Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
matter Funkelblitz des Sternenlichts verriet den Lauf eines Gewehres.
»Was habt ihr draußen zur Nachtzeit zu suchen?« rief einer der Männer.
Corrie May hauchte hastig: »Laß mich nur antworten!« Laut fügte sie hinzu: »Wir machen bloß einen Spaziergang.«
»Nicht möglich, Sergeant, da ist ein Mädchen dabei!« Leises, vergnügtes Gelächter klang auf. »Ja, Sergeant? Jawohl, Sergeant!« Der Mann erhob von neuem seine Stimme: »Tut mir leid, daß ich stören muß, Schwesterchen! Aber wir müssen sehen, wen wir vor uns haben.« Er schwang sich vom Pferd herab. »Was habt ihr denn hier angestellt?« Wieder das gleiche Gelächter aus dem Kreis der anderen Berittenen. Einer gab dem Frager den freundlichen Rat: »Mußt mal deine Mama fragen!«
Der Geneckte schrie ärgerlich zurück: »Halt's Maul! Gib mir lieber die Laterne!« Ein Streichholz flammte auf. »Mir ist das auch nicht angenehm, ihr jungen Leute! Aber Befehl ist Befehl! Wir haben den Deich abzureiten und jeden anzuhalten, der uns begegnet.«
Als die Laterne aufleuchtete, gerann Corrie May vor Furcht das Blut in den Adern: die Männer trugen die Uniform der Konföderierten-Armee –! Wild schoß ihr der Gedanke durchs Gehirn: eine ekelhafte Farbe, dieses Grau! Niemals in meinem Leben werde ich ein graues Kleid tragen! Sie zitterte. Aber Budge stand aufrecht und ruhig da; er hielt sie fest im Arm.
Der Soldat trat auf sie zu. Corrie May stellte erleichtert fest, daß ein freundliches Grinsen seinen Mund in die Breite zog. »Tut mir leid!« sagte er nochmals. »Aber des Nachts soll man lieber zu Hause bleiben. Was habt ihr da in dem Bündel?«
»Ein paar Sachen zum Essen«, antwortete Budge zuversichtlich.
»Zeig mal her!«
Budge entließ Corrie May aus seinem Arm und schlug die Zipfel des Bündels auseinander.
»Gut!« sagte der Soldat. »Warum tragt ihr euer Frühstück bei euch? Wohin wollt ihr?«
»Stromauf!« erwiderte Budge. »Nach – nach Baton Rouge!«
»Hmmm – « Er hob die Laterne, so daß das Licht der Kerze auf ihre Gesichter fiel: »Wie heißt du?«
»John. John Smith.«
»Wo wohnst du?«
»Dalroy.«
»Beruf?«
»Ich arbeite am Hafen.«
»Was wollt ihr in Baton Rouge?«
»Mir ist da eine bessere Stellung angeboten.«
»Warum habt ihr euch mitten in der Nacht auf den Weg gemacht?« Corrie May sprang schnell in die Bresche: »Ich bin der Grund dafür, Herr Soldat. Wir wollen uns heiraten. Aber meine Leute erlauben es nicht. Da sind wir ausgerückt.«
»So, so! Na, mir soll's recht sein!« Er senkte die Laterne: »Also lauft!«
Doch schon nach ihren ersten Schritten schrie er abermals: »Halt!« Er blickte angestrengt nach unten, packte dann Budge grob am Arm:
»Halt, mein lieber Herr John Smith! Wo habt Ihr denn diese Schuhe her?«
Budge schluckte:
»Ich hab' sie von einem Bekannten gekauft, der bei den Soldaten ist.«
»Ach, wirklich? Was habt Ihr denn bezahlt?«
»Anderthalb Dollar!«
»Hmmm – Wer war denn der Kerl?«
Budges Phantasie war nie besonders ergiebig gewesen. Er stotterte: »Der Bursche hieß – hieß Budge Foster; steht beim fünfzehnten Louisiana-Regiment.«
»Wie kommt der Kerl dazu, dir die Schuhe zu verkaufen?«
»Weiß ich nicht. Er hat mich nur gefragt, ob ich wohl die Schuhe kaufen wollte.«
»Und da hast du sie gekauft, was? Nur einen Augenblick, Mr. John Smith! Vielleicht lügst du, vielleicht auch nicht. Wir wollen dich mal etwas näher betrachten!«
Budge machte einen Schritt vorwärts, als ob er fortlaufen wollte; er hielt sofort wieder inne; der Lauf des Gewehrs bohrte sich in seine Rippen. Der Soldat trieb ihn den andern Reitern zu. Corrie May schrie auf und rannte hinterher. Der Sergeant, der im Sattel sitzen geblieben war, befahl kurz angebunden:
»Taschen ausleeren! Man kann nie wissen!«
»Hände hoch!« Ein neuer Stoß mit dem Gewehrlauf!
Der Soldat kramte die Taschen durch und zog ein Buch aus dem Predigerrock.
»Was ist das?« fragte der Sergeant.
»Eine Bibel, Sir!«
»'ne Bibel – schön! Gib sie ihm zurück!«
Der Soldat faßte in die Hosentaschen unter den Overalls. Corrie May hätte schreien mögen vor Erleichterung, denn die Hosen selbst beachtete er nicht.
»Und was ist das hier? Ein Liebesbrief?« erkundigte er sich. Er nestelte das Papier aus der Tasche hervor und hielt es in den Schein der Laterne. Plötzlich verwandelte sich sein gelangweiltes Lächeln in ein Keuchen des Schreckens.
»Bei allen Heiligen! Du – dreckiges – Schwein! Und das
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