love sheriffs
höheren Realitätsebene aufwachen. Dieses Aufwachen könnte dann das sein, was wir den Tod nennen.«
»Wow!«, mache ich. »Ganz schön verrückte Idee. Also, Sie wären nur mein Traum, richtig? Hmmm, dann fände ich es jedenfalls ziemlich dreist von Ihnen, sich hier als mein Chef aufzuspielen. Das müsste dann ja wohl umgekehrt sein. Was meinen Sie? Sollen wir tauschen?«
»Ihr Pragmatismus gefällt mir«, sagt er lachend. »Aber höchstwahrscheinlich bin ich kein höherer Traum, sondern eine eigenständige Person. Allerdings gibt es keine Möglichkeit für Sie herauszufinden, was die Wahrheit ist. Wie Sie schon sagten, Pia, das alles ist eine verrückte Gedankenspielerei. Solipsismus. Das Gehirn interpretiert die Welt nicht nur für uns, sondern es erzeugt sie. Überspitzt gesagt: Sie drehen sich um und die Welt in Ihrem Rücken verschwindet.«
Mein Gehirn denkt kurz darüber nach und interpretiert das Gehörte als kompletten Mist.
»Interessant. Dann könnte ich mich ja auch mitten auf die Autobahn stellen und müsste einfach nur die Augen zumachen, um nicht überfahren zu werden. Funktioniert bestimmt prima.«
»Bitte probieren Sie das nicht aus«, sagt er und schaut mich dabei mit amüsierter Flehentlichkeit an. »Mit wem soll ich dann solche philosophischen Gespräche führen? Ab und zu lasse ich mir nämlich ganz gerne frische Gedanken durchs Hirn wehen und schaue zusammen mit einer interessanten Persönlichkeit über den Tellerrand hinaus.«
»Dann hätten Sie Ihr Philosophiestudium nicht abbrechen sollen.«
Er zuckt mit den Schultern. »Eine nette, intelligente und unkonventionelle Gesprächspartnerin wie Sie ist mir allemal lieber als ein verknöcherter Dozent an der Uni. Außerdem soll man es nicht übertreiben. Irgendwann hat es mich nicht mehr interessiert, ob dieser Baum in einer objektiven Welt Schallwellen erzeugt oder in einer subjektiven Welt überhaupt nicht existiert. Ich wollte eher wissen: Warum ist er umgefallen? Hätte man es verhindern können? Und wieso ...«
In diesem Moment klingelt sein Handy. Na, Gott sei Dank! Das sind bestimmt die Jungs vom ADAC. Philosophiestunde beendet.
Daniel Brunner legt wieder eine ganze Ausflugsdampferladung Fröhlichkeit in seine Stimme, als er sich meldet. »Ja, das waren wir«, sagt er nach kurzem Zuhören. »Ein silberner Mercedes, ganz genau.«
Erleichtert atme ich auf, als ich das höre. Es sind also tatsächlich die Pannenhelfer. Lange genug hat es ja gedauert. Scheinbar sind die vom ADAC neuerdings mit Pferdekutschen unterwegs.
»Wie? ... Aber das kann nicht sein!«, ruft Daniel plötzlich aufgeregt. »Der Mann soll auf uns warten. Wir kommen sofort.«
Er trennt die Verbindung und winkt sofort hektisch nach der Bedienung. »Ziehen Sie Ihre Jacke an, Pia. Wir müssen los!«
»Aber was ist denn passiert?«, frage ich verwundert.
»Wahrscheinlich gar nichts«, sagt er, während er unsere Rechnung begleicht. »Es wird sich gleich alles klären.«
»Was denn klären?«, frage ich nervös. Aber Brunner antwortet nicht, sondern schiebt mich regelrecht aus dem Café. Auf der Fahrt hierher hat er sich penibel an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten. Nun fährt er mit siebzig Sachen die regennassen Straßen entlang und achtet nicht darauf, dass dabei ein paar Fußgänger nass gespritzt werden. Fünf Minuten später sind wir auch schon am Ziel.
Rasch steigen wir aus und ich starre ungläubig auf meinen Mercedes, den ich wesentlich sichtbarer in Erinnerung habe.
»Wo ist das Auto?«, frage ich den Mann vom ADAC, der lässig an seinem Einsatzwagen lehnt und eine Zigarette raucht.
»Das habe ich mich auch gefragt«, sagt er. »Ich dachte, schon wieder einer, der sein Problem dann doch selbst behoben hat, ohne uns Bescheid zu geben. Passiert öfter.«
»Ja, guter Mann, kann ja alles sein«, herrsche ich ihn an. »Aber - wo - ist - mein - Auto?«
Er wirft die Kippe auf den Boden und schaut mich mitleidig an. »Tja, gestohlen, würde ich sagen. War vermutlich keine so gute Idee, den Schlüssel am Wagen zu lassen.«
»Der war gut versteckt«, protestiere ich.
»Offenbar nicht gut genug.«
»Pia, sind Sie sicher, dass das auch die richtige Stelle ist?«, fragt mich Brunner. »Vielleicht steht er ein Stück weiter vorne. Ich schaue mal um die Kurve, okay?«
Er will schon loslaufen, aber ich halte ihn zurück. Ich blicke direkt auf eine Lagerhallenwand, an der ein grelles Graffito prangt.
»Ich bin -fuck the world! - absolut sicher«, sage ich
Weitere Kostenlose Bücher