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love sheriffs

love sheriffs

Titel: love sheriffs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Paura
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unterhalten, dass ich mir schäbig vorkäme, wenn ich ihn jetzt bitten würde, mir lieber ein paar schmutzige Witze zu erzählen.
    »Ich war mal mit einem Physiker zusammen«, sage ich. »Der hat mir beim Essen die Stringtheorie erklären wollen. Einfach so, beim Italiener. Ich glaube, die Spaghetti haben ihn auf die Idee gebracht.«
    »Stringtheorie - interessant. Darin wird behauptet, das Universum bestehe aus winzig kleinen, elastischen Fädchen, den Strings, richtig? Hat er sie Ihnen einigermaßen vermitteln können?«
    »So viele Spaghetti gibt es auf der ganzen Welt nicht«, sage ich. »Ich habe dann mit ihm Schluss gemacht. Nicht deshalb, natürlich. Wir waren einfach zu schwach verstringt.«
    Das ist zwar nicht ganz die Wahrheit, denn mein Physiker wollte überhaupt keine festere Bindung zu mir, sondern war nur an meiner kinetischen Energie interessiert. Aber mein Gehirn hat es für mich eben so interpretiert, als ob ich es gewesen wäre, die ihm den Laufpass gegeben hat. Philosophisch absolut korrekt.
    »Und haben Sie sich schon neu verstringt?«, fragt mich Brunner beiläufig und bestellt, nachdem er mit einer knappen Geste mein Einverständnis geholt hat, zwei weitere Kaffee.
    »Ja, verstringt und mit einer Schleife verknotet. Im Dezember feiern wir unseren zweiten Jahrestag und das sogar im eigenen Häuschen. Und Sie?«
    Er zuckt traurig mit den Schultern. »Vor einem halben Jahr wurden bei mir die letzten Leinen gekappt, um in der Metapher zu bleiben. Deshalb war ich auch ganz froh, als mir die Stelle hier angeboten wurde. Frisch geschieden, neuer Job, neue Stadt, alles auf Anfang. Und wie heißt es so schön: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Eine Schleife ist übrigens kein besonders verlässlicher Knoten, Pia.«
    »Sieht aber netter aus. Wird schon halten.«
    »Ja, das denkt man immer, doch dann ...« In dem Moment bringt die Bedienung uns zwei neue Kaffee an den Tisch und räumt das Geschirr ab. Als sie wieder weg ist, lenkt Brunner das Gespräch schnell auf ein anderes Thema. »Aber um auf unseren Baum zurückzukommen. Da gibt es auch noch eine Denkschule, die sagt, der Baum mache kein Geräusch, weil es nämlich überhaupt keinen Baum gebe. Und würde es ihn doch geben, so könnten wir seine Existenz niemals mit Sicherheit erfahren. Was halten Sie davon?«
    »Mir ist alles recht«, sage ich verwirrt. Wenn ich den erwische, der diesen blöden Baum gefällt hat, dem trete ich aber so was von in den Arsch!
    »Nein, Pia, nicht einfach reden. Denken Sie nach.«
    Gedanklich zähle ich leise bis zehn, dann sage ich: »Tut mir leid, ich kapier‘s nicht.«
    »Träumen Sie, Pia?«, fragt er mich unvermittelt.
    Erschrocken versichere ich: »Nein, ich habe Ihnen die ganze Zeit zugehört. Aber ich verstehe es trotzdem nicht.«
    »Nein, ich meine, ob Sie gelegentlich Träume haben?«
    »Sicher. Hat doch jeder, oder?«
    Er nimmt seine Brille ab und schaut mich aus ernsten Augen eindringlich an. »Und während Sie träumen, wissen Sie dann, dass Sie sich in einem Traum befinden?«
    Nach kurzem Nachdenken schüttele ich den Kopf.
    »Und die Leute in Ihren Träumen? Was ist mit denen?«
    »Falls die es wissen, verraten sie es mir jedenfalls nicht«, sage ich.
    »Ich meinte, ob Sie die Leute in Ihren Träumen als reale Personen betrachten? Aber wenn Sie ihnen zutrauen, Geheimnisse vor Ihnen zu haben, ist das ja wohl der Fall. Ich nehme an, Sie wissen auch nicht schon im Voraus, was ihr Gegenpart im Traum gleich sagen wird, bevor er es sagt. Obwohl der Traum komplett Ihrem Gehirn entspringt, können Sie ihn weder steuern noch durchschauen. Man kann Sie in Ihrem eigenen Traum überraschen. Eigentlich merkwürdig, nicht? Erst nach dem Aufwachen erkennen Sie, wie unreal alles gewesen ist. Für den Träumer ist der Traum Realität. Wenn eine Traumfigur Sie berührt, ist es für Sie so spürbar, wie wenn ich Sie jetzt berühre.« Er langt über den Tisch und ergreift meine Hand. Ein paar lange Sekunden drückt er sie sanft, hält meine Hand in seiner Hand und meinen Blick in seinem Blick gefangen. Bevor es unangenehm wird, lässt er los und sagt in einem düsteren Tonfall: »Und was, wenn das hier alles nur ein Traum wäre?«
    Überrascht lache ich auf. »Wie? Sie meinen, Sie selbst auch?«
    »Ich selbst auch, ja. Alles wäre lediglich eine Art Traum, nur in einer höheren Ebene, langfristiger, beständiger und scheinbar logischer - vielleicht kommt es uns aber auch nur so lange logisch vor, bis wir in einer noch

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