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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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aus gebranntem Mais und gerösteten Süßkartoffeln bringen zu lassen, mit dem sie vorliebnehmen mußte, weil es keinen Kaffee mehr gab. Sie blieb einfach liegen, wie sie erwacht war, und starrte zu den Stopfstellen hinauf, die ihr Moskitonetz verunzierten. Die Sonnenflecken glitten unmerklich über den Fußboden dahin, während die Stunden vorrückten.
    Mittag war schon vorüber, als endlich die Tür des Zimmers vorsichtig geöffnet wurde und Cynthia auf Zehenspitzen hereinhuschte.
    »Ann, bist du schon wach?«
    »Ja. Was gibt's?« Ann richtete sich auf den Ellbogen auf. Cynthia brachte ein Tablett: »Hier ist dein Frühstück, Ann. Sarah ist von Silberwald herübergekommen, um dir zu sagen, daß sie von Jerry Nachricht hat. Er ist gesund.«
    »Oh – – « Ann bebte vor Erleichterung. Jerrys Name hatte zwar nicht auf der Liste der Gefallenen von Vicksburg gestanden; aber das war nicht immer zuverlässig, und Ann hatte eine Bestätigung, daß er noch lebte, heiß ersehnt.
    Cynthia schob das Moskitonetz beiseite: »Sarah und Mutter sind nebenan in dein Wohnzimmer gegangen, damit du nicht die Treppe hinunterzusteigen brauchst. Ich habe ihnen gesagt, daß du dich nicht besonders wohl fühlst – ich hielt es für das beste, nachdem wir die halbe Nacht die schweren Möbelstücke hin und her geschoben haben. Wie geht es dir überhaupt?«
    »Übel, Cynthia!«
    »Das habe ich mir gedacht.« Sie setzte das Tablett auf dem Nachttischchen ab. »Nun mußt du etwas essen.«
    Ann warf einen Blick über das Tablett; heißes Maisbrot, Butter und Marmelade waren darauf angeordnet; ein Kännchen und eine Tasse standen daneben. Ann lüftete den Deckel des Kännchens: »Wie, Cynthia?«
    »Schokolade –!« bestätigte Cynthia stolz.
    »Wo um alles in der Welt hast du die aufgetrieben?«
    »Im hintersten Winkel der Speisekammer habe ich noch einen Rest gefunden. Er stammt wohl noch von der großen Gesellschaft – –. Ich dachte mir, Schokolade würde dir auf alle Fälle gut bekommen.«
    Ann schlürfte durstig das süße warme Getränk. »Cynthia«, sagte sie, »ich habe dich sehr gern.«
    »Wirklich? Das freut mich!«
    »Ich habe dich gern, weil du anders bist als die meisten anderen Leute. Du bist nicht darauf aus, mir ewig deine Anteilnahme zu versichern, aber du legst offenbar Wert darauf, sie mir ständig zu beweisen. Indem du etwas für mich tust, meine ich.«
    »Ich bin für schöne Worte nicht sehr zu haben«, entgegnete Cynthia. »Mutter beklagt sich ständig darüber, daß ich so wenig Takt besitze – weniger als alle anderen jungen Mädchen! Willst du jetzt aufstehen?«
    »Ja, mir geht es viel besser, nachdem ich etwas gegessen habe. Was macht Mammy?«
    »Sie wäscht die Kinderkleider hinten auf dem Hof. Willst du dich anziehen?«
    »Ach, wozu? Ich bin zu müde.« Sie schlüpfte aus dem Bett und strich sich vor dem Spiegel ein paarmal mit der Bürste über die Haare. Dann zog sie einen Schlafrock über, den ihr Cynthia aus dem Schrank gereicht hatte. Eine Naht an dem Schlafmantel löste sich auf, wie Ann feststellte; sie mußte genäht werden. Ann faßte den wilden Entschluß, es selbst zu versuchen. In der Pariser Pension, wo sie ihren letzten gesellschaftlichen Schliff erhalten hatte, war sie für ihr gelegentliches Geschick in feiner Handarbeit berühmt gewesen; wer sticken konnte, mußte auch imstande sein, einen Saum zu nähen. Sie öffnete die Tür, die aus ihrem Schlafzimmer in ihr Wohnzimmer führte, und trat hinein.
    Sarah und Mrs. Larne warteten auf sie. Cynthia setzte sich auf den Fußboden und schlug die Arme um ihre Knie. Ein Sonnenstrahl spielte in Sarahs feuerrotem Haar. Eine beinahe durchsichtige Blässe lag über Sarahs Antlitz gebreitet. Die Haut der jungen Frau war von jener Weiße, die für rothaarige Menschen kennzeichnend ist; so bleich, wie sie jetzt sich zeigte, erschien sie beinahe wächsern – wie die Blütenblätter der Magnolie. Sarah sprach über Vicksburg; sie krampfte dabei ihre Hände fest im Schoß zusammen, als wollte sie nicht verraten, wie ihre Finger in Wahrheit zitterten. Ann sagte nur wenig. Schon mehr als einmal war sie in den vergangenen Tagen und Wochen von dem gräßlichen Gefühl beherrscht gewesen, in kreischenden Widerspruch ausbrechen zu müssen, wenn noch einmal irgendwer die Greuel von Vicksburg zu erörtern begänne. Vielleicht war es erträglicher, in den Wahnsinn auszugleiten, als bei Verstand zu bleiben. Sarah erzählte, wie Jerry die Belagerung überstanden

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