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love sheriffs

love sheriffs

Titel: love sheriffs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Paura
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und dauernd loben und zur Hilfe eilen, wenn das Auto liegenbleibt, und wie sie einen zum Kaffee einladen. Verdammte Sklaventreiber!
    »Sie haben Ihr Studium abgebrochen?«, frage ich verblüfft. »Da haben wir ja etwas gemeinsam.«
    »Ich weiß. Das ist mir auch aufgefallen, als ich mir die Personalakten aller Mitarbeiter angesehen habe. Bei Ihnen war es Jura, richtig?«
    »Nach zwei Semestern habe ich Einspruch eingelegt«, bestätige ich. »Zu viel Paragrafengeschwurbel. Und was hat Ihnen an der Philosophie nicht gepasst?«
    »Auch zu viel Geschwurbel«, sagt er und schaut mich verständnisvoll an. Plötzlich hebt er den Zeigefinger, als hätte ihn gerade ein Geistesblitz getroffen. »Passen Sie auf, Pia, eine philosophische Frage: Macht ein umstürzender Baum auch dann ein Geräusch, wenn niemand in der Nähe ist, der es hören könnte?«
    »Oje«, stöhne ich. »Mit Bäumen habe ich es nicht so, ehrlich gesagt.«
    »Überlegen Sie!«
    »Tu ich ja. Ich weiß nicht - war es denn ein großer Baum?«
    Brunner winkt ab. »Irrelevant. Aber nehmen wir ruhig einmal an, es wäre der größte Baum des Waldes. Was denken Sie?«
    Ich denke, dass die vom ADAC sich ganz schön Zeit lassen, diese Hunde.
    »Tja, gute Frage. Vom juristischen Standpunkt ist der Baum, glaube ich, verpflichtet, ein Geräusch zu machen. BGB - Baumgeräuschbestimmung.«
    Lachend schüttelt Daniel Brunner den Kopf. »Oh, Pia, wenn Sie nicht antworten wollen, retten Sie sich immer in einen Witz. Sagen Sie doch einfach frei von der Leber weg, was Sie denken. Keine Angst, es gibt keine Zensuren.«
    Klirrend stelle ich die Kaffeetasse, die ich gerade zum Mund führen wollte, wieder ab. »Ich denke, dass das eine idiotische Frage ist«, sage ich verärgert. »Natürlich gibt es ein Geräusch. Und je größer und männlicher etwas ist, umso mehr Krach macht es.«
    Er nickt, als hätte er keine andere Antwort von mir erwartet. »Damit haben Sie wahrscheinlich recht, Pia. Die Frage ist idiotisch, weil sie nur dazu führt, einfache Dinge zu verkomplizieren. Ein fallender Baum ohne Zuhörer macht im Grunde genommen allerdings kein Geräusch. Er erzeugt nur Schallwellen. Es braucht noch ein akustisches Wahrnehmungsorgan, das diese Schallwellen in Nervenimpulse umwandelt, und ein Gehirn, das diese Impulse verarbeitet, interpretiert, aufbereitet und das Ergebnis dann einem Bewusstsein als Geräusch verkauft. Wobei es diese Schallwellen auch ebenso gut als Helligkeitsschwankung, Farbe oder Geruch darstellen könnte. Unser Gehirn gaukelt uns eine objektive Wirklichkeit vor, die es in Wahrheit nicht gibt.«
    »Ihres vielleicht«, sage ich.
    »Doch, Pia, das ist so. Zum Beispiel befindet sich in diesem Augenblick hier um uns herum eine Vielzahl elektromagnetischer Wellen, die wir nur einfach nicht wahrnehmen. Wir müssen erst ein Fernsehgerät oder ein Radio anschließen, um sie zu erkennen. Aber sie sind jetzt schon da.«
    »Sie meinen, über meinem Kopf läuft gerade Homer Simpson spazieren?«
    »Wäre möglich. Und nicht nur er. Alle möglichen Fernseh- und Radiosignale befinden sich ständig und überall um uns herum.«
    »O Gott, hoffentlich erfährt die GEZ nie davon.«
    Mit leicht schräg gehaltenem Kopf schaut Brunner mich prüfend an. »Sie nehmen mich nicht ernst, Pia, richtig? Aber in der Philosophie ist nur wenig Platz für Humor. Jeder noch so abstruse Gedanke wird auf einen Marmorsockel gestellt. Schrecklich.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Sie haben keine Ahnung, glauben Sie mir. Der erkenntnistheoretische Ansatz, dass jeder von uns in einer subjektiven Welt lebt, weil unsere Gehirne die Wirklichkeit für uns interpretieren, ist ja noch ganz nachvollziehbar. Vielleicht ist das, was in meiner Welt blau ist, für Sie orange.
    Wir sagen zwar alle Blau, aber meinen möglicherweise jeder etwas anderes, ohne dass man das irgendwie heraus-. kriegen könnte. Verrückte Idee, nicht wahr? Aber es wird noch bizarrer. Können Sie noch?«
    Ich werfe einen verstohlenen Blick auf die Uhr, die mir gegenüber an der Wand hängt. Vierzig Minuten sitzen wir nun schon hier. Schokoladentorte hatten sie nicht, sodass ich auf einen pappigen Nusskuchen ausweichen musste, der Kaffee ist bitter, Homer Simpson sitzt auf meinem Kopf, und wenn sich die ganzen Philosophen alle unter den Baum gestellt hätten, bevor er umgefallen wäre, würde ich sie bestimmt nicht vermissen. Aber ich will meinen Chef nicht enttäuschen. Er gibt sich so viel Mühe, mich auf hohem Niveau zu

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