    * * *
    Nicola stand zitternd da und umfasste die gusseiserne Pfanne
krampfhaft; bereit, noch ein zweites Mal zuzuschlagen. Aber Valentina rührte
sich nicht. Sie lag bewusstlos auf dem Küchenboden.
    Nachdem Valentina einfach an ihr vorbeigegangen war, hatte Nicola
keine Lust mehr gehabt, zu sterben, sondern hatte sich umgehend überlegt, wie
sie sich vor dem Tod retten konnte. Jetzt war sie froh, dass sie mit der
Bratpfanne die richtige Wahl getroffen hatte. Ein Schlag hatte ausgereicht, um
die Karten neu zu mischen. Sie war nun die Aktive. Sie war der Situation nicht
mehr ausgeliefert, sondern hatte gehandelt. Das erfüllte sie mit Stolz.
    Aber sogleich blähte sich ein großes Fragezeichen in ihrem Hirn. Wie
sollte sie weiterhandeln? Was hatte diese Tat gebracht? Luft. Luft hatte es ihr
gebracht. Und sie hatte Luft gebraucht, dringend. Denn sie hatte nicht nur die
Augen geschlossen gehabt, um auf ihren Tod zu warten, sondern vorsorglich auch
den Atem angehalten. Deswegen war sie dann auch plötzlich in Panik geraten, als
nichts geschah. Sie war wütend auf Valentina gewesen, weil sie ihr die Gnade
verweigert hatte, ihr ein verdientes Ende zu machen. Was bildete sich diese
Polizistenkuh eigentlich ein? Nur weil sie eine gejagte Mörderin war, hatte sie
noch lange kein Recht, Nicola zu verschmähen. Nicola war es gewohnt, dass man
sie begehrte, da ging man nicht einfach an ihr vorbei, wenn sie einem alles
anbot. Und gab es mehr als das Leben?
    Sie stellte die Pfanne auf den vorderen Brenner des Gasherdes und
entzündete das Feuer. Sie würde die Pfanne erhitzen und sie sich dann glühend
auf den Bauch drücken. Nicola lachte bei dem Gedanken schrill auf, entschied
sich dann aber doch, zwei Eier und Milch aus dem Kühlschrank zu nehmen, um
daraus eine Omelette zuzubereiten. Vielleicht würde sie eine zweite machen.
Valentina würde sicherlich auch Hunger haben, wenn sie wieder aufwachte. Sie
würde doch wieder aufwachen?
    * * *
    Alberto hatte Zwischenmeldung gegeben. Er hatte Il Cervello
gefunkt, dass alles nach Plan liefe. Die kleine Improvisation mit der
Junkie-Nutte und dass Valentina ihn zum zweiten Mal gesehen hatte, hatte er
verschwiegen. Es mochte unprofessionell sein, aber es war für ihn unmöglich,
Valentina an einen anderen abzugeben. Er hatte sich verliebt. Nicht wie man sich
in eine Frau verliebte. Es war eine Liebe, wie man sie Heiligen
entgegenbrachte. Valentina weckte Gefühle in ihm, die sonst nur der Heiligen
Madonna zustanden. Nie würde er bei ihr an Sex denken wie bei der
durchgeknallten Blonden.
    Alberto zahlte und verließ das Bistro, in dem er kurz einen Kaffee
geschlürft hatte, dann zog er sich rasch wieder in den Schatten der Tür zurück.
    Er hatte einen Mann gesehen, den er bereits kannte. Es war der Typ,
der tags zuvor mit Valentina und der Blonden zum Italiener gegangen war.
Alberto hatte noch keinen Namen, wusste auch nicht, in was für einer Beziehung
er zu den beiden Frauen stand. Er zückte sein Handy, zoomte den Mann ran und
schoss ein sauberes Foto. Dann

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