love sheriffs
Unruhestifterin gelte, mache ich mir über meine berufliche Zukunft hier ohnehin keine großen Illusionen. Etwas länger als eine halbe Stunde hätte ich es aber schon gerne geschafft. Die zwei Tage, die Landuris irrtümlich genannt hat, müssten doch machbar sein.
Da meldet sich zum ersten Mal der fremde Mann zu Wort. Er ist schlank und hat braune Haare mit grauen Schläfen. Ich schätze ihn auf Mitte vierzig. Er trägt einen dunkelblauen Anzug, aber im Gegensatz zu Landuris keine Krawatte. Aus runden Brillengläsern schaut er mich freundlich an und sagt: »Ich finde, Sie haben gut reagiert. Eine Gefahr gesehen und mutig eingegriffen. Stecker raus, um Schlimmeres zu verhindern, und den Übeltäter aus dem sensiblen Bereich räumen. Dieser Teil war wirklich sehr gut. Die Situation an sich haben Sie allerdings falsch eingeschätzt, sodass Positiv und Negativ sich unter dem Strich ausgleichen. Einhalb Plus plus einhalb Minus ist Null. Nichts passiert. So sehe ich das. Ich bin übrigens Daniel Brunner, der neue Chefredakteur.«
Landuris fragt verblüfft: »Sie beide haben sich noch nicht kennengelernt?«
»Haben wir nicht«, sage ich und sehe Herrn Brunner dabei in seine braunen Augen.
»Das ist Frau Herzog«, stellt Landuris mich daraufhin in einem Tonfall vor, der einem akustischen Augenrollen gleichkommt. »Unsere Problemtante.«
Mein neuer Chefredakteur gibt mir lächelnd die Hand. »Ja, irgendwie habe ich mir das schon gedacht.«
Nachdem sich die Wogen zwischen mir und Bluhmfeld einigermaßen geglättet haben, ziehen Landuris und Brunner weiter, um ihren superwichtigen Chefkram zu erledigen, also plaudernd durch die Gegend zu latschen und ab und zu einen Untergebenen anzuföhnen und ihm den Kopf zu waschen. Blöde Friseure!
Während Bluhmfeld seine Arbeit an meinem Computer fortsetzt, verziehe ich mich auf die Toilette (friseurfreie Zone), überschminke meine neuen Stresspickel und zähle bis fünftausend. Danach fühle ich mich etwas ausgepowert, aber bis zur Kaffeepause habe ich noch eine Stunde zu überbrücken. Ich frage mich, was ich von dem Neuen halten soll. Wie er mir vor Landuris mein Verhalten vorgerechnet hat, finde ich schon irgendwie seltsam. Ein halbes mal Positiv plus ein halbes mal Negativ ist Null. So sieht er mich also: als halbe Null. Andererseits - bevor er mich arithmetisch wieder aufgerichtet hat, habe ich mich sogar noch minderwertiger gefühlt. Direkt nachdem Bluhmfeld das Wort Systemsteuerung ausgesprochen hat, habe ich mich gefühlt wie eine viertel Null oder wie noch weniger, eine hundertstel Null und davon noch die halbe Hälfte. Aber ich kann mich steigern. Heute sieht er mich vielleicht noch als Null, aber bis nächste Woche werde ich meinen Wert verdoppelt haben, ach was, verzehnfacht. Das ist ab sofort mein Ziel und um das zu erreichen, werde ich mich unverzüglich in die Arbeit stürzen.
Bluhmfeld ist nicht mehr zu sehen, als ich an meinen Platz zurückkehre. Meinen Computer hat er angelassen und auf dem Monitor lese ich: Ihr Computer ist in Ordnung. Aber Ihr Hirn ist gestört.
Nett. Mein erster Arbeitstag läuft fantastisch. Zu allem Überfluss lässt die Wirkung der Aspirinüberdosis langsam nach und die Elefanten fangen wieder an, auf mir herumzutrampeln. Zusammen mit dem Rest der Welt.
Um mich von meinem Elend abzulenken, beginne ich mit der Arbeit. Mein Artikel über die neuen Trends beim Körperschmuck muss noch zu Ende geschrieben werden, außerdem warten fünf Millionen Leseranfragen auf Beantwortung und die Problembriefe für die nächste Ausgabe habe ich auch noch nicht ausgewählt.
Zehn Minuten vor meiner Kaffeepause, in der ich mir schnell Kopfschmerztabletten besorgen will, klingelt mein Telefon. Es ist Daniel Brunner, der fragt, ob ich jetzt Zeit hätte für eine kleine Unterhaltung mit ihm.
»Also eigentlich habe ich gleich Kaffeepause«, antworte ich zögernd. Ich fände es nämlich besser, mit ihm zu reden, wenn ich nicht gerade das Gefühl habe, ein Halloween-Kürbis würde auf meinem Hals sitzen, und zwar ein unbeleuchteter. »Geht es auch noch später?«
»Die Kaffeepause habe ich abgeschafft.«
»Oh, das wusste ich nicht«, sage ich verblüfft. Jetzt kommen also doch so langsam die negativen Seiten ans Tageslicht, die dunkle Seite der Macht. »Dürfen Sie das denn so einfach? Gibt es da nicht irgendsoein Tarifgesetz, wo das drinsteht? Die Würde des Menschen und so?«
Er lacht und sagt: »Létat cest moi.«
»Tja, was immer das auch heißen mag,
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