Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Love Train

Love Train

Titel: Love Train Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
Vom Netzwerk:
ein.
    Â»Hier, pass mal kurz drauf auf«, bat ich, befreite mich aus meinem Rucksack und ließ ihn Juli einfach vor die Füße fallen. Und dann verschwand ich so schnell wie irgend möglich im Porzellanparadies.
    Ich gehöre übrigens – was für Mädchen ja eher untypisch ist – zur Gattung der Schnellpinkler. Was tun die bloß so lange, frage ich mich immer, wenn andere Mädels, natürlich gemeinsam, stundenlang im stillen Örtchen verschwinden. Ich brauche nie länger als drei Minuten, höchstens fünf inklusive Händewaschen.
    Doch für meine Schwester genügte selbst diese kurze Zeitspanne vollkommen, um eine Katastrophe herbeizuführen: Als ich aus der Toilette kam, war Juli verschwunden.
    Hektisch blickte ich mich um, suchte Julis Blondschopf zwischen den herumeilenden Gestalten, aber sie war wie vom Erdboden verschluckt. Immerhin hatte sie meinen Rucksack mitgenommen, denn auch das sperrige Gepäckstück konnte ich nirgends entdecken.
    In meinem Magen begann eine leichte Panik aufzusteigen. Was sollte ich jetzt bloß tun? Etwas wackelig stellte ich mich auf die Zehenspitzen, um besser über die vielen Köpfe schauen zu können. Und da sah ich Juli. Sie stand gar nicht weit von mir entfernt, nur war die Sicht bislang durch die vorbeieilenden Reisenden verdeckt gewesen. Juli lehnte lässig an einer Säule und unterhielt sich mit einem südländischen Typ in einer coolen Bikerjacke.
    Oh, Juli, dachte ich. Keine fünf Minuten und du hast be reits den nächsten Flirt an Land gezogen. Dann erst fiel mir auf, dass etwas an dem Gesamtbild nicht stimmte. Wie bei diesen Suchbildern, auf denen man fünf Fehler entdecken muss, scannte ich meine Schwester und den Typ von oben bis unten. Was fehlt? Als es mir schließlich klar wurde, kam die Panik wieder hoch und nistete sich in meinem Bauch ein. Wo war mein Rucksack?
    Â»Juli«, rief ich und eilte zu ihr hinüber.
    Â»Lena.« Sie grinste mich an. »Das ist Samir.« Sie deutete neben sich, doch der Typ war bereits verschwunden.
    Â»Wo ist mein Rucksack?«, blaffte ich sie an.
    Â»Na, vermutlich da, wo du ihn hingeworfen hast.« Juli klang gelangweilt. »Oder glaubst du, ich schlepp deinen schweren Krempel durch die Gegend?«
    Â»Juli.« Ich musste mich sehr beherrschen, um nicht loszubrüllen. »Du solltest ihn nicht durch die Gegend schleppen. Du solltest nur ein paar Minuten darauf aufpassen und dich nicht vom erstbesten dahergelaufenen Kerl anquatschen und abschleppen lassen.«
    Â»Jetzt entspann dich mal.« Juli schien den Ernst der Lage überhaupt nicht zu begreifen. »Wir holen das Teil und dann fahren wir endlich ins Hostel.«
    Â»Das ist ja das Problem.« Ich sprach mit mühsam unterdrücktem Zorn durch die Zähne. »Das Teil, wie du mein Reisegepäck nennst, ist weg!« Am Ende des Satzes war es mit der Beherrschung vorbei. Ich brüllte meiner Schwester mitten in ihr hübsches Gesicht: »Weg! Kapierst du? Geklaut! Wahr scheinlich hat dein süßer Samir einen ebenso süßen Kumpel, der sich darauf spezialisiert hat, dämlichen Tussis wie dir die Sachen zu klauen!«
    Julis Gesichtsausdruck wechselte innerhalb von Sekunden von gelangweilt über erstaunt bis hin zu stinksauer.
    Â»Nimm das zurück!«
    Â»Darauf kannst du lange warten! Dämlich ist nämlich noch gar kein Ausdruck für deine Blödheit. Wie kann man bloß so … so egoistisch sein wie du? Hilfst du eigentlich jemals anderen? Oder denkst du immer nur an dich, dich, dich?« Ich schrie und schrie und am liebsten hätte ich Juli an den Schultern gepackt und durchgeschüttelt. Aber das ging nicht, weil ich meinen kleinen Rucksack in der Hand hatte, den ich zum Glück mit auf die Toilette genommen und nicht meiner Schwester überlassen hatte.
    Â»Halt die Klappe«, zischte Juli. »Es glotzen schon alle.« Tatsächlich hatten einige der Passanten um uns herum ihr Tempo verlangsamt, zwei oder drei waren sogar stehen geblieben und beobachteten interessiert unsere lautstarke Auseinandersetzung. Aber das war mir egal. Obwohl ich mich normalerweise in Grund und Boden schämen würde, wenn mich fremde Leute derart anstarren, war ich viel zu wütend, um ihnen überhaupt große Beachtung zu schenken.
    Â»Lass sie ruhig glotzen«, brüllte ich. »Lass sie ruhig alle wissen, was für eine selbstverliebte Schlampe ich

Weitere Kostenlose Bücher