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Love Alice

Love Alice

Titel: Love Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nataly Elisabeth Savina
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über Dinge zu sprechen, die in sind. Meistens mögen mich die anderen sowieso nicht, weil ich eingebildet wirke. Das hat mir mal ein Mädchen gesagt: Meine Klamotten würden es geradezu beweisen. Irgendwann sagte sie, ich würde alle mit meiner Art provozieren. Es war nicht aus ihr herauszubekommen, was sie damit wirklich meinte.
    Andy überrennt mich von hinten und zieht mich an den Haaren. Ich habe den Eindruck, dass er sich für mich besonders erniedrigende Ärgernisse ausdenkt. Ich hebe die Hand, Andy verzieht sein Gesicht schon wieder zu einer Grimasse, aber zu seiner Überraschung lächele ich. Ich gebe dem überraschten Andy eine Kopfnuss.
    »Du Honk!«, sage ich ganz nonchalant und gehe zurück ins Klassenzimmer.
    Inzwischen sitze ich jeden Abend täglich eine Stunde auf meinem Nest. Heute lerne ich hier Vokabeln. Mama meint, Kinder würden Sprachen schneller lernen und begreifen. Quasi von alleine. Je mehr Sprachen, desto besser, sagt sie, die Sprache sei schließlich kein Koffer und man müsse sie nicht mit sich herumschleppen. Ich halte das für ein Gerücht. Nur weil ich jünger bin, fällt es mir nicht leichter, Vokabeln zu lernen. Nein, ich habe es schwerer, weil ich jünger bin, denn ich muss mich zusätzlich mit meinen Problemen abplagen und dann auch noch mit dem, was die Erwachsenen nicht auf die Reihe bekommen: Ihre Schweigepausen, ihre Streitereien, ihren schlechten Unterricht.
    Vor meinem Fenster geht die Laterne an. Das ist ein Zeichen. Ich lege mein Vokabelheft weg und mache das Licht aus. Dann hole ich unter der Decke Mamas Gedichtband hervor. Das Marmorei drückt von unten unbequem gegen meinen Oberschenkel.
    »Ich muss schon sagen, dieses Ausbrüten ist nicht ohne! Ich freu mich schon, wenn’s vorbei ist«, sage ich laut.
    Man soll erwiesenermaßen mit den Babys im Mutterbauch sprechen. Das gilt ganz bestimmt auch für Eier, die man ausbrütet. Der Plüschvogel unter dem Ei ist ja schließlich auch schon da. Ich lege mir Mamas Gedichtband auf den Kopf und balanciere das Buch im Sitzen.
    »Dein Gesicht … lampenhaft hell … lampenhaft hell …«, wiederhole ich immer wieder, bis das Buch von meinem Kopf herunterfällt.
    Einmal hat Mama geträumt, dass sie bei Gott ist und er sie fragt, ob sie noch mal jung sein möchte. Mama fragte Gott, ob sie dann auch wieder zur Schule müsse. Selbstredend, antwortete Gott, alles wie gehabt, früh aufstehen und zur Schule gehen inklusive. Mama überlegte und sagte, dass sie dann lieber aufs Jungsein verzichtet.
    Als Tochter meiner Mutter sehe ich keine Chance für mich, die Schule gut zu finden. Natürlich befinde ich mich noch mittendrin, aber nur unter dem Vorbehalt, dass es irgendwann vorbei ist. Ich stehe abseits des Geschehens und versuche aufrichtig, die Pausen schmerzfrei hinter mich zu bringen.
    Ich suche mit den Augen nach Cherry und entdecke überrascht, dass sie gerade ihre und meine Sachen aus dem Schulgebäude trägt.
    »Wohin so eilig, Cherry?«, flötet Tuula, die mit Nesrin schon auf sie gewartet hat.
    Cherry beachtet Tuula aber nicht und steuert auf mich zu. Auch ich gehe auf sie zu, wie ein hypnotisiertes Kaninchen. Absurderweise schießt mir der Gedanke durch den Kopf, sie wolle mich verprügeln. Cherry drückt mir meine Sachen in die Hand.
    »Wir gehen«, sagt sie bestimmt.
    »Haben wir frei?«, frage ich und beiße mir für meine Dämlichkeit auf die Lippe.
    Ich weiß auch nicht, woher das kommt, aber ich habe einfach ein Talent für unnötige Fragen. Cherry blinzelt mich an.
    »Hast du Angst, etwas zu verpassen?«
    Wir rennen. Mein Herz hüpft. Cherry und ich. Hinter uns verschwindet die Schule zwischen den borstigen Tannen. Unsere Stiefel hinterlassen auf dem verschneiten Weg Spuren, die immer tiefer in den dunklen Wald führen. Die Kieswege haben aufgehört, die Bushaltestelle ist in der anderen Richtung, ich habe keine Ahnung, wo wir hinwollen. Cherry singt keuchend und grinsend.
    »Der Elefant war groß, so groß und aß sein Brot am liebsten kross. Er war so stolz und liebte Walzer – sag, willst du etwa mit mir balzen?«
    Ich sehe sie an. Cherry ist besonders hübsch, wenn sie im Wald singt, beschließe ich. Dann ist sie nicht mehr blass und motzig, sondern einfach nur wunderschön. Sie bemerkt meinen Blick und lacht, wobei ihr bei dem ganzen Rumgehüpfe ein komisches Grunzen entfährt.
    »Wohin rennen wir?«, hechele ich.
    »Hauptsache, wir rennen!«, ruft sie und lacht wieder.
    Also rennen wir. Cherry wirft ihr rotes,

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