love sheriffs
spielen, also sind wir mit meiner Kiste unterwegs, Daniel natürlich am Steuer. Aber als er, während wir Tanja hinterherfahren, fragt, ob er diesmal die Sirene ausprobieren dürfe, bleibe ich hart. Man darf nicht jedem Quengeln nachgeben, sonst nutzen die Chefs das nur aus.
Nach einer Dreiviertelstunde biegt Tanja plötzlich ab, fährt noch eine Weile durch ein Waldstück und erreicht schließlich einen großen Schotterparkplatz vor einem eingezäunten Gelände, das aussieht, wie ich mir einen stillgelegten Steinbruch vorstelle oder das Tal des Todes. Tanja begibt sich in ein Gebäude, in dem sich die Anmeldung, die Ausrüstungsausgabe, ein Restaurant und ein Umkleideraum befinden. Als sie zu uns zurückkehrt, mit schwarzer Schutzmaske, Hals-, Knie- und Ellbogenschützern, einem Brustpanzer und ihrer Waffe, sieht sie aus wie ein Mitglied einer Spezialeinheit für Terrorbekämpfung oder Kindergeburtstage. Trotz des getönten Sichtfensters der Maske kann ich ihre Augen begeistert funkeln sehen.
»Na, was sagt ihr?« Ihre Stimme klingt durch das Gitter des Mundschutzes ein bisschen dumpfer als sonst. »Wie schaueichaus?«
»Wie ein schwarzer Kampfkäfer«, sage ich.
»Ich bin aber eine Kampfwespe!« Sie hebt die Waffe, eine Art Pistole mit sehr langem Lauf und einem seltsamen klobigen Aufsatz, der aussieht wie ein aufgeplustertes Zielfernrohr. »Ich habe einen Stachel.«
»Darf ich mal schießen?«, frage ich.
»Dann will ich auch«, sagt Daniel.
Tanja ist einverstanden, aber erst, wenn wir in Dodge City seien. Sie hat bei der Anmeldung auch einen Schlüssel ausgehändigt bekommen, mit dem sie eine Tür im Zaun öffnet, sodass wir das dahinterliegende Gelände betreten können. Auf einem erdigen Trampelpfad laufen wir sanft bergab, vorbei an Felsblöcken, Gebüsch und vereinzelten Bäumen. Plötzlich tauchen einige Holzgebäude vor uns auf. »Das ist eine richtige kleine Westernstadt«, schwärmt Tanja. »Mit Saloon, Gefängnis, Stall, Pferdetränken, Schule und sogar einer Kirche. Ein paar der Gebäude sind nur Kulisse, aber viele sind echt. Das ist von einem Filmdreh stehen geblieben und kann jetzt für Events, Paintballturniere oder Trainingsmaßnahmen von Polizei, Bundeswehr oder privaten Schutzfirmen gemietet werden. Das ist ein bisschen wie Cowboy und Indianer spielen. Das macht irre viel...«
Wir hören ein Klacken und im gleichen Moment knallt Tanja etwas an den Helm und hinterlässt einen gelben Farbklecks. »... Spaß«, bringt Tanja ihren Satz zu Ende und lächelt uns mit gelben Zähnen an, da die Farbe auch durch das Mundschutzgitter gedrungen ist. »Nicht schlimm, das ist nur Lebensmittelfarbe«, meint sie fröhlich, hustet und spuckt gelben Speichel in den Staub der Straße nach Dodge City.
Und dann sehe ich Igor wieder. Trotz Schutzmaske erkenne ich ihn sofort an seiner massigen Präsenz. Wenn Tanja eine Kampfwespe ist, dann ist er eine Kampfhornisse, wenn nicht sogar noch etwas Größeres. Ein Kampfsperling. Mit einem Lachen, das sich anhört wie Donnergrollen, bricht er aus dem Gebüsch am Wegrand und tut so, als würde er den Rauch vom Lauf seiner Waffe pusten.
»Du kommst zu spät, Madame«, wirft er Tanja vor. »Und du passt nicht auf! In die realité du wärst jetzt tot.«
»Aber ich bin doch noch gar nicht im Spiel«, verteidigt sich Tanja.
»Spiel?« Igor baut sich kopfschüttelnd direkt vor meiner Freundin auf. »Ce ri est pas un jeu. Niemand spielt hier. Wen bringst du uns da eigentlich mit?«
Die Frage nutzt Daniel als Stichwort, um sich vorzustellen. Er streckt seine Hand zur Begrüßung aus. »Guten Tag, mein Name ist Daniel Brunner. Ich bin ...«
» Un moment«, unterbricht Igor ihn, als er mich erkennt. »Merde! Das ist doch ... Mademoiselle Kung Fu!« Er fängt an, Bruce-Leemäßig vor meinen Augen herumzufuchteln, und brüllt dabei: »Raaagazzzaaa!« Dann lacht er und klopft mir kameradschaftlich auf die Schulter. Gerade als ich über Sofortmaßnahmen bei einem Schlüsselbeinbruch nachdenke, hört er damit auf und zerquetscht Daniel die Hand. Mit zusammengebissenen Zähnen stellt mein Chef sich und mich vor und fragt Igor, ob er an einem kleinen Zusatzverdienst interessiert sei.
Ohne auf Daniels Frage einzugehen, sagt Igor: »Das ist eine femme dangereuse«, und zeigt dabei auf mich. »Sehr gefährlich.« Dann droht er mir mit dem Zeigefinger. »Noch mal überraschst du mich nicht, mon petit pumal«
»Aber ein Mal habe ich es geschafft«, sage ich stolz. »In der
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