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Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl (German Edition)

Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl (German Edition)

Titel: Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Roth
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Übung ich darin habe, desto seltener sehe ich das Kondolenz-Gesicht. »Du verbietest den anderen ja geradezu das Mitleid«, sagt Clara, als sie mich einmal dabei beobachtet.
    Wie oft werde ich das noch machen müssen? Wie oft werde ich Leuten noch erzählen müssen, was Lotta hat?
    Vor dem Kindergarten nehme ich eine Mutter beiseite, die Klatschzentrale unseres Viertels. »Ich muss dir was erzählen ...«
    Erledigt.

15

»Das ist dein Freifahrtschein«
Von ultimativen Entschuldigungen und Selbsthilfegruppen
    Bens Freund Fritz liegt neben Lotta auf der Krabbeldecke, seine Nase fast an ihrer. Er lächelt sie an, reißt die Augen auf. Eine stumme Aufforderung zum Spielen. »Du machst das falsch«, sagt seine große Schwester Greta, als sie reinkommt. »Du musst was sagen, sonst merkt die Lotta gar nicht, dass du da bist. Die ist doch ein bisschen blind.«

    Mit Clara, auf dem Spielplatz. Ben spielt, Lotta schläft im Kinderwagen. Eine Bank weiter sitzt eine junge Mutter und glüht vor Freude. Ihr winziges Baby hat sie über die Schulter gelegt. Clara schaut rüber. »Ich sehe überall Geschiedene«, sagt sie zu mir. »Und die, die es nicht sind, tun mir nur leid. Die stehen auf der Warteliste und wissen es nicht mal. Geht dir wahrscheinlich ähnlich, oder?«
    Die Mutter legt ihr Kind auf die Bank neben sich, nah an die Rückenlehne. Sie dreht sich weg, um in der Wickeltasche neben sich zu kramen. »Klar«, sage ich, beuge mich vor und halte eine Hand über den Abgrund neben dem Säugling. »Ich sehe überall nur Hirnschäden.« Ben ziehe ich keinen Schal mehr an. Im Sommer räume ich das Planschbecken nach dem Baden sofort weg. Ich rede auf Harry ein, dass er sich einen Fahrradhelm kaufen muss. Ich lese alle Beipackzettel, auch die von Nasentropfen.
    Der Säugling auf der Bank lacht mich an. Ich nehme seine Rassel und schüttele sie. Er fixiert sie. Langsam bewege ich sie von rechts nach links. Er folgt mit den Augen. Ich lasse die Rassel von unten nach oben wandern. Er folgt wieder.
    »Machst du etwa einen Sehtest?«, fragt mich Clara leise.
    »Lotta kann das nicht.«
    Die Mutter hat ihr Handy gefunden, dreht sich zu ihrem Kind und schenkt mir ein strahlendes Lächeln.
    Clara: »Weißt du, ich habe mit Kirsten Wetten laufen, wer als Nächster dran ist.«
    »Du wettest auf Scheidungen?«
    »Schlimm, oder?«
    »Und wie stehen Harrys und meine Quoten – 70 zu 30?«
    Clara überlegt. »Geht er immer noch so oft joggen?«
    »Wieso?«
    Sie zieht mit ihrem Zeigefinger ein Auge nach unten. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass der nur joggen geht?« Sie lacht.

    Im Kino, Bens erster richtiger Film. Ein Ausflug zum 6. Geburtstag eines Kindergartenfreundes, die Eltern haben einen Kinosaal gemietet. Clara ist da, Melanie auch. »Findet Nemo!«, hat sie eben noch in der Lobby gesagt und den Kopf geschüttelt. Ihr Sohn Luca darf nur DVD gucken, wenn er erkältet ist und inhalieren muss: »Caillou«, eine Zeichentrickserie. Auf Französisch.
    Die Jungs stürmen Richtung Kinosaal, Lucas Vater ruft: »Attends!«, und läuft hinterher.
    »Sprichst du eigentlich auch französisch?«, fragt Clara Melanie.
    »Nicht wirklich.«
    Wir gehen ins dunkle Kino, Melanie voraus. Clara flüstert mir zu: »Fifty, fifty.«
    Als Nemo mit seiner zu klein geratenen Flosse wackelt und sein Vater sich sorgt, dass sein Sohn nicht richtig schwimmen kann, ruft Ben in den leisen Kinosaal: »Guck mal, der ist ja auch behindert!« Er lacht ein perlendes Lachen.
    Nach dem Film nimmt Melanie mich zur Seite. »Willst du nicht mal darüber sprechen?«
    »Klar. Wollen wir ...?«
    »Hast du denn schon eine Selbsthilfegruppe?«
    Ach so.

    Brauche ich eine Selbsthilfegruppe? Nina sehe ich viel zu selten, meist ist uns die Fahrt zu weit. Im Internet gebe ich »Vena Galeni Malformation Selbsthilfegruppe Köln« ein – nichts. Wenn Lotta Autistin wäre, gäbe es einen Gesprächskreis in der Nähe. Down-Kinder – klar. »Was musst du auch so was Exotisches haben«, sage ich zu Lotta.
    »Sie müssen ›Infantile Cerebralparese‹ eingeben«, sagt ein Arzt, als wir in seiner Sprechstunde sitzen. Er mustert mich und sagt: »Sie sehen aber noch ganz gut aus – für den Zustand, in dem Ihr Kind ist.«
    Soll ich Danke sagen?
    »Du weißt schon, was du hier hast, oder?«, fragt Clara, als ich das erzähle, und zeigt auf Lotta. »Das ist dein Freifahrtschein. Ich wette, du musst nie wieder Kuchen für das Kindergartenfest backen. Du hast es doch schon so schwer.«
    Sie hat

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