Love Train
wahr . Mein Traum, Joey nur einmal, ein einziges Mal, nahe zu sein. War ich wirklich bereit, DAS für ihn zu riskieren? Ja, musste ich feststellen. War ich.
»In Ordnung«, sagte ich.
Jubelnd fiel mir meine Schwester um den Hals.
Memo an mich selbst: Wenn du aufs Klo gehst, nimm alles mit, was du besitzt!
aus Lenas Tagebuch
»Ein Foto mit einem der Royals? Wie bist du bloà auf diesen Schwachsinn gekommen?« Ãber den Rand meines Buches hinweg fixierte ich meine Schwester, die mir gegenüber schlaff in einem der Hartschalensitze des IC nach Brüssel hing. War wohl doch ein bisschen viel gewesen gestern Abend.
»Wieso? Ist doch witzig!«, verteidigte Juli ihren Einfall mit wenig Energie. »AuÃerdem haben wir dabei viel bessere Chancen als die Jungs.«
»Haben wir?« Ich persönlich hatte keine einzige Idee, wie es mir gelingen sollte, ein Foto von mir und einem der Mitglieder des englischen Königshauses zu schieÃen. Seit Juli gestern Abend das kürzeste Streichholz gezogen und die erste Aufgabe gestellt hatte, grübelte ich bereits darüber nach, wie ich sie lösen sollte. In fünf Tagen wollten wir Tobias und Felix in London treffen, und zwar um zwölf Uhr mittags am Brunnen auf dem Trafalgar Square. Bis dahin sollte es jedem von uns ge lungen sein, einen der Royals mit uns zusammen abzulichten. Haha! Ich würde bereits an dieser ersten Aufgabe scheitern!
»Wirklich, Juli, hättest du nicht irgendetwas Einfacheres finden können?«, nörgelte ich. Aber meine Schwester hatte die Augen geschlossen und schien mir nicht mehr zuzuhören. Genervt senkte ich meinen Blick wieder auf die Seiten meiner Lektüre. Doch sosehr ich die Story liebte, konnte ich mich heute einfach nicht darauf konzentrieren. Also klappte ich den zerlesenen Roman zusammen und stopfte ihn in meinen Rucksack. Stattdessen zog ich mein Tagebuch heraus, um einen Schlachtplan zu entwerfen, indem ich alle Einfälle als Liste notierte. Leider schaffte ich es nicht weiter als bis zum ersten Aufzählungspunkt. Ich starrte aus dem Fenster und blickte auf das platte Grün der Landschaft, das wenig abwechslungsreich vorbeizog.
Es war eine Schwachsinnsidee gewesen, bei dieser Rallye mitzumachen, musste ich mir eingestehen. Was hatte ich mir bloà dabei gedacht? Natürlich war die Aussicht, ein Konzertticket zu gewinnen, mehr als verlockend. Aber wie groà waren meine Chancen darauf? Verschwindend gering! Und stattdessen würde ich eine Nacht mit einem der Jungs verbringen müssen ⦠Ich durfte gar nicht darüber nachdenken, sonst wurde mir schlecht. Nein, ich würde den dreien erklären, dass ich aussteigen würde. Dass ich keinen Bock auf diesen Kinderkram hatte. Sollten sie den Quatsch doch allein machen. Der Gedanke beruhigte mich ein wenig, und ich schloss ebenfalls die Augen, um eine Runde zu dösen, bis wir Brüssel erreichten. In der belgischen Hauptstadt wollten Juli und ich eine Nacht verbringen, weil wir dort auf dem Weg nach London ohnehin umsteigen mussten.
»Wir sind da.« Ich musste eingeschlafen sein, denn ich schreckte aus schwarzer Tiefe hoch, als Juli mich an der Schulter rüttelte. Verschlafen rieb ich mir die Augen und sah aus dem Abteilfenster in einen düsteren Bahnhof mit einer niedrig hängenden Stahldeckenkonstruktion. Auf dem Bahnsteig drängelten die Passagiere, doch der Zug selbst war schon gespenstisch leer.
»Los, raus«, ordnete Juli an.
»Ich muss aber noch mal dringend«, stellte ich fest. Tatsächlich war der Drang, zur Toilette zu gehen, seit dem Aufwachen so heftig, dass ich kaum an etwas anderes denken konnte.
»Wie ein Kleinkind«, stöhnte Juli und verdrehte die Augen. »Dafür ist jetzt echt keine Zeit, wir müssen aussteigen.«
Ich stöhnte, hievte mir den schweren Rucksack auf den Rücken und eierte hinter Juli aus dem Zug. Auf dem Bahnsteig wurde ich hin und her geschubst, während meine Augen hektisch über die Köpfe der anderen Reisenden flogen und nach dem erlösenden Hinweisschild suchten.
»Excuse me, where is the next toilet?«, fragte ich den erstbesten Menschen, der mit seiner grauen Uniform und dem passenden Käppi halbwegs offiziell aussah. Der deutete den Bahnsteig hinunter. Ich hetzte in die Richtung und ignorierte Juli, die hinter mir herrief. Erst als ich endlich die öffentlichen Sanitäranlagen erreichte, holte meine Schwester mich
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