love sheriffs
Sandalen entgegenlatscht, kündige ich auf der Stelle.
Da entdecke ich Werner an einem Schreibtisch in der Nähe des Aquariums. Wenn einer mir berichten kann, in welchem Blumenkübel hier die Leichen vergraben liegen, dann er.
»Hallo, Werner, du musst mir sagen, was hier passiert ist«, begrüße ich ihn. »Irgendwelche Drogenexperimente? Oder hat Walt Disney die Weltherrschaft übernommen?«
Werner streckt mir lässig die Hand entgegen, ohne dabei aufzustehen. Aber als ich sie ergreife, strahlt er mich erfreut an. »Wirklich schön, dich zu sehen«, ruft er. »Was hier los ist? Also, ehrlich gesagt, bin ich auch noch nicht dahintergestiegen! Der Neue hat offenbar ein paar Bedingungen an seinen Einstieg bei uns geknüpft. Von sich aus hätte Landuris bestimmt nicht so viel Geld lockergemacht. Das war nicht billig: die ganzen Umbauten, das neue Equipment.« Er zeigt auf seinen riesigen Flachmonitor. »Nächstes Jahr bekommen wir auch neue Computer. Und sogar eine Erfolgsprämie, wenn sich unsere Auflage bis Jahresende um mindestens fünf Prozent gesteigert hat. Ist das zu glauben?«
»Dann hast du an diesem Brunner nichts auszusetzen?«
»Doch, natürlich. Er ist zu nett und macht sich überall beliebt. Der muss etwas ganz Schlimmes im Schilde führen.«
»Oh, Werner, hat dir eigentlich noch niemand gesagt, dass du paranoid bist?«, frage ich kopfschüttelnd.
Er überlegt kurz und antwortet: »Nein, nicht dass ich wüsste. Heute bist du die Erste. Aber ich bin nicht paranoid, ihr anderen seid alle nur zu blauäugig. Ihr werdet schon sehen, wo das alles endet. Der dritte und letzte Weltkrieg - wir werden ihn alle noch erleben.«
»Du meinst, unser neuer Chefredakteur tut nur so freundlich, weil er in Wirklichkeit den dritten Weltkrieg plant?«
»Brunner?« Werner runzelt die Stirn und schaut mich verwirrt an. »Sei nicht albern, Pia. Ich meine es ernst. Die Zeichen stehen auf Sturm.«
»Ja, es wird Herbst«, sage ich ausweichend. Ich habe keine Lust mehr, über den Weltuntergang zu reden. Wenn die Mächtigen dieser Welt unseren Planeten in einen radioaktiven Trümmerhaufen verwandeln wollen, bitte schön. Aber ohne mich.
Ich habe jetzt ganz andere Probleme, denn ich sehe die Teuser im Sturmschritt auf mich zukommen. Sie hat mich direkt im Fadenkreuz ihres Blickes. Mit Mühe unterdrücke ich meinen Fluchtimpuls und erwarte meine Lieblingskollegin mit einem unsicheren Lächeln. Ihre Miene bleibt ausdruckslos, eiskalt. Ich fange an zu frieren und auf dem Aquarium bildet sich eine Eisschicht. Die Teuser streckt mir eine waffenlose Hand entgegen, die ich ergreife. Feindberührung.
»Guten Tag, Frau Herzog«, sagt sie in einem Tonfall, der die Fische im Aquarium verliebt aufhorchen lässt.
Aha, ich bin also nicht mehr die Pia, sondern ganz förmlich die Frau Herzog. Scheinbar hat sie es mir, kleinlich wie sie ist, doch ein wenig übelgenommen, dass sie durch mich ihren schönen Posten als stellvertretende Chefredakteurin, das dazugehörige schöne Büro, das dazugehörige schöne Gehalt und ihr, na ja, Gesicht verloren hat.
»Hallo, Beate«, flöte ich, umarme sie und gebe ihr -schmatz - ein Wangenküsschen. Und weil sie so entsetzt guckt, gleich noch eins auf die andere Wange. Schließlich bin ich in der Probezeit, in der festgestellt werden soll, ob ich mit der Teuser klarkomme. An mir soll es nicht liegen! Wenn ich muss, werde ich diese Kuh mögen, dass die Schwarte kracht. »Wie geht‘s dir denn so?«
»Gut.« Sie tritt erschrocken einen Schritt zurück und man sieht, wie es hinter ihrer Stirn arbeitet. »Ja, also, das war es, was ich Ihnen ... äh, dir sagen wollte.«
»Lieb von dir, Beate.« Ich schenke ihr mein süßestes Zuckersahnelächeln. Fast hätte ich sie sogar gefragt, ob wir heute Mittag zusammen in der Kantine essen wollen. Aber irgendwo hört die Freundschaft auf. »Man sieht sich.«
Sie läuft ein paar Schritte rückwärts, als hätte sie Angst, ich könnte sie sonst von hinten erdolchen. Dann dreht sie sich abrupt um und sucht das Weite.
»Sie ist schon seit gestern wieder da«, informiert mich Werner. »Da hatten wir dich eigentlich auch erwartet. Als du nicht gekommen bist, dachte ich schon, du hättest ihnen gesagt, sie könnten sich ihren Job und ihre Probezeit sonstwohin stecken.«
»Ich habe erst gestern von Frau Kortmann Bescheid bekommen«, erkläre ich. »Sie wollte es mir unbedingt persönlich mitteilen. Du weißt also von meiner so genannten Probezeit?«
»Natürlich, Pia.
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