love sheriffs
Siehst du, wie ich gesagt habe: Alkohol löst die angezogene Handbremse im Kopf und dann geht‘s ab.«
»In den Graben«, sagt Tanja.
»Hallo, Tanja«, begrüßt Crocks meine Freundin. »Schön, dass du dich um Pia gekümmert hast. Ich durfte ja nicht dabei sein. Du siehst gut aus.«
»Hmmm.«
»Du, ich habe mir neulich was überlegt. Es wäre doch schön, wenn wir mal wieder etwas miteinander unternehmen würden. Was meinst du? Hättest du Lust?«
Tanja schaut Crocks verächtlich an und sagt: »Lieber würde ich mir ein Bein abhacken. Ich habe mir auch was überlegt, Crocks. Ich habe mir überlegt, dass du ein Riesenarschloch bist, nur damit du‘s weißt.«
Und dann fährt sie los. Crocks kann gerade noch seinen Kopf aus dem Wageninneren herausziehen. Ein paar Meter weiter bleibt Tanja stehen und zieht die noch offene Beifahrertür zu. Mit quietschenden Reifen braust sie davon.
»Mann!« Crocks stößt erschrocken die Luft aus. »Ich glaube, ich möchte lieber nicht wissen, was ich in ihren Träumen so alles mit ihr anstelle!«
Wenn zehn Elefanten Polka tanzen, ist das keine schöne Sache. Und wenn sie es in deinem Kopf tun, wird es erst so richtig garstig.
Am liebsten hätte ich in der Redaktion angerufen und einen Tag freigenommen. Aber am ersten Arbeitstag nach wochenlangem Zwangsurlaub hätte das genauso blöd ausgesehen wie Elefantenpolka. Also habe ich die Zähne zusammengebissen, die Elefanten mit meinen Restbeständen Aspirin gefüttert und - guten Tag, hier bin ich.
Als ich die Redaktion betrete, denke ich einen Augenblick, ich sei im falschen Stockwerk ausgestiegen. Das Großraumbüro liegt hell und freundlich vor mir wie ein sonnenbeschienenes Gartenlokal. Keine hässlichen Kunststoff-Trennwände mehr, die die Fläche in eng verschachtelte Arbeitsparzellen teilen, keine flackernden Neonröhren, die ihr kaltes Licht auf graues, pflegeleichtes Linoleum werfen. Stattdessen sandfarbener Teppichboden, Holzdecke mit eingelassenen Leuchten, große Schreibtische zwischen Grünpflanzen und geschickt platzierten Raumteilern aus Bambus oder Glaswänden, in denen farbiges Wasser sprudelt. Sogar einen Zimmerspringbrunnen und ein Aquarium gibt es, ich traue meinen Augen kaum. Wahrscheinlich liege ich noch besoffen im Bett und träume.
Als Erstes entdeckt mich Valerie und kommt freudig auf mich zugelaufen. »Hallo, Pia, schön dass du wieder an Bord bist.«
»Bei euch hat sich ja einiges geändert«, sage ich nach der Begrüßung. Ich deute auf einen Riesenfarn, der aus einem Kübel in Form eines Baumstumpfs herauswächst. »Viel Salat und so.«
»Willkommen im Dschungelcamp«, sagt Valerie strahlend. »Kein Vergleich zu früher, wie? Du, das ist jetzt ein ganz anderes Arbeiten, sag ich dir. Viel entspannter. Wie findest du es?«
»Toll«, antworte ich wahrheitsgemäß. »Brauche ich eine Malariatablette?«
Valerie lacht. »Deine Sprüche haben mir wirklich gefehlt, Pia. Findest du deinen Schreibtisch?«
»Bestimmt. Der mit den höchsten Stapeln darauf.«
Auf der Suche nach meinem Arbeitsplatz werde ich noch von einigen anderen Kolleginnen und Kollegen freundlich begrüßt. Alle machen fröhliche Gesichter. Direkt unheimlich. Ich überlege, ob ich mich vielleicht lieber erst beim neuen Chefredakteur melden soll, bevor ich meinem Schreibtisch Hallo sage. Dort, wo früher eine massive Wand, ein Wassergraben und ein Stacheldrahtzaun die Chefbüros von uns Subalternen abschirmten, befindet sich nun nur noch eine Milchglasfront, durch die man silhouettenhaft sehen kann, was sich dahinter abspielt. Zurzeit überhaupt nichts, denn offenbar befindet sich niemand im Büro. Auch gut. Meinen neuen Chef werde ich früh genug zu Gesicht bekommen. Immerhin habe ich schon seinen Namen erfahren: Daniel Brunner.
Außer dass er vorher Redaktionsleiter bei irgendeiner Infotainment-Sendung beim Fernsehen gewesen sein soll, weiß ich nichts über ihn. Aber er muss ziemlich überzeugend sein, wenn er all diese Veränderungen in so kurzer Zeit durchgeboxt hat. Und die Einschätzungen der anderen sind, soweit ich das bis jetzt mitbekommen habe, alle positiv. Wenn jemand von außen einen Chefposten ergattert, blühen normalerweise Missgunst und Neid. Auf die beiden kann man sich eigentlich immer verlassen. Und hier? Fehlanzeige. Alle sind happy und relaxt. Unfassbar! Kaum ist man mal drei Wochen weg, schon bricht der Weltfrieden aus. Wenn der neue Chefredakteur mir gleich langhaarig, rehäugig und in einem weißen Gewand mit
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