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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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der ihren. Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Corrie May, ich will zusammen mit dir fort!«
    Sie fuhr zusammen: »Budge, ist das dein Ernst?«
    »Ja, ich habe mich über alles erkundigt. Du hast mir nichts Falsches gesagt. Jeden Tag schleppen sie mehr Leute ins Lager, lauter arme Teufel wie du und ich; und andere verfrachten sie schon an die Front – keiner von den Dummköpfen hat auch nur die geringste Ahnung, worum es sich eigentlich handelt. Das ist wirklich nicht mehr menschenwürdig. Heute abend mach' ich mich nach Westen auf den Weg, heute abend schon!«
    Corrie Mays Herz begann zu klopfen wie ein Hammer: »Ich gehe mit!«
    »Es ist eine schreckliche Sache, die wir vorhaben, Corrie May!«
    »Ich weiß nichts von schrecklich. Ich bin stolz, daß du den Mut aufbringst, Budge.«
    »Bist du es wirklich?« fragte er sehnsüchtig.
    »Und so sehr!« Sie warf ihm die Arme um den Hals und küßte ihn. Budge hielt sie zärtlich fest.
    »Corrie May, du bist ein mutiges Mädchen. Es wird nicht leicht sein.«
    »Wann hab' ich's schon einmal leicht gehabt? Kannst du mir das verraten?« Sie schlüpfte aus seinen Armen und zog ihn zu einem Stuhl. »Sag mir, was du vorhast!«
    »Ich habe mir Urlaub genommen, dich zu besuchen. Um sechs soll ich wieder im Lager sein.«
    Sie steckten ihr Köpfe dicht zusammen und berieten, was zu tun sei. Budge hatte vor, sich hinter den Speichern bei der alten Zuckerpresse zu verstecken, bis die Dunkelheit hereinbrach; dann sollte Corrie May zu ihm stoßen. Sie würden dann am Deich entlangwandern, bis sie auf die erste Fähre stießen. Dort wollten sie sich übersetzen lassen. Sie waren beide noch nie auf dem Westufer des Stromes gewesen; niemand würde sie also dort erkennen. Corrie May erbot sich, ihres Vaters langen Predigerrock für Budge mitzubringen. Mit den Hosen stand es nicht so einfach; sie entsann sich eines Paars alter Arbeitshosen, die Lemmy gehört hatten. Sie waren schon mächtig zerrissen; aber er konnte seine Uniformhosen darunter anbehalten. Es wär' ein Jammer, so gute Hosen einfach wegzuwerfen.
    Seine grimmige Entschlossenheit bestürzte sie fast. Er hatte sich die Flucht in den Kopf gesetzt und war jetzt fester entschlossen als sie selbst, koste es, was es wolle, den gefährlichen Sprung ins Ungewisse zu wagen. Budge verfügt über eine Schädel – sagte sich Corrie May im stillen –, der nur einen Gedanken auf einmal beherbergen kann; aber jetzt bin ich dankbar, daß es so ist und nicht anders. Sie versprach, ein Päckchen Proviant mitzubringen und außerdem noch ihre Sparbüchse. Bei der alten Zuckerpresse wollte sie ihn treffen!
    Als Budge Abschied nahm, um sich rechtzeitig zu verstecken, umarmte er sein Mädchen sehnsüchtig, als könne er es nicht ertragen, sich noch einmal von ihr zu trennen, und sei es auch nur auf kurze Zeit.
    »Corrie May, mein Leben, hast du auch wirklich keine Angst?«
    Sie schüttelte ihr Haupt.
    »Nun bei Gott!« schrie er. »Du hast mehr Courage als irgendein Mädchen, das mir bis heute begegnet ist, und mehr auch als jeder Mann. Ach, Corrie May, ich bete zum lieben Gott: – wenn wir uns wirklich zum fernen Westen durchschlagen sollten, dann will ich dir das Leben so leicht machen, wie du es verdienst: einen Teppich auf den Fußboden und ein gutes warmes Tuch für den Winter und einen großen guten Herd, der nicht raucht.«
    »Ach, lauter so schöne Sachen! Aber ich liebe dich auch ohne sie. Wir werden schon weiterkommen.« Sie schob eine Locke seines Haars, die ihm in die Stirn gefallen war, wieder an ihren Platz.
    »Mach dich jetzt auf den Weg. Sobald es dunkel ist, treffe ich dich bei der alten Zuckerpresse hinter den Speichern.«
    »Und morgen sind wir längst auf der anderen Seite des Flusses!« Sie lächelte stolz; er küßte sie zum Abschied.
    Erst als sie allein war, spürte Corrie May, wie heftig ihr Herz klopfte, und auch ihre Knie gaben sonderbar nach. Ihre Phantasie, die beweglicher war als die seine, fing an, sich mit schrecklichen Bildern herumzuschlagen – Hunger, Wüsten, Indianern. Sie besaß keine Vorstellung davon, wie lange man unterwegs war, den fernen Westen zu erreichen; und eine Landschaft ohne Bäume und ohne den großen Strom vermochte sie sich erst recht nicht vorzustellen. Aber sie wollte nicht müde werden, ehe das Ziel erreicht war; das schwor sie sich. Bis in die Wüsten brauchten sie sicherlich nicht zu wandern. Auch im Westen sollte es Farmen und kleine Städte geben. Wenn andere Menschen

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