Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lost Vampire - Das Ende der Welt

Lost Vampire - Das Ende der Welt

Titel: Lost Vampire - Das Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth St. John
Vom Netzwerk:
wurde gleich als der Ring erkannt, der dem ermordeten Edelmann gehörte. Obwohl ich beteuerte, dass ich den Ring nur gefunden hatte, warf man mich in den Kerker. Das Volk brauchte einen Schuldigen – sofort. Man beschloss, mich bei Tagesanbruch hinzurichten. In dieser Nacht durchlebte ich alle Gefühle, die ein Mensch empfinden kann: Hoffnung, Wut, Angst, Panik, Hass. Eine Stunde bevor die Sonne aufging, betrat ein Mann meine Zelle. Zuerst hoffte ich, man hätte das Missverständnis endlich aufgeklärt. Doch es war nur der Durchreisende, der den versilberten Dolch bei mir in Auftrag gegeben hatte.
    „ Du schuldest mir etwas“, sagte er. Ich wusste nicht, was ich ihm antworten sollte, doch bevor ich etwas hätte sagen können, presste er mir mit unmenschlicher Kraft sein blutendes Handgelenk an den Mund. Ich wehrte mich nach Kräften und hätte ich geahnt, was für ein Monster er war, hätte ich ihn an dem Tag, als er meine Schmiede betrat, getötet.
    Als die Sonne aufging, hängten sie mich und alles wurde schwarz. Doch das war nicht das Ende. In der Nacht erwachte ich mit unstillbarer Gier nach Blut und nach Leben. Ich weiß nicht, wie viele Menschen mir in dieser Nacht zum Opfer gefallen sind und ich weiß nicht, wann ich tatsächlich begriff, was ich war. Einige Tage nach meiner Hinrichtung gestand der Neffe des Ermordeten seine Tat, dem nach dem Mord das ganze Vermögen zugefallen war. Meine Rache an Richtern und Schutzmännern und deren Familien war schrecklich. Ich habe alle gehasst – alle Menschen. Ich entwickelte regelrechte Freude an Intrigen und hatte keine Skrupel, Unschuldige zu töten. Ich beglich die Schuld bei meinem Schöpfer – es war der letzte Dolch, den ich angefertigt habe. Dann zog ich durch Städte und Dörfer, hinterließ eine Spur von Leichen. Fühlte mich unbesiegbar und irgendwann gelangweilt. Ich war der Schlimmste, Ever, ich war der Schlimmste von allen Vampiren, denn ich tötete aus Langweile. Dann traf ich Sam. Und wir gingen diesen blutigen Weg gemeinsam weiter – darauf bin ich nicht stolz.“
     

    Ever atmete tief durch. Georges Geschichte war schrecklich, viel schrecklicher, als sie vermutet hatte. Doch es klang nicht nach ihm, nicht nach dem sanften und fürsorglichen George, den sie kannte.
    „ Was hat dich so verändert?“, wollte Ever dann wissen und nahm seine Hand, als sie merkte, wie schwer ihm dieses Geständnis gefallen war.
     

    „ Während des Zweiten Weltkriegs traf ich einen Wächter, sein Name war Lukas Drake. Oder besser: er traf mich“, antwortete George nach einer Pause. „Seiner Ansicht nach war es an der Zeit, dass ich damit aufhörte, das Gleichgewicht derart zu stören. So viele Menschen starben im Krieg – und so viele mehr durch meine Hand. Für ihn war es reine Mathematik. Als der Wächter mir gegenüberstand, spürte ich seine wahre Macht. Ich wollte ihn angreifen, doch als ich ihn berührte, um ihm den Hals umzudrehen, da sah ich alles: Mich selbst, all die Seelen, die ich qualvoll getötet hatte, das Leid, das Entsetzen. Ich spürte ihre Angst, ihre Verzweiflung, als hätte ich es selbst erlebt. Ich war so geschockt und angeekelt vor mir selbst, dass ich zusammenbrach. Sam hat mich damals in eine Höhle geschleift, um mich vor dem Sonnenlicht zu schützen. Ich habe mich gewehrt, denn das war es, was ich wollte: ich wollte brennen. Nach dieser Nacht zog ich mich zurück und verließ Sam. Unsere Wege kreuzten sich noch ein-, zweimal, doch seitdem habe ich nie wieder einen Menschen getötet, Ever. Nie wieder.“

Kapitel 11
    8. Juli. Torch Creek. Früher Abend.
     

    Als sie an diesem Freitagabend James' Museum verließ, lief Ever Sam praktisch in die Arme. Seit der Dämon Torch Creek zu seiner zeitweiligen Heimat erklärt hatte, begegnete Ever ihm öfter, als ihr lieb war, obwohl sie sich nicht sicher war, wo genau er eigentlich wohnte.
    „ Ever“, stellte er zur Begrüßung fest und schien etwas zu konfus, um einen vollständigen Satz zusammenzukriegen.
    „ Alles in Ordnung, Sam?“ Die Antwort war eigentlich offensichtlich. „Du siehst mitgenommener aus als sonst.“
    „ Was dir alles auffällt“, schnappte er reflexartig zurück, schien dann aber wieder in Gedanken verloren und murmelte halb in sich hinein: „Ich wollte hier irgendetwas erledigen.“
    Ever rümpfte die Nase. „Hast du getrunken?“
    „ Mh? Nein. Ich meine, ja.“ Seine Aufmerksamkeit kehrte langsam an Ort und Stelle zurück. „Aber das spielt keine Rolle, ich

Weitere Kostenlose Bücher