Love Numbers 2
mit Spionen verfahren ?« , fragte Al. »Wir –«
Lily hatte sich zu sehr an einen Karton gelehnt, dieser fiel jetzt nach vorne um. Ihre Deckung war passé und viel schlimmer noch, durch den Lärm war Al auf sie aufmerksam geworden. Er sah zu ihr herüber. Sie meinte, dass ihr in einer Sekunde einhundert Gedanken gleichzeitig durch den Kopf gingen, aber nach dieser Sekunde entschied sich ihr Körper zu rennen. Schnell wegzurennen.
Lily spurtete auf das Eingangstor zu. Sie hörte hinter sich, wie Al aus dem Büro stürmte und hinter ihr her. Lily drückte sich durch einen Spalt des Eingangstors nach draußen. Auf sie wartete ja ihr Taxi. Sie sah auf die andere Straßenseite. Es war weg!
Verdammt! Wohin jetzt?
Sie hatte keine Zeit zu überlegen. Gut, dass sie sich heute die Sneakers angezogen hatte, sonst hätte sie jetzt schon verloren. Sie spurtete über die Straße und versteckte sich im nächstbesten Hauseingang. Die Tür war offen, was in den Favelas nicht selten vorkam. Ihr Glück. Das würde aber nicht reichen. Al würde sicher alle Häuser, die sich in der Nähe der Lagerhalle befanden, absuchen. Sie musste weiter.
Sie sah sich in dem türkis gestrichen, engen Hauseingang um. Ein paar Meter weiter führte eine Treppe nach oben. Diese nahm sie mit großen Schritten. Aus einer Wohnung lugte ein älterer Mann mit zerfurchtem Gesicht hervor und sagte irgendetwas auf Portugiesisch. Lily verstand es nicht und lief einfach weiter. Sie blieb mit ihrem Shirt an einem Nagel hängen, der im Treppenaufgang aus der Wand ragte. Ihr pinkfarbenes Shirt riss seitlich auf. Egal, sie musste weiter. Sie versuchte, jede Wohnungstür zu öffnen, bei der dritten hatte sie tatsächlich Erfolg. Nicht abgeschlossen. Die Wohnung war spärlich eingerichtet, wie viele in den Favelas. Sie rannte einfach durch auf den Balkon zu. Sie schob die leichte Tür, die zum Balkon führte, auf, und sah sich kurz um.
Da die Häuser in den Favelas so nah zusammengebaut waren, konnte sie schon mit einem kleinen Sprung von diesem Balkon auf den des angebauten Hauses kommen. Das hätte sie einige Häuser so fortführen können, wie ihr der Blick die Häuser entlang verriet. Wenn sie nach vorne sah, konnte sie den Atlantik sehen. Von den Favelas aus waren es nur ein paar Minuten zum Stadtteil Copacabana. Dort musste sie versuchen hinzukommen. Sie würde dann unter den Tausenden am dortigen langen Sandstrand einfach verschwinden können. Kein Al konnte ihr mehr etwas tun.
Lily hörte im Hausgang eine laute Männerstimme und Getrampel. Sie konnte nicht sagen, ob das Al war, aber sie musste weiterrennen. Verschwinden, so schnell es ging.
Lily hüpfte von ihrem Balkon zum nächsten. Das machte sie bei fünf Häusern so. Dann blieb sie auf dem Balkon stehen und sah, dass dort die Balkontür offen stand. Ein junger Mann saß im Wohnraum an seinem Notebook. Sie war total verschwitzt und ihr pinkfarbenes Shirt und ihre Jeansshorts waren verdreckt. So betrat sie die Wohnung des jungen Mannes.
»Entschuldigung, mein Exfreund verfolgt mich. Er will mich schlagen«, sagte sie mit entsetzter Stimme.
Der junge Mann sah sie mit offenem Mund an.
»Kann ich durch deine Wohnungstür verschwinden ?«
Der junge Mann nickte.
»Danke. Und sag ihm nicht, dass du mich gesehen hast .«
Der junge Mann schüttelte den Kopf.
Lily rannte zur Wohnungstür. Sie machte diese langsam auf und sah in den orange gestrichenen Hausflur. Nichts. Sie schlich sich aus der Wohnung und schloss die Tür ganz leise. Sie rannte die Treppen nach unten zur Haustür. Sie machte diese erneut langsam auf und sah auf die Straße hinaus. Nichts von Al zu sehen. Im Gegenteil, sie sah eine Polizeistreife, die den Berg heraufging. Ihre Rettung. Sie trat auf die Straße und ging langsam an den Hauswänden entlang, den steilen Hang nach unten. Sie sah sich immer wieder um. Sie konnte keinen Al sehen. Dann kam ihre nächste Rettung. Ein gelbes Taxi, das viele Lackschäden hatte. Sie rannte auf die Straße und stellte sich vor das Taxi und streckte die Arme nach vorne aus.
»Bitte anhalten !« , schrie sie.
Der Taxifahrer bremste und gestikulierte wild in seinem Auto.
Lily trat an das Fahrerfenster heran. »Ich habe es eilig. Bitte fahren Sie mich zum Strand. Copacabana.«
Der Taxifahrer brummte und machte ihr ein Zeichen einzusteigen.
Sie hatte es geschafft.
12. Kapitel
Lily lag am Strand. Sie hatte unter ihrer verdreckten und zerrissenen Kleidung einen weißen Bikini mit kleinen
Weitere Kostenlose Bücher