Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Lotte in Weimar: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann , Werner Frizen
Vom Netzwerk:
Zeug, – da ist auch das Konzept zum Geburtstagscarmen an Excellenz von Voigt – Himmel, es will ja gemacht und mundiert sein, am siebenundzwanzigsten ist der Geburts {290} tag, und viel ist es nicht, was ich habe, eigentlich nur ein paar Verse, wovon einer taugt: »Ob nicht Natur zuletzt sich doch ergründe?« Das ist gut, das läßt sich hören, das ist von mir, das mag den ganzen Quark tragen, denn natürlich wirds ein schicklicher Quark wie so vieles, es ist nur, daß das »poetische Talent« gesellig vorspricht, man erwartets von ihm. Ach, das poetische Talent, zum Kuckuck damit, die Leute glauben, das sei es. Alsob man noch vierundvierzig Jahre lebte und wüchse, nachdem man mit vierundzwanzig den Werther geschrieben, ohne hinauszuwachsen über die Poesie! Alsob es die Zeit noch wäre, daß mein Kaliber sich im Gedichte machen genügte! Schuster, bleib bei deinem Leisten. Ja, wenn man ein Schuster wäre. Die aber schwätze, man werde der Poesie untreu und verzettele sich in Liebhabereien. Wer sagt euch, daß nicht die Poesie die Liebhaberei ist und der Ernst bei ganz was anderem, nämlich beim Ganzen? Dummes Gequak, dummes Gequak! Wisse nicht, die Dusselköppe, daß ein großer Dichter vor allem groß ist und dann erst ein Dichter, und daß es ganz gleich ist, ob er Gedichte macht oder die Schlachten schlägt dessen, der mich in Erfurt ansah, mit lächelndem Munde und finsteren Augen und hinter mir her sagte, absichtlich laut, daß ich's hören sollte: »Das ist ein Mann« – und nicht »Das ist ein Dichter«. Aber das Narrenvolk glaubt, man könne groß sein, wenn man den Diwan macht, und bei der Farbenlehre, da wär mans nicht mehr …
    Teufel, was gab es da? Was kommt da herauf von gestern? Das Pfaffenbuch, das Professoren-Opus gegen die Farbenlehre, Pfaff heißt der Tropf, schickt mir bestens seine dreisten Abstreitungen zu, hat die Unverschämtheit, sie mir ins Haus zu schicken, taktlose deutsche Zudringlichkeit, hätt ich zu sagen, man wiese solche Leute aus der Gesellschaft. Aber warum sollen sie nicht meine Forschung bescheisen, da sie meine Dichtung beschissen haben, was ihre Bäuche hergaben? Haben die Iphi {291} genie solange mit dem Euripides verglichen, bis sie ein Trödel war, haben mir den Tasso verhunzt und die Eugenie leidig gemacht mit ihrem Gewäsche von »marmorglatt und marmorkalt«, Schiller auch, Herder auch und die schnatternde Staël auch, – von der Niedertracht nicht zu reden. Dyck heißt die skribelnde Niedertracht. Demütigung, daß ich den Namen weiß, seiner gedenke. Niemand wird ihn wissen nach fünfzehn Jahren, wird so tot sein, wie ers heute schon ist, aber ich muß ihn wissen, weil er mit mir in der Zeit ist … Daß sie urteilen dürfen! Daß jeder urteilen darf. Sollte verboten sein. Ist eine Polizeisache, meiner Meinung nach, wie Okens Isis. Hört sie urteilen, und dann verlangt von mir, daß ich für Landstände sei und Stimmrecht und Preßfreiheit und Ludens Nemesis und des teutschen Burschen fliegende Blätter und den Volksfreund von Wielands filius. Greuel, Greuel. Zuschlagen soll die Masse, dann ist sie respektabel, Urteilen steht ihr miserabel. Aufschreiben und sekretieren. Überhaupt sekretieren. Warum gab ichs an Tag und gabs preis zu öffentlichen Handen? Man kann nur lieben, was man noch bei sich hat und für sich, was aber beschwätzt ist und besudelt, wie soll man dran weitermachen? Hätte euch die merkwürdigste Fortsetzung gemacht von der Eugenie, wollt aber ja nicht, daß man euch ein Gutes tue, so willig man wäre. Man wollte sie schon amüsieren, wenn sie nur amüsabel wären! Ist aber ein mürrisch ungespäßig Geschlecht und versteht nicht das Leben. Weiß nicht, daß nichts davon übrig bleibt ohne etwelche Bonhommie und Indulgenz, ohne daß man in Gottes Namen ein Auge zudrückt und fünfe gerade sein läßt, damit's nur bestehe. Was ist denn all Menschenwerk, That und Gedicht, ohne die Liebe, die ihm zu Hilfe kommt, und den parteiischen Enthusiasmus, ders zu was aufstutzt? Ein Dreck. Die aber thun, als wären sie wohl auf dem Plan, das Absolute zu fordern und hätten den Anspruch verbrieft in der Tasche. Verdammte Spielverderber. Je dümmer, je saurer das {292} Maul. Und doch kommt man immer wieder, das Seine vor ihnen auszubreiten, vertrauensvoll – »mög es euch nicht mißfallen«.
    Da ist mir die morgenfreundliche Laune getrübt und korrosiv angehaucht von ärgerlichem Sinnieren –! Wie stehts denn überall? Was ist mit dem Arm? Tut

Weitere Kostenlose Bücher