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Love Alice

Love Alice

Titel: Love Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nataly Elisabeth Savina
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langes Haar nach hinten und singt, während ich kaum genug Luft zum Atmen bekomme.
    Der Pfad wird breiter und der Wald lichtet sich. Der Himmel wirkt jetzt heller, wie die blasse Pappe einer Kulisse. Wir klettern über große Granitsteine, die als Abgrenzung zur Straße aufgehäuft sind, und springen auf den Bürgersteig. Ich haste Cherry hinterher, die genau weiß, wo sie hinwill.
    Vor dem Schaufenster eines kleinen Ladens bleibt sie stehen. Hinter dem fleckigen Glas sind Karnevalskostüme und Scherzartikel drapiert, unübersichtlich und staubig. Cherry winkt mir, ihr zu folgen. Von dem dröhnenden Klang einer Glocke begleitet, stoßen wir die Tür auf und stehen zwischen hohen Regalen. Bis zur Decke sind sie mit glitschigen Gummispinnen, schrägen Masken, falschen Zigaretten und kleinen Skelettmodellen vollgestopft. Ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll, der Laden ist eine Fundgrube. Ich schnappe mir ein Nagellackfläschchen, das so aussieht, als sei es umgekippt und ausgelaufen. Täuschend echt. Kann man so überall hinstellen. Wir wandern zwischen den Regalen und zählen unser Taschengeld.
    »Kommen Tuula und Nesrin auch mit dir hierher?«, frage ich leise.
    »Wenn die wohin gehen, dann nur, um sich betatschen zu lassen«, sagt Cherry beiläufig.
    »Vom Andy?«, hake ich nach.
    »Was weiß ich. So wie der an ihnen klebt«, sagt Cherry und hält mir ein Fläschchen falsches Blut entgegen.
    »Ich find ihn süß«, sage ich und bin gleichzeitig nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, das zu verraten.
    Cherry sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und fängt an, mit Tuulas Stimme zu wiehern.
    »Andy, mein Stift ist weg! Wo ist der denn, mein Stift? Kannst du nicht mal nachgucken? In meinem Höschen?«
    Ich mache Andys schlaksige Haltung nach, schiebe die Schultern nach vorne und lasse die Arme baumeln.
    »Oh, Tuula, ich würde so gerne, aber ich kann nicht, ich muss doch schon bei Nesrin suchen«, äffe ich Andy nach. Cherry lacht.
    Dann verschwindet sie um die Ecke, und als ich ihr folge, schmeißt Cherry eine Gummischlange auf mich. Ich kreische und wir müssen wieder lachen. Auf einmal raschelt ein Perlenvorhang und der Ladenbesitzer tritt hinter den Regalen hervor. Er ist dick, alt und trägt einen Reif mit Katzenohren über dem schütteren, fettigen Haar. Wir verstummen. Der Ladenbesitzer sieht schräg aus und schaut uns schief an. Ich trete hinter ein Regal und stelle das falsche Blut wieder zurück. Der Mann ist mir unheimlich. Cherry aber baut sich mutig vor ihm auf und spricht ihn an.
    »Ist das alles, was Sie haben?«, fragt sie, als spielten wir Kaufmannsladen.
    »Das hängt davon ab, was du haben möchtest«, schleimt der Fettwanst.
    »Irgendetwas Gruseliges«, sagt Cherry.
    »Wenn du lange genug suchst, findest du auch das«, antwortet der Mann und kneift die Augen zusammen.
    Ich rufe Cherrys Namen von der hintersten Ecke des Ladens, damit er sie in Ruhe lässt. Als sie zu mir kommt, halte ich ihr eine Packung Pasta entgegen. Kleine Nudeln in Penisform.
    »Sie werden groß, wenn man sie kocht«, lese ich flüsternd auf der Packung. Cherry schnauft belustigt, als jemand direkt hinter uns schnurrt. Hinter Cherry steht wieder der Ladenbesitzer mit seinem schleimigen Grinsen, beide Hände in den Latzhosentaschen.
    »Kommt ihr zurecht?«, fragt er und sieht Cherry direkt an.
    Es ist nicht sicher, dass er spinnt. Vielleicht macht er bloß Spaß. Aber ich nehme Cherry an der Hand und ziehe sie zur Kasse, damit wir hier schnell wegkommen. Draußen brechen wir in Gelächter aus und können kaum aufhören. Irgendwann fleht Cherry darum, endlich innezuhalten, da sie sich sonst vor Lachen in die Hosen mache. Dummerweise müssen wir nur noch mehr lachen.
    Wir entscheiden uns durch den Wald nach Hause zu laufen. Cherry versucht, mir zu erklären, wie die einzelnen Pfade und Wege zusammenhängen, wo ich und wo sie wohnt. Es ist gar nicht so weit auseinander. Ich nicke zwar eifrig, aber begreife rein gar nichts. Wir klettern über die Granitsteine an der Schnellstraße entlang, bis sich eine Lücke zwischen den Bäumen findet. Da tauchen wir ein und kämpfen uns wie Tropenforscher mit langen Macheten durch die jungen, spitzen Büsche.
    Schneeklumpen drücken sich in den Schaft meiner Stiefel und rutschen kalt bis zu meinen Fesseln hinunter. Hinter einer Wiese erstrecken sich Lauben und Schrebergärten. Wir klettern über die wackeligen Holzgatter von einer Gartenparzelle in die andere, um auf die

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