Lost Princesses 02 - Ketten Der Liebe
Ehren hältst, kann ich stolz auf meine Tochter sein.«
Mehr Verantwortung zeigen! Jetzt sollte sie in ihrem Leben zeigen, dass das Opfer ihrer Mutter nicht umsonst gewesen war, und sie musste jemand werden, auf den ihr Papa stolz sein könnte. Sie nahm an, dass sie noch einmal glimpflich davongekommen war...
Oder vielleicht doch nicht? »Und wie sieht meine Strafe aus?«, fragte sie zögerlich.
Er betrachtete ihr schmales Gesicht. »Was macht Großmutter für gewöhnlich mit euch?«
»Manchmal schickt sie mich in den Garten. Dann muss ich einen Zweig von der großen Weide abbrechen, und damit schlägt sie mich.«
»Nein, das werde ich nicht machen«, sagte er entschieden.
»Oder ich muss so Sachen auf meine Schiefertafel schreiben.«
»Sachen?«
»So Sachen, dass ich Prinz Rainger nicht fest gegen das Schienbein treten werde.«
Papa räusperte sich und sagte mit Nachdruck: »Das ist nicht ausgeklügelt genug. Du weißt doch sicher, dass ich als König auf Maßnahmen wie Folter und Krieg zurückgreifen kann?«
Sie riss die Augen so weit auf, dass es wehtat. Und nickte stumm.
»Aber ich bin dein Vater.« Er stellte sie wieder vor sich auf die Füße. »Ich liebe dich, und ich möchte dir nicht dauernd wehtun oder dich allzu lange einsperren.«
Sie schluckte schwer. Wappnete sich.
Er erhob sich. Nahm sein Zepter, richtete sich zu königlicher Größe auf und ließ Amy wissen, was er fortan von ihr erwartete. »Du wirst nett zu Rainger, deinen Schwestern und auch zu deiner Großmutter sein ...«
Amy blieb vor Entsetzen die Luft weg.
»... für drei Tage.«
»Oh, Papa!«, flehte sie und faltete die Hände wie zum Gebet. »Lass mich eine Weidenrute holen!«
»Nein«, sagte er streng. »Du musst drei Tage lang nett zu deinen Schwestern, deiner Großmutter und dem Prinzen sein.«
»Ich könnte hundert Sätze schreiben. Tausend , wenn du es willst.«
Sie glaubte, ein Lächeln um seine Mundwinkel zu erahnen.
»Sei nett zu...«
»Meinen Schwestern , meiner Großmutter und dem dämlichen Rainger. Ich weiß.« Sie schleppte sich mit hängenden Schultern zu der hohen, schweren Flügeltür. Mit sichtlich großer Mühe zog sie die Tür auf. Und schaute zurück zu ihrem Vater.
Er stand nach wie vor auf der Empore vor dem Thron und hielt das juwelenbesetzte Zepter in der Hand. Das lockige Haar fiel ihm in die Stirn und bedeckte seine Ohren. Die Koteletten betonten die Konturen seiner Wangen und das spitze Kinn. Er sah sehr königlich und sehr nachsichtig aus.
»Also gut , Papa, ich werde freundlich sein.« Ehe sie die Tür ganz ins Schloss fallen ließ, sagte sie noch: »Aber das wird mir nicht gefallen.«
8. Kapitel
E in Frühlingsschauer prasselte gegen die kleinen Fenster. Der Wind zerrte an den Fensterläden. Die zu einem Haufen aufgeschobenen Kohlen im Ofen glühten und spendeten genug Wärme, um die Kälte aus dem Kellerraum zu vertreiben. Ein Talglicht warf einen schwachen Schein auf das Schachbrett; der verbrennende Talg erzeugte einen unangenehmen Geruch. Miss Victorine ging ihrer Handarbeit beim Schein einer kleinen Zinnlampe nach.
Jermyn sah , wie Amy mit verführerischem Hüftschwung auf ihn zukam und sich nach und nach ihrer Kleidung entledigte. Sie neckte ihn mit ihrem Lächeln , als sie aus der Fülle ihrer Unterröcke stieg und nur noch in ihrem langen Unterhemd dastand. Ihre aufblühenden Knospen zeichneten sich unter dem weißen Seidenstoff ab, sehnten sich nach Berührung ...
Amys missbilligender Ton riss ihn aus seinen Fantasien. »Mylord, Sie starren jetzt schon fünf Minuten auf das Schachbrett. Soll ich den Zug für Sie machen?«
Er zuckte wie ein gescholtener Junge zusammen, der wieder einmal vom Marmeladentopf genascht hatte. Der wackelige Stuhl, auf dem er saß, ächzte.
»Amy, Sie müssen etwas mehr Geduld mit Seiner Lordschaft haben«, schalt Miss Victorine sie. »Er ist den ganzen Tag an diese Kette gefesselt und grollt wie ein Löwe.«
»Wohl eher wie ein kleiner, missgelaunter Dachs«, murmelte Amy.
Jermyn hob den Kopf und schaute Amy über den langen Holztisch an. Er saß an dem einen Ende, sie in sicherer Entfernung am anderen. Ihre Miene war alles andere als verführerisch, und in ihren Augen funkelte Unmut.
Wenn sie ihn so verstimmt ansah, fiel es ihm schwer, sie zur Frau seiner Träume zu machen. Er wünschte, sie hätte ihm wenigstens einmal einen verheißungsvollen Blick oder ein verlockendes Lächeln geschenkt, um seine Fantasien zu beflügeln.
»Lord Northcliff
Weitere Kostenlose Bücher