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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Schlafzimmer ihrer Schwiegertochter. Ann hatte sich quer über das zerwühlte Bett geworfen, hatte ein Kopfkissen in ihre Arme geschlossen und sich einen Zipfel davon in den Mund gestopft, um das wilde Schluchzen zu ersticken, das ihr unaufhaltsam die Glieder und den Leib in kurzen Wellen erschütterte. Das seidengepolsterte Schemelchen neben dem Bett war umgestürzt. Frances stellte es wieder auf und setzte sich leise neben Ann aufs Bett.
    »Mein armes Mädchen!« sagte sie sanft. Sie ließ ihre Arme um Anns hochgezogene Schultern gleiten und versuchte, sie durch die leise Berührung zu trösten. Ann krallte sich mit beiden Fäusten in das Kopfkissen; mit einem schrillen Laut zerriß das Leinen zwischen ihren Zähnen.
    »Laß mich in Frieden!« knirschte sie hervor. »Du – du bist aus Eis und Essig –!«
    Ein feuriges Eisen rührte sich in der Brust der alten Frau – an der Stelle, wo ihr Herz zu finden war. Sie war es gewohnt, daß ihr Herz zuweilen mühsam ins Flattern geriet; aber einen Stich solchen Schmerzes wie in dieser Sekunde hatte sie selten verspürt. »Ach, mein liebes Kind –!« versuchte sie matt. »Ich habe ihn auch geliebt.«
    Ann hatte ihr Gesicht tief in dem zerrissenen Kissen vergraben. Ihre Worte waren nur undeutlich zu verstehen; aber sie strömten unaufhaltsam hervor, als hätte eine lange aufgestaute Flut endlich den Damm durchfressen, der sie bis dahin gebändigt.
    »Ich habe ihn mehr geliebt als irgend etwas auf Erden. Und er hat es nie gewußt. Ich wollte, daß wir Mann und Frau würden, wie es nur wenigen Leuten gelingt – so, wie es geschrieben steht: ein Fleisch und ein Geist. Aber er hat nie in mir etwas anderes gesehen als ein kleines süßes Ding zum Spielen. Ich hab's dir nun gesagt, und nun weißt du es also und kannst weggehen und darüber brüten – denn du bist es gewesen, die mir das angetan hat. Du dachtest dir, ich wäre ein solcher Schwachkopf, daß ihm weiter gar nichts übrigbliebe, als dir Glauben zu schenken, selbst wenn es ihm gar nicht zum Bewußtsein kam. Und er hat es dir geglaubt. Du brauchst also nicht mehr neidisch zu sein und nicht mehr eifersüchtig; denn nun ist er tot, und du kannst so an ihn zurückdenken, wie du ihn haben wolltest. Ich habe ja nichts weiter verloren als die Hoffnung auf etwas, was ich nie besessen habe.«
    Abermals fing ein feuriges Eisen an, in Frances' Brust zu wühlen. Sie beachtete es nicht. Sie hob Ann in ihren Armen hoch wie ein Kind und küßte sie. Es war, als schlösse sich eine Faust um das Herz der alten, harten Frau; mit nicht mehr abzuwehrender Gewalt bahnte sich die Glut der Reue einen Weg durch das Eis der künstlich allzulang gehegten Ablehnung. »Ann«, wisperte sie, »wirst du mir jemals verzeihen können?«
    Ann hielt die Augen geschlossen und sagte kein Wort; sie wagte nicht gleich, ihren Ohren zu trauen. Endlich trafen sich die Augen der beiden Frauen, die Larne hießen; Ann begann, leise vor sich hin zu weinen; sie schmiegte ihren Kopf an Frances' Schulter und ließ ihren Tränen freien Lauf. »Du hast mich wirklich für einen Schwachkopf gehalten, nicht wahr?« fragte sie schließlich.
    »Ja«, antwortete Frances ohne Umschweife.
    »Aber warum nur? Bin ich denn wirklich einer?«
    »Nein, Liebe. Ich glaube …« Selbst jetzt noch fiel es Frances schwer, sich offen auszusprechen.
    »Ich glaube, du hast nie recht Gelegenheit gehabt zu zeigen, was wirklich in dir steckt.«
    Ann holte tief Atem. »Wahrscheinlich benehmen wir uns alle mehr oder weniger wie Dummköpfe. Wir sprechen uns nie zueinander aus. Wir gehen aneinander vorbei und sind schrecklich allein!«
    »Das hast du gedacht? Und nie ein Wort davon gesagt?« fragte Frances voll tiefer Verwunderung.
    »Ich bin sehr einsam gewesen. Und vielen Leuten geht es nicht anders. Wir reden und reden und verraten niemals, was wir eigentlich im Sinne haben – und lernen uns im Grunde niemals kennen. Ich bin froh, daß ich meine Kinder habe. In vergangenen Tagen habe ich ständig daran gedacht, daß sie alles haben sollen, was sie brauchen, um sich voll zu entwickeln – und wenn es mir noch so schwerfallen sollte! Darum habe ich auch das Silber versteckt.«
    »Das hast du getan? Wann?«
    »Mitten in der Nacht. Ich habe Angst. Wenn mir irgend etwas zustößt, so weiß Cynthia, wo die Sachen versteckt liegen. All diese Erbstücke bedeuten ja mehr als nur den Silberwert, verstehst du? Sie deuten ein wenig an, was Denis den Kindern gegeben hätte.«
    Ann sprach mit

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