Lost Vampire - Das Ende der Welt
spüre das Zeug sowieso nicht. Ist nur für den Geschmack.“
„ Das ist ehrlich gesagt die noch gruseligere Vorstellung.“ Seit dem Abend am Rastplatz hatte Ever tatsächlich die Finger von Alkohol gelassen. Den bitteren Geschmack spürte sie aber immer noch auf der Zunge, wenn sie nur daran dachte.
„ Wem sagst du das“, erwiderte er langsam. Er schaute zur untergehenden Sonne. „Müsstest du nicht schon längst auf dem Weg zu deinem Vampirfreund sein?“
Aus irgendeinem Grund fühlte sich die Frage wie eine Beleidigung an, aber Ever wusste nicht weshalb.
„ George ist über das Wochenende in Dallas. Beruflicher Kram.“
„ Und deine restlichen kleinen Freunde?“, hakte Sam weiter nach. Sie mochte nicht, wohin sich die Unterhaltung bewegte.
„ Beschäftigt oder am anderen Ende des Landes“, antwortete sie trotzdem wahrheitsgemäß. Issy war nach Flagstaff gefahren, um sich den Campus anzusehen. Charlotte hatte keine Sekunde nach dem Abschlussball verstreichen lassen, um ihre Koffer zu packen und nach Phoenix zu verschwinden. Allerdings war das Debakel mit Sam nur der letzte Schubs gewesen, den die ehrgeizige Freundin gebraucht hatte, um Torch Creek so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.
„ Hervorragend“, betonte Sam jede Silbe mit seiner rauen Stimme. „Dann gibt es keinen Grund, weshalb du den Abend nicht mit mir verbringst.“
„ Du meinst außer dem offensichtlichsten, dass ich das nicht will?“ Ever wunderte sich schon lange nicht mehr über Sams Dreistigkeit.
„ Das ist die Sache mit den offensichtlichen Gründen, Ever.“ Er kam einen Schritt näher, sodass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Sie sind meistens nur Fassade mit wenig Substanz.“
„ Und was sollte mich deiner Meinung nach zu einem Abend mit dir bewegen?“ Sie stemmte die Hände in die Hüften. Ever spürte den Impuls, sich vor Sam größer zu machen, doch es waren zu viele Leute auf der Straße. „Nach der Geschichte mit Charlotte. Spätestens seit der Aktion mit meinem Vater.“
„ Ich kann nichts dafür, dass Michael ein einsamer Mann ist“, wehrte der Dämon mit erhobenen Händen ab.
„ Du hast ihm eine Stripperin auf den Hals gehetzt“, zischte sie verärgert.
„ Ich habe ihn einer sehr reizenden jungen Frau vorgestellt, die zufälligerweise gleichzeitig eine Stripperin ist.“ Er lachte unverhohlen. „Niemand hat ihn zu irgendetwas gezwungen.“
„ Dann hat dieser Niemand ihn auch gleich in fragwürdigen Situationen fotografiert und die Bilder der Zeitung untergeschoben.“ Es war hoffnungslos, Sam ein schlechtes Gewissen zu machen oder ihn gar zur Einsicht zu bringen. „Das kann jemanden in seiner Position den Job kosten, verdammt!“
„ Hat es ihn den Job gekostet?“, erkundigte Sam sich mit einem halben Lächeln, in dem sich Ironie spiegelte.
„ Nein, hat es nicht“, gab Ever zu. Genau genommen waren die Bewohner von Torch Creek zur Überraschung ihres Vaters eher amüsiert als entsetzt. Seit der Scheidung von ihrer Mutter hatte Michael den Schneid verloren, der ihn vor vielen Jahren zum Bürgermeister der Kleinstadt gemacht hatte. Er war zu bemüht um seinen Status und zu steif im Umgang mit den Einwohnern. Seit dem Skandal, den Sam angezettelt hatte, war ihr Vater mit noch größerem Eifer dabei, seinen Ruf für die nächste Wahl wiederherzustellen. Ever bemerkte, dass er den Charme zurückgewann, mit dem er damals seine erste Wahl gewonnen hatte.
Aber sie dachte nicht einmal im Traum daran, Sam diesen Umstand als gute Tat anzurechnen. Ganz zu schweigen davon, es dem Dämon ins Gesicht zu sagen.
„ Dann würde ich sagen, alles ist in Ordnung“, erklärte er zufrieden.
„ Das ändert nichts daran, dass du mir auf die Nerven gehst und zu Hause rumliegen spannender klingt als ein Abend mit dir“, brachte sie die Unterhaltung wieder auf das ursprüngliche Thema zurück. Sie machte einen Schritt an ihm vorbei und ging zügig in Richtung ihres Wagens.
„ Ever! Du verletzt mich zutiefst!“ Er hielt mit ihr Schritt und sie sah aus dem Augenwinkel, wie er sich auf Höhe des Herzens an die Brust fasste. Leider war es die falsche Seite. Sie schnaubte verächtlich.
„ Es stimmt nicht einmal und schmerzt trotzdem“, stellte Sam fest.
„ Tut es das?“, erkundigte sie sich ohne langsamer zu werden.
„ Ach komm schon. Die Wahrheit ist doch, dass du genauso gelangweilt bist wie ich, Ever“, resümierte der Dämon plötzlich in einem
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