Lost Secrets 1
Vater?“
„Brian Abercrombie.“
„Der Brian Abercrombie.“
Eric nickte.
„Leitet er nicht den MI6?“
„Nicht mehr. Als ich angefangen habe, hat er die Scharfschützen ausgebildet. Dann stieg er auf, ging aber schon sehr bald danach in Ruhestand. Seine Frau ist herzkrank und konnte mit der gefährlichen Arbeit nicht mehr leben.“
Wie lange das wohl her sein mochte … „Wie alt bist du?“
Eric lächelte kurz. „Ein Jahr jünger als du.“
„Du bist ziemlich uncharmant.“
„Aber dafür seh‘ ich umwerfend aus.“
„Hattest du nicht irgendwelche wichtigen Informationen?“
„Richtig! – Also … Abercrombies Tochter ist seit ziemlich genau dem Moment verschwunden, wo das letzte Opfer getötet wurde.“
„Hat er dich bei uns eingeschleust? Damit du sie findest?“
„Ja, aus unterschiedlichen Gründen vertraut er mir. Auch wenn ich keinen Ansatz habe, was dieses Mädchen angeht; wer sie entführt haben könnte, und vor allem, wohin.“
Heather betrachtete Eric nachdenklich, der sich mit der Hand durchs Haar fuhr. Er trug noch immer nur das Muskelshirt. An seiner massigen Schulter hatte er eine Narbe, vorne und hinten. Glatter Durchschuss , dachte sich Heather.
„Passt sie denn in das Opferschema?“
„Ja, sie ist hellblond und hat wasserblaue Augen.“ Eric machte eine Pause und spannte sich dabei so an, dass seine Kiefermuskeln unter den hohen Wangenknochen zuckten. „Ich kenne sie, seit sie acht Jahre alt ist. Sie ist wie ihre Mutter, zart und schwach. Wenn er sie hat, wird es sie zerbrechen. Sie wird nicht so lange durchhalten, wie es wahrscheinlich die anderen Opfer getan haben.“
„Kennst du sie und ihre Familie so gut?“
Eric sah zu ihr auf. Sein Blick war ein eisblauer See aus Schmerz. „Sie waren seit ich zwanzig bin die Familie, die meine Eltern mir verweigert hatten zu sein, nachdem ich zum Geheimdienst gegangen bin.“ Er atmete tief durch. „Brian Abercrombie hat so viel für mich getan, Heather. Ich will ihm Jane zurückbringen. Ich muss sie ihm einfach zurückbringen!“
Sie nickte verstehend. „Hast du ein Bild von ihr?“
Er wühlte in seinen Unterlagen und förderte mehrere Fotos zutage und gab sie Heather. „Das meiste davon sind Schnappschüsse. Aber man sieht schon, dass sie vom Typ her genau in sein Täterprofil passt. Sie ist jetzt siebzehn, also jung genug, hellblond.“ Er seufzte. „Sie ist für den Täter perfekt. – Hier sind noch Bilder vom Fotografen. Da sieht man ihr Gesicht besser. Sie sind schon ein Jahr alt, aber trotzdem … - Heather?“ Er schob sein Gesicht zwischen ihres und das Portraitbild. „Heather? – Was ist los?“
Sie sprang mit solcher Heftigkeit vom Tisch auf, dass der Stuhl zurückflog. Den Blick noch immer starr auf das Portrait gerichtet, auf dem sie das Gesicht sofort erkannt hatte. Ihr wurde übel. Speiübel. Hastig stürzte sie ins Bad und konnte gerade noch vor der Kloschüssel auf die Knie sinken, bevor sie sich übergab.
Das Blut schoss ihr vor Anstrengung in die Wangen.
„Was ist denn los, verdammt? Kennst du sie? Hast du sie gesehen?“ Eric stand hinter ihr, doch das hielt Heathers Brechreiz leider nicht auf. Ihr schossen Tränen in die Augen, als sie erneut würgte.
„Wagen … holen!“, keuchte sie. „Sofort!“
„Das ist das erste Mal, dass ich jemanden gleichzeitig kotzen und befehlen höre. – Darf man wenigstens fragen, wohin es geht?“
„Jameson“, brachte Heather mühsam hervor. Als nur noch Galle kam, sank sie zurück auf die Knie, erleichtert dass ihr Magen leer war. „Zu Mills Jameson.“
Eric packte sie unter den Armen, zog sie auf die Beine und schob sie zum Waschbecken. Über den Spiegel hinweg fand sein Blick den ihren. Sein Gesicht war wieder die steinerne Maske des Kämpfers.
„Ich warte genau zwei Minuten.“ Dann war er weg.
Heather spülte sich den Mund aus und sank mit einem Handtuch kraftlos auf den Boden.
Mein Gott, was hatte sie nur getan?
Das Gesicht auf Mills Portrait, die hingebungsvolle Frau. Es war ganz unzweifelhaft das entführte Mädchen gewesen. Aber vielleicht hatte er sie nur gezeichnet. Vielleicht hatte er gar nichts mit der Entführung zu tun. Vielleicht hatte sie doch nicht mit einem irren Mörder geschlafen …
Plötzlich durchzuckte sie noch ein Gedanke, so schlagartig und unvermittelt, als hätte ihr sadistisches Unterbewusstsein damit nur bis jetzt gewartet, um sie zu quälen.
Als sie Mills am ersten Tag von dem Mord erzählt hatte, hatte sie
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