Love Story: Roman (German Edition)
Okay?»
«Okay», sagte ich.
«Okay», erwiderte sie.
Danach wurde es mir ein bißchen leichter, denn schließlich würde jedes Thema besser sein als dieses.
Ich hatte mich geirrt.
«Hör mal, Oliver», sagte Jenny, und sie sprach, wenn auch leise, so doch mit ihrer zornigen Stimme. «Oliver, du mußt aufhören, so krankhaft zu reagieren.»
«Ich?»
«Dies Schuldbewußte in deinem Gesicht, Oliver, das ist doch krankhaft!»
Ich bemühte mich aufrichtig, meine Miene zu ändern, aber meine Gesichtsmuskeln waren eingefroren.
«Niemand ist schuld, du oller Preppie», sagte sie. «Also bitte hör auf, dir Vorwürfe zu machen.»
Ich hätte sie gerne weiter angeschaut, weil ich meine Augen am liebsten nie wieder auf etwas anderes gerichtet hätte, aber ich mußte sie niederschlagen. Ich schämte mich so sehr, weil Jenny mich selbst jetzt noch so klar durchschaute.
«Hör mal, das ist das einzige, was ich von dir verlange, verdammt noch mal, Ollie. Im übrigen, das weiß ich, wirst du es schon schaffen.»
Das Ding in meinen Eingeweiden rührte sich wieder, so daß ich Angst bekam, das Wort «Okay» auszusprechen. Ich sah Jenny bloß stumm an.
«Ich scheiß auf Paris», sagte sie plötzlich.
«Was?»
«Scheiß auf Paris und die Musik und all den Mist, von dem du glaubst, daß du mich drum gebracht hast. Sie sind mir völlig wurscht, du Pinsel. Kannst du mir das glauben?»
«Nein», antwortete ich wahrheitsgemäß.
«Dann mach, daß du rauskommst», sagte sie.
«Ich will dich an meinem verdammten Sterbebett nicht haben!»
Es war ihr ernst. Ich merkte immer, wenn es Jenny mit irgend etwas ernst war. Ich erkaufte mir die Erlaubnis dazubleiben mit einer Lüge.
«Aber ich glaube es dir ja», sagte ich.
«Na also», sagte sie. «Würdest du mir einen Gefallen tun?» Von irgendwoher in meinem Innern begann ein verheerender Sturmangriff, um mich zum Weinen zu bringen. Aber ich hielt stand. Ich würde nicht weinen. Ich würde bloß durch zustimmendes Kopfnicken zeigen, daß ich glücklich wäre, ihr jeden nur erdenklichen Gefallen zu tun.
«Bitte nimm mich fest in die Arme», bat sie.
Ich griff nach ihrem Unterarm – mein Gott, er war so mager – und drückte ihn ein bißchen.
«Nein, Oliver», sagte sie. «Nimm mich richtig in die Arme, ganz fest.»
Ich war sehr, sehr vorsichtig, wegen der Schläuche und all dem Zeug, als ich mich zu ihr aufs Bett legte und sie in die Arme schloß.
«Danke, Ollie.»
Das waren ihre letzten Worte.
22
Phil Cavilleri war in der Liegehalle und rauchte seine x-te Zigarette, als ich erschien.
«Phil?» fragte ich leise.
«Ja?» Er blickte auf, und ich glaube, er wußte es schon.
Offenbar brauchte er irgendeinen physischen Trost. Ich ging zu ihm hin und legte ihm die Hand auf die Schulter. Ich hatte Angst, er werde weinen. Ich war ziemlich sicher, daß ich nicht weinen würde. Nicht weinen konnte. Ich meine, über all so was war ich hinaus.
Er legte seine Hand auf die meine.
«Ich wollte …», murmelte er. «Ich wollte, ich hätte nicht …» Er unterbrach sich und wartete. Schließlich eilte es ja nicht.
«Ich wollte, ich hätte Jenny nicht versprochen, stark zu sein – deinetwegen.»
Und wie um zu seinem Gelübde zu stehen, tätschelte er mir ganz sanft die Hand.
Aber ich mußte allein sein. Ich mußte an die frische Luft. Vielleicht einen Spaziergang machen.
Drunten in der Eingangshalle des Krankenhauses war es völlig still. Ich hörte nur das Klicken meiner Absätze auf dem Linoleum.
«Oliver!»
Ich blieb stehen. Es war mein Vater. Bis auf die Frau am Empfang waren wir dort ganz allein. Wir gehörten wohl zu den wenigen Menschen in New York, die um diese Stunde wach waren.
Ich konnte ihn nicht ertragen. Ich ging auf die Drehtür zu. Aber einen Augenblick später war auch er draußen und stand neben mir.
«Oliver», sagte er. «Du hättest es mir sagen sollen.»
Es war sehr kalt, und das war in gewisser Beziehung gut, weil ich ganz erstarrt war und gern irgend etwas fühlen wollte. Mein Vater sprach noch immer auf mich ein, und ich stand noch immer ganz still da und ließ mir vom kalten Wind ins Gesicht peitschen.
«Als ich es erfuhr, bin ich sofort in den Wagen gesprungen.»
Ich hatte meinen Mantel vergessen; die Kälte begann mich zu schmerzen. Gut so. Gut so.
«Oliver», sagte mein Vater drängend. «Ich möchte helfen.»
«Jenny ist tot», sagte ich zu ihm.
«Verzeih …», flüsterte er bestürzt.
Ich wußte nicht warum, aber ich
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