Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
fühlte ich mich nicht so gut dabei, wie ich erwartet hatte. Aber wenigstens hatte ich jetzt dafür gesorgt, dass ich eine Weile in Ruhe gelassen wurde.
Eine Weile, das waren genau zwei Minuten, wie sich bald herausstellte. Ich schaffte es nicht mal vom Schulhof herunter, ja, nicht mal zu den dummen Pflanzenkübeln beim Parkplatz, bevor Caro mich am Arm packte – ziemlich unsanft – und mich zu sich herumriss.
»Ich hasse dich«, stieß sie hervor oder jedenfalls glaube ich, dass sie das sagte. Ich konnte es kaum verstehen, weil sie weinte.
Ich riss mich von ihr los und ging weiter, überquerte den Parkplatz und verließ die Schule. Was? Hatte ich Corn Syrups Gefühle verletzt? Hu-hu-hu. Na, und wenn schon, war das vielleicht mein Problem? Ich würde jetzt nach Hause gehen, Geld auftreiben und mir was zu trinken kaufen. Und keine Minifläschchen.
Das Gruselige war, dass ich Caro weiter weinen hörte.Selbst als ich die Abkürzung durch die Wohnsiedlung nahm, in der es vor alten Leuten und japsenden Schoßhündchen nur so wimmelt, hörte ich sie noch.
Ich drehte mich um, als ich an einem alten Opa vorbeikam, der mit seinem Straßenkreuzer beinahe rückwärts in mich hineinfuhr, und da sah ich, dass sie hinter mir herkam, immer noch weinend. Ich blieb stehen. Corn Syrup auch. Wir starrten uns an und mein Blick muss ziemlich abschreckend gewesen sein, weil sie einen Augenblick zu weinen aufhörte und sagte: »Ich muss verrückt sein – ich weiß selber nicht, warum ich hier bin.«
Es klang so verzweifelt und verloren, dass alles wieder in mir hochkam, der ganze Horror mit Julia brannte wie Feuer in mir und ich wollte nur noch trinken, trinken – das Einzige, was meinen Schmerz dämpfen konnte. Was Caro gesagt hatte,
wie
sie es gesagt hatte – ich fühlte mich ganz genauso. Und zwar immer.
Ich weiß auch nicht, warum ich hier bin, außer dass ich es nicht besser verdient habe … Ich weiß, es geschieht mir recht, aber ich bin so verloren ohne Julia. So einsam.
Das war vermutlich der Grund, warum ich am Ende mit zu Caro ging. Sie hat mich nicht direkt eingeladen, sondern nur gesagt: »Ich geh jetzt heim. Also wenn du willst, kannst du ja …«
Wir gingen schweigend zu ihr nach Hause. Früher hatte Caro ganz am anderen Ende der Stadt gewohnt, aber anscheinend ist sie umgezogen und wohnt jetzt nur zehn Blocks von unserer Highschool entfernt. Das warmir neu, aber ich hatte auch keinen Gedanken mehr an Caro verschwendet, seit ich mit Julia befreundet war – außer wenn mir hin und wieder Erinnerungen an die Mittelschule durch den Kopf schossen, aus der Zeit, als wir noch öfter zusammen waren, und da war Caro immer Beths getreuer Schatten gewesen, ihre willenlose kleine Marionette.
Ich hatte gedacht, dass sich daran nicht viel geändert hätte, aber das stimmt nicht. Caro ist jetzt anders. Irgendwie. Zum Beispiel dieses ganze … was immer es auch war … in der Schule.
Und dann, als wir bei ihr zu Hause waren, stellte sich heraus, dass sie auch Vegetarierin ist.
»Willst du was essen?«, fragte sie, als wir reinkamen. »Ich steh nicht auf Fleisch, aber meine Eltern schon, also wenn du ein Sandwich willst oder so.«
»Oh«, sagte ich. »Ich steh auch nicht … also ich esse auch kein Fleisch.«
»Käse?«
»Käse was?«, sagte ich und sie grinste, aber nur schwach.
»Ob du Käse isst.«
Ich nickte und wir machten uns überbackene Käsebrote und aßen sie vor dem Fernseher. Seltsamerweise war es nicht irgendwie peinlich oder komisch, diese ganze Käsebrotnummer (und die Tatsache, dass ich bei ihr zu Hause saß). Es war ungewohnt, aber okay. Und auf jeden Fall zehnmal besser, als in der Schule zu sitzen.
Ich war fast fertig mit meinem Brot, als Caro sichräusperte und sagte: »Weißt du, dass ich dich total beneide, weil du so groß bist?«
Ich brachte irgendwie ein Lächeln zustande, während ich mein Brot fertig aß und daran dachte, wie Caro, Beth und Anne Alice in der vierten Klasse »Wolkenkratzer« zu mir gesagt hatten. Aber Caro fuhr fort: »Nein, Amy, ehrlich, ich würde alles dafür geben.«
»Ja, klar, weil es auch so toll ist, in Jeans rumzulaufen, die höchstens bis zur Wade gehen. Oder bis zum Knie.«
»Aber du fällst doch total aus dem Rahmen, Amy. Schon als wir noch klein waren. Die Leute haben dich immer bewundert, weil du so groß bist, wie ein Model, und weil deine Haarfarbe so besonders ist und …«
»Ach ja? Das hab ich aber anders in Erinnerung. Zum Beispiel
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