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Love Train

Love Train

Titel: Love Train Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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zur Schwester habe.«
    Â»So, jetzt reicht es!« Juli packte mich am Arm und zog mich mit einer Kraft mit, die ich ihr gar nicht zugetraut hätte. »Deine Unterstellungen lass ich mir nicht mehr gefallen. Jetzt atmest du mal tief durch und wir suchen deinen Rucksack.«
    Und das taten wir. Aber ohne Erfolg. Eine Viertelstunde später musste auch Juli einsehen, dass mein Gepäck verschwunden war. Und eine weitere halbe Stunde später, die wir damit zugebracht hatten, einen Uniformierten ausfindig zu machen, der uns zum Fundbüro brachte, wo mein Rucksack natürlich auch nicht aufgetaucht war, sagte Juli: »Es tut mir leid.«
    Dieses simple Eingeständnis ihrer Schuld, das ich von Juli nie erwartet hätte, warf mich völlig aus der Bahn. Denn das hieß ganz klar: Mein Rucksack war wirklich weg! Nicht, dass darin besonders wertvolle Sachen gewesen wären. Alles, was mir etwas bedeutete, wie »Stolz und Vorurteil« und mein Tagebuch sowie sämtliche echten Wertgegenstände, befanden sich in meinem kleinen Rucksack, den ich ja zum Glück noch hatte. Trotzdem: In dem geklauten Rucksack steckten alle meine Klamotten, die ich für diese Reise mitgenommen hatte, und jetzt besaß ich nichts mehr außer der Jeans und dem Top, die ich am Leib trug. Ich hatte nicht mal mehr Wechselunterwäsche.
    Â»Ich will nach Hause«, jammerte ich und spürte, wie mir die Tränen im Hals hochstiegen. Ich war wirklich eine Heulsuse.
    Â»Sollen wir zur Polizei gehen?«, schlug Juli vor, aber ich tat ihre Idee mit einem müden Winken ab. Als ob die Polizei uns helfen könnte. Mein Rucksack war mittlerweile vermutlich schon im Müll gelandet und würde nie wieder auftauchen.
    Bedrückt dachte ich daran, wie blöd die Diebe garantiert geschaut hatten, als sie nur langweilige Mädchenklamotten in dem Rucksack entdeckten.
    Â»Ich will nach Hause«, wiederholte ich schwach.
    Â»Jetzt gehen wir erst mal einen Kaffee trinken«, entgegnete Juli und zog mich energisch am Arm zur Metrostation.
    Eine Stunde später saßen wir an einen runden Tisch gequetscht auf der Galerie eines überfüllten Cafés in der Brüsseler Innenstadt. Mit beiden Händen hielt ich meinen Milchkaffee umklammert – der hier wahlweise koffie verkeerd oder café au lait hieß, denn Belgien war ja zweisprachig – und dachte nur immer wieder denselben Satz: Ich will nach Hause!
    Â»Iss.« Juli stellte ein Stück Schokoladenkuchen mit einer dicken, dunklen Glasur unter meine gesenkte Nasenspitze. »Schokolade macht glücklich.«
    Ich schob den Teller von mir weg. Obwohl der Kuchen köstlich aussah, konnte ich mir gerade nicht vorstellen, auch nur ein einziges Stück davon hinunterzuwürgen.
    Â»Ich will nach Hause«, wiederholte ich mein neues Mantra und Juli seufzte.
    Â»Mensch, Lena«, sagte sie. »Willst du wirklich sofort heim zu Mama rennen, nur weil es mal ein bisschen schwierig wird?« Sie pikte die Gabel in meinen Schokokuchen, steckte sie in den Mund und lutschte sorgfältig die klebrige Glasur davon ab. Ein Ausdruck absoluter Zufriedenheit breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
    Â»Ein bisschen schwierig?« Ich spürte, wie sich wieder ein wenig Zorn in meine Verzweiflung mischte. »Ein bisschen schwierig! Mein Rucksack ist geklaut worden. Meine kompletten Klamotten sind weg. Was ist denn dein Vorschlag? Soll ich vier Wochen lang in derselben schmutzigen Unterhose weiterreisen? Oder sie jeden Abend am Waschbecken auswaschen? Und das Top und die Jeans am besten noch dazu. Verflucht, ich hab noch nicht mal ein Schlafshirt.«
    Â»Freu dich doch.« Juli machte einen auf betont fröhlich und schob sich das nächste Stück Kuchen in den Mund. »Dann musst du wenigstens den schweren Rucksack nicht mehr schleppen.«
    Â»Nicht witzig!«, erwiderte ich bloß.
    Â»Okay«, lenkte meine Schwester ein. »Ich gebe zu, dass die Situation ein bisschen mehr als schwierig ist. Aber wenn du jetzt nach Hause fährst, dann kannst du das Konzert vergessen.«
    Ha, als ob Juli das nicht total egal wäre! Was interessierte es meine Schwester, ob ich es nach Barcelona schaffte oder nicht? Trotzdem spürte ich einen Stich im Herzen, denn Juli hatte recht. Wenn ich jetzt aufgab, hatte ich keine Chance mehr, auch nur in die Nähe von Joey zu gelangen. Und obwohl ich wusste, dass meine Schwester nur nicht wollte, dass ich meine

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