love sheriffs
Und wieso gibt sie auf einmal etwas auf meine Meinung? Während ich mir die Entwürfe genau anschaue, . frage ich mich, was dieser Freundlichkeitsausbruch zu bedeuten hat. Eventuell hat die Verantwortung, die sie als Chefredakteurin nun trägt, die Teuser dazu bewogen, umgänglicher zu werden. Von wegen Motivation und so. Oder sie hat inzwischen mit Kortmann geredet und weiß jetzt, dass die Geschichte, wie er mich nackt zu Gesicht bekommen hat, in Wirklichkeit ganz harmlos gewesen ist. Ihre Freundlichkeit könnte dann ein Ausdruck ihrer Erleichterung sein. Möglicherweise revanchiert sie sich aber auch nur dafür, dass mein Freund die Bilder zur Verfügung gestellt hat.
Auf jeden Fall finde ich es eine nette Abwechslung, einmal freundlich und respektvoll behandelt zu werden, und gebe mir deshalb bei meiner Auswahl besondere Mühe, auch wenn die Teuser mich mit ihrer Bitte quasi zwischen Tür und Angel überfallen hat.
»Was halten Sie von diesem hier?«, fragt sie, während wir den Konferenzraum betreten, und zeigt mir einen Titelentwurf, auf dem eine unbekleidete Frau mit dem einen Arm ihren Busen bedeckt und mit dem anderen ein Diplom vor ihren Schambereich hält, auf dem steht: It-Girl. Und der Aufmacher lautet: No school, no job, no problem.
»Ich weiß nicht«, sage ich. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass unsere Kollegen schon alle um den langen Konferenztisch herumsitzen und zu tuscheln anfangen, während ich, begleitet von der Teuser, auf meinen Platz zusteuere. »Das ist vielleicht ein bisschen zu freizü ...«
»Oder lieber das hier?«
Diesmal zeigt sie mir einen Titel, auf dem drei Bilder einer Frau im Stil eines Polizeifotos zu sehen sind: Profil links, frontal, Profil rechts und darunter eine schwarze Tafel mit einer Nummer und der Titelschlagzeile: Ich habe einen Liebhaber - Geständnisse zwischen Reue und Lust.
»Ja, das gefällt mir schon besser. Mal was anderes. Vielleicht sollte man über dieses >zwischen Reue und Lust< noch einmal nachdenken. Aber grafisch wirklich originell.«
Ich setze mich auf meinen Stuhl und die Teuser packt ihre Unterlagen zusammen. »Das ist auch mein Favorit«, sagt sie und langt mir im Vorbeigehen noch einmal dankbar an den Oberarm. »Sehr gut, Pia.«
Während die Teuser die anwesenden Redakteure begrüßt und den Beamer anwirft, schaue ich stolz in die Runde. Die anderen starren mich seltsam an. Sie sind es natürlich nicht gewohnt, dass die Teuser und ich so einvernehmlich miteinander umgehen. Ein paar grinsen oder blinzeln mir zu, als wären sie Zeuge geworden, wie zwei füreinander bestimmte Menschen endlich erkennen, dass sie sich lieben. Hoffentlich bleibt die Teuser jetzt auf Distanz, bevor hier eine La-Ola-Welle durchs Konferenzzimmer rollt.
Werner, der mir schräg gegenübersitzt, gibt mir heimlich undeutbare Zeichen und weist auf etwas über meinem Kopf. Ich schaue nach oben, aber da ist natürlich nichts. Wahrscheinlich will er mich vor irgendwelchen unsichtbaren Ufos warnen, die über mir schweben und mit kosmischen Strahlen mein Bewusstsein manipulieren. Vielleicht hat Werner eine intergalaktische Verschwörung aufgedeckt mit der Teuser mittendrin. Und nun glaubt er, dass sie dabei ist, mich, einen der letzten unabhängigen Geister hier, auf ihre Seite zu ziehen. Und das war‘s dann mit der Pressefreiheit.
Ich nicke Werner beruhigend zu. Alles in Ordnung, ich weiß Bescheid, will ich ihm damit zu verstehen geben. Ich weiß, dass Bluhmfeld ein Programm geschrieben hat, das er mir ins Gehirn pflanzen will, damit ich eine gehorsame Marionette ohne Eigeninitiative und bar jeden kritischen Verstands werde. Die anderen haben das alles schon längst hinter sich. Aber bei mir werden die Schufte auf Krokant beißen!
Nach ein paar Begrüßungsfloskeln fängt die Teuser an, die Titelblatt-Alternativen an eine Leinwand zu projizieren.
»Aus Kosten- und Zeitgründen haben wir diesmal keine Marktforschung gemacht«, erklärt sie. »Wir werden also selbst und aus dem Bauch heraus entscheiden müssen, welcher Titel die Leute am ehesten zugreifen lässt. Dieser hier«, das Bild mit dem nackten Party-Girl erscheint, »wäre vielleicht eine Möglichkeit, eine jüngere Zielgruppe zu erreichen. Ich habe schon ein paar Meinungen eingeholt. Pia, wären Sie so nett, Ihre Beurteilung von gerade eben nochmals für alle zu wiederholen?«
Ich schaue sie erstaunt an. Das erste und einzige Mal, dass ich etwas in einer Redaktionskonferenz eingebracht habe, war, als ich
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