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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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dort lebten, warum sollten nicht auch sie und Budge dort ihr Auskommen finden.
    Sie wickelte ihres Vaters Predigerrock und die alten Arbeitshosen Lemmys in Papier ein und packte Brot, Käse und Rauchfleisch zu einem kleinen Paket zusammen. Dann setzte sie sich nieder und wartete. Schuldbewußt gedachte sie ihrer Mutter. Es war nicht recht, daß sie ihre Mutter heimlich verlassen wollte: außer Corrie May hatte sie keine Kinder mehr. Irgendwie mußte sie ihrer Mutter eine Nachricht hinterlassen, daß sie nicht einfach verlorengegangen war. Wenn sie nur schreiben könnte! Eine dritte Person ins Vertrauen zu ziehen, das war viel zu gewagt! Ihr Vater hatte ihr wenigstens beigebracht, große gedruckte Buchstaben zu unterscheiden; aber sie mit ihrer eigenen Hand zusammenzufügen, darin besaß sie keine Erfahrung; kaum, daß sie ihren Namen malen konnte.
    Außerdem wies die Hütte nichts auf, womit sie hätte schreiben können.
    Schließlich faßte sie doch den Entschluß, es zu versuchen. Sie breitete ein Stück Einwickelpapier auf dem Tische aus und schwärzte ein dünnes Stäbchen Feuerholz im Herdfeuer. Dann kniete sie sich auf einen Stuhl und versuchte sich an den Druckbuchstaben, langsam und mühselig. Ein paarmal mußte sie das Stückchen von neuem schwärzen; auch konnte ihre Mutter jeden Augenblick ins Haus treten. Doch niemand unterbrach sie bei ihrer schweren Arbeit; nach einer halben Stunde war das Werk vollbracht:
    MAMA MIR GETS GUT HAB KEINE ANKS
CORRIE MAY
    Ihre Mutter verstand nichts vom Lesen und Schreiben; aber in der Nachbarschaft würde sich schon ein freundlicher Mensch finden, der ihr die Zeichen verdolmetschte. Corrie May versteckte das Papier und die beiden Bündel in ihrem Bett und machte sich dann daran, das Abendbrot zu bereiten.
    Das Mahl schleppte sich unerträglich hin. Obgleich Corrie May sich vorgenommen hatte, möglichst viel zu essen, auf Vorrat sozusagen, damit sie bei Kräften bliebe, brachte sie vor Aufregung kaum einen Bissen hinunter.
    Mrs. Upjohn ließ sich ausführlich über die Schwierigkeiten vernehmen, die Mrs. Gambrells Tochter ihrer Mutter bereitete; das Mädchen hätte die Gewohnheit angenommen, sich in der Nähe des Lagers der Rekruten herumzutreiben; das gäbe auf die Dauer nichts Gutes; das wüßte schließlich jeder. Corrie May klemmte ihre Füße um die Beine des Stuhls, auf dem sie saß, um sich zur Ruhe zu zwingen; sie bemühte sich, steif und still dazusitzen. Nein, in Kummer und Schande wollte sie ihre Mutter wenigstens nicht bringen. In der nächsten Stadt schon sollte ein Priester sie und Budge auf ehrliche Weise zu einem Paar zusammenfügen, und Budge sollte sie vorher nicht anrühren.
    Nach dem Abendbrot hatte Mrs. Upjohn noch eine Schürze zu flicken. Dann war die Glut im Herde mit Asche zu bedecken, damit am kommenden Morgen, wenn das Frühstück bereitet werden mußte, schnell wieder ein Feuer entfacht werden konnte, ohne ein Streichholz zu verschwenden. Corrie May hätte schreien mögen vor zitternder Ungeduld bei diesen gleichgültigen Verrichtungen. Endlich dann, nach einer kleinen Ewigkeit, begab sich die Mutter zu Bett. Auch Corrie May tat so, als ob sie sich niederlegte. Sie lag mit angespannten Muskeln steif auf ihrer Bettstatt und spürte, wie langsam von den Armhöhlen und Kniekehlen her der Schweiß ausbrach. Nach unermeßlichen Viertelstunden wußte sie es endlich: die Mutter schlief fest; sie konnte sie schlafen hören.
    Corrie May erhob sich vorsichtig, breitete ihren groben Brief vor dem Herde aus, wo ihre Mutter ihn am folgenden Morgen sofort entdecken mußte, griff nach ihren Bündeln und schlich aus dem Zimmer. In der Tür hielt sie für einen Augenblick inne und blickte zu ihrer Mutter zurück, die sie als ein dunkles Etwas auf ihrem Bett erkennen konnte. Ob sie die Mutter jemals wiedersah –? Daran durfte sie nicht denken; sie hatte ihren Sinn ganz und gar darauf zu richten, wie sie Budge und sich selbst aus der gefährlichen Stadt in die Hut des westlichen Ufers schmuggelte!
    Die Gassen ruhten dunkel, und niemand beachtete sie. Hier und da versuchte ein einsamer Mann, sie mit dem Ellbogen zu streifen und mit ihr Bekanntschaft zu schließen; sie wischte solche Versuche schroff beiseite und beeilte sich, die alte Zuckerpresse zu erreichen.
    Schwarz erhob sich hinter den Speichern das plumpe Bauwerk. Corrie May schlich mit angehaltenem Atem zwischen den Schuppen umher und hielt Ausschau nach Budge. Die Schatten lasteten tief; sie tappte wie im

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