love sheriffs
aber ich ...«
»Das glaube ich Ihnen nicht«, unterbricht er mich.
»Was glauben Sie mir nicht? Ich habe doch noch gar nichts gesagt.«
»Ich nehme Ihnen nicht ab, dass Sie nicht wissen, was das heißt. Sie haben doch Abitur. Und ich habe ein paar Sachen von Ihnen gelesen, Frau Herzog. Ich habe den Eindruck, Sie werden allgemein unterschätzt. Ich halte Sie sogar für eine der Klügsten hier.«
Für eine Sekunde bin ich sprachlos und überlege, ob er mich vielleicht auf den Arm nehmen will. »Ach, das sagen Sie wahrscheinlich zu jedem, stimmt‘s?«, erwidere ich dann und fühle mich trotzdem geschmeichelt. »Motivationstrick Nummer siebzehn aus irgendeinem Managerseminar.«
»Da haben Sie den Beweis«, sagt er triumphierend. »Sie sind die Klügste. Alle anderen haben es nämlich geglaubt.«
»Na gut«, gebe ich mich geschlagen. »Sie sind der Boss. Wenn Sie darauf bestehen, dann bin ich eben die Klügste.«
»Létat cest moi - na kommen Sie schon, sagen Sie, was es heißt. Ich weiß, dass Sie es wissen.«
Ich seufze. »Der Staat bin ich. Deutsch und Geschichte Leistungskurs. Aber wenn Sie den Absolutismus jetzt bei der XX einführen wollen, sollten Sie eines wissen: Létat cest vous, but the brain, t hat‘s me.«
»Ich werde es mir merken. Wir treffen uns in zehn Minuten in der Oase, einverstanden?«
»Wo?«, frage ich verblüfft.
»Sie werden sie finden, Brain«, sagt er lachend und legt auf.
Die »Oase« liegt im Zentrum der Bürolandschaft und wird durch besonders dichte Botanik vom Rest des Büros so abgeschirmt, dass ich vorhin an ihr vorbeigelaufen bin, ohne sie zu bemerken. Auf ein paar Quadratmetern Kunstrasen stehen zwei runde Straßencafe-Tische mit jeweils zwei Stühlen und hinter einer Bambuswand befindet sich eine kleine Büroküche mit Kaffeeautomat, Kühlschrank, Mikrowelle und einem Highboard, in dem Geschirr und allerlei Kleingebäck und Knabberzeug bereitstehen. Es gibt sogar einen Vogelbauer mit einigen Kanarienvögeln und Wellensittichen, deren Geschirpse die ansonsten vorherrschende Geräuschkulisse aus Stimmengemurmel, dem Brummen der Computerlüftungen und der Klimaanlage und dem Klingeln der Telefone bereichert.
Daniel Brunner erwartet mich schon an einem der Tische. Da ich mir zuvor noch bei Anna eine Aspirin holen wollte (leider hatte sie keine) und mit ihr ein paar Sätze über unseren neuen Chefredakteur gewechselt habe (»Cooler Typ. Ich wünschte, mein Vater wäre so. Glaubst du, er würde mich adoptieren, Pia?«), bin ich spät dran.
»Entschuldigung, aber ich war noch kurz auf der Toilette«, sage ich und setze mich zu ihm. »Ich dachte mir, ich gehe lieber gleich, bevor Sie die auch noch abschaffen.« Ich schaue mich um und stoße einen leisen Pfiff aus. »Schön hier. Aber wozu soll das gut sein, wenn es keine Kaffeepausen mehr gibt?«
Er lächelt mich sphinxhaft an. »Man kann doch auch Kaffee trinken, wenn man keine Pause hat«, meint er. Dann zeigt er in Richtung Kaffeeautomat und fordert mich auf, mich zu bedienen, was ich mir nicht zweimal sagen lasse. Nachdem ich mit meiner Tasse zurückgekehrt bin, fährt er fort: »Hier in die Oase können Sie sich jederzeit zurückziehen und ein paar Minuten entspannen, sich mit einem Kollegen austauschen, über etwas räsonieren oder einfach nur den Vögeln zuschauen. Ich habe die Pausenzeiten abgeschafft, weil sie nicht mehr nötig sind. Seinen optimalen Arbeitsrhythmus kann schließlich jeder am besten für sich selbst finden oder meinen Sie nicht?«
»Heißt das, ich kann hier so oft und so lange sitzen und Kaffee trinken, wie ich will?«, frage ich zweifelnd.
Er nickt. »Theoretisch.«
»Oh. Theoretisch macht es aber nicht halb so viel Spaß wie praktisch«, wende ich ein.
»Ich glaube an den mündigen Mitarbeiter, Pia«, sagt er mit seiner sonoren Stimme, mit der er Leute bestimmt auch in Hypnose versetzen könnte. »Ich darf doch Pia zu Ihnen sagen, oder? Ich finde es entspannter, wenn wir uns alle mit Vornamen anreden. Ich heiße Daniel. Ich bin zwar von Ladislaus - so heißt unser Herausgeber, falls Sie es nicht gewusst haben sollten - also, er hat mich gewarnt, dass ich damit meine Autorität untergraben würde. Aber das halte ich für unwahrscheinlich. Ich denke eher, der Mann mag einfach ganz allgemein nicht, dass man sich im Büro mit Vornamen anspricht.«
»Verständlich, wenn man Ladislaus heißt«, sage ich und lasse mir den Namen auf der Zunge zergehen: »Ladislaus Landuris - Eltern können so grausam
Weitere Kostenlose Bücher