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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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ihnen weiter vor, als sie erwartet hatten. Sie hatten einen Pfad gewählt, der um die Gärten eines großen Hauses zur Linken stromwärts hinüberführte. Die Uferstraße trug ihren Namen, weil sie in einigem Abstand den vielen Windungen des Stromes getreulich folgte; sie verband die großen Plantagen untereinander und mit der Stadt; zu ihren beiden Seiten breiteten sich die Felder aus; und überall begrenzte in der Ferne der Deich den westlichen Horizont.
    Corrie May war müde des Wanderns. Und der Gedanke, wie viele Meilen sie noch wandern mußte, ehe Budge wirklich in Sicherheit war, ach, diese Vorstellung machte sie nur noch müder! Sie versuchte, nicht mehr nachzudenken. Endlich führte sie der Pfad an den Fuß des hohen Dammes; sie blickte den grasigen Abhang hinan, der sich in tiefer Schwärze gegen den Sternenhimmel abzeichnete. Noch nie war er ihr so hoch und steil erschienen.
    »Bist du müde, Liebchen?« erkundigte sich Budge besorgt.
    »Nicht ein bißchen!« antwortete Corrie May. Sie lachte. »Du glaubst wohl, ich bin eine feine Dame, die kaum ein Bein vors andre setzen kann, ohne daß ihr einer dabei hilft!«
    »Du atmest so schwer. Und wir sind schon lange unterwegs.«
    »Noch immer nicht lange genug, Budge! Komm nur weiter! Wollen wir oben auf dem Damm entlanggehen?« Sie fragte es, so frisch sie konnte.
    Budge blickte zu dem hohen Bollwerk aus Erde empor, das die Felder vor dem Überschwall des Stromes schützte. »Oben wär' es leichter zu marschieren. Aber wenn jemand in den Feldern zur Rechten aufpaßt, dann sieht er uns gleich. Wir wollen lieber hier unten im Finstern bleiben.«
    Corrie May lehnte sich an einen Baum, der am Fuße des Dammes Wurzel geschlagen hatte. »Was hast du da für ein Bündel unter dem Arm?« wollte sie wissen.
    »Meinen Uniformrock und die Kappe«, antwortete Budge.
    »Was willst du damit tun?«
    »Ich werf's in den Fluß.«
    Er kletterte den dunklen Abhang hoch und verschwand über die Kante des Deiches. Sie hörte ihn auf der anderen Seite des Dammes hinabstolpern und kurz danach ein Plätschern im Wasser; er hatte sich des verräterischen Packens entledigt. Bald kehrte er an ihre Seite zurück. »So! Hoffentlich war es das letzte, was ich noch mit der Konföderierten-Armee zu tun gehabt habe!«
    Bald wanderten sie auf dem schmalen Grasstreifen zwischen den Feldern und dem Anstieg des Dammes dahin. Ach, wie schrecklich müde sie war! Budge stapfte unverdrossen neben ihr her. Ob er seine Füße genauso schwer in den Gelenken fühlte wie sie selbst? An ihren Schuhen haftete die weiche Erde dick in gewichtigen Klumpen. Corrie May hatte sich ein paar leichte Schuhe mit Gummizug angezogen, die Ann aus Versehen zu groß gekauft und dann auf ihre sorglose Art verschenkt hatte; sie waren schön gearbeitet und aus gutem Leder, aber für solche Märsche waren sie nicht vorbestimmt gewesen. Sie beneidete Budge um seine Soldatenschuhe, die stark genug waren, die längsten Märsche auszuhalten. Die Schmerzen in den Füßen brachten sie auf einen Einfall:
    »Budge, nicht weit von hier weiß ich einen Schuppen auf dem Land von Ardeith, wo sie manchmal das Zuckerrohr unterbringen. Wenn wir den noch vor Tageslicht erreichen, können wir uns ausschlafen. Wenn es hell wird, können wir sowieso nicht weitermarschieren.«
    »Wenn ich nur erst über den Fluß hinüber wäre! Irgendwo in dieser Gegend müssen wir auf die erste Fähre stoßen. Ich weiß bloß nicht, ob die Fähre auch über Nacht in Betrieb ist.«
    Wenn ich erst auf einem Fährboot bin und mich hinsetze, dann schlafe ich gleich ein – dachte Corrie May. Sie vermochte an nichts weiter mehr zu denken, als wie sie einen Fuß vor den anderen setzte. Plötzlich faßte Budge hart ihren Arm: »Was ist das?«
    Sie horchten. Ohne Zweifel, das waren Männerstimmen da vor ihnen.
    »Ein paar Neger, glaube ich«, flüsterte sie.
    »Nein, Negerstimmen sind das nicht!« gab er leise zurück. »Weiße Männer sind es!«
    Corrie May horchte von neuem und lachte dann verhalten auf: »Budge, weißt du, was wir sind? Angsthasen! Wir sind schon an der Fähre angekommen, und wenn wir uns nicht beeilen, dann fährt sie uns noch fort!«
    Sie hatte kaum ihr letztes Wort gesprochen, als eine Männerstimme rief: »Halt!«
    Der Schreck ließ sie erstarren. Jetzt sahen sie's: Pferde trabten ihnen auf dem schmalen Grasstreifen schattenhaft entgegen. In der tiefen Dunkelheit neben dem Damm erkannte Corrie May die Umrisse von drei, vier Reitern. Und ein

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