Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
er lernt wieder gehen und alles, ich hatte also verdammtes Glück. Ich dürfte nicht so … Es ist nicht richtig, dass ich hier draußen sitze und mich verstecke. Ich müsste okay sein.«
»Ich hab nicht gesagt …«
»Musst du auch nicht. Es ist die Wahrheit.« Patrick schlang wieder die Arme um seine Beine. »Fehlt dir das auch so? Ich meine, sehnst du dich auch nach früher, nach dem Menschen, der du mal warst, bevor Julia gestorben ist?«
»Ich … nein.« Aber er hatte recht, es war so. Ich dachte immer, ich hätte ein schweres Leben, aber das hat nicht gestimmt. Wie gut es mir in Wahrheit ging, das begriff ich erst, als es zu spät war.
Patrick sah mich wieder an. Er schwieg, aber ich konnte alles in seinen Augen lesen. Sein Blick sagte mir ohne Worte, dass ich eine Lügnerin war. Laurie wäre hingerissen von ihm.
»Und selbst wenn, was würde das ändern?«, sagte ich scharf. »Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen.«
»Würdest du das wollen, wenn du es könntest? Die Zeit zurückdrehen und irgendwas dran drehen, dass Julia noch am Leben wäre …«
»Das … so kann man das nicht sehen. So was sollst du … darfst du nicht mal denken.« Ich stand zitternd da. »Ich denke jedenfalls nicht so.«
»Amy?«
Das war Dad. Ich blickte über die Schulter und sah ihn ein paar Meter entfernt auf dem erleuchteten Teil des Gehsteigs stehen. Er wirkte sehr besorgt.
Ich zwang mich zu einem Lächeln. Sein Gesicht entspannte sich ein bisschen und ich wusste, in einem hatte Patrick recht: Alle brauchten irgendwie das Gefühl, dass ich okay war.
»Du hast recht«, sagte Patrick, als ich wegging. Er redete leise, aber ich hörte ihn. »Es gibt kein Zurück. Auch wenn man es noch so gern hätte, das geht nicht.«
Ich gab keine Antwort und schaute nicht zurück. Ich ging zu Dad hinüber und folgte ihm zum Auto. Als ich einstieg, hantierte ich am Radio herum, damit ich etwas zu tun hatte. Damit ich mich fangen konnte. Patrick, das ist nichts, erzählte ich Dad, als er mich danach fragte, nur ein Typ aus meiner Klasse, der was über die Hausaufgaben wissen wollte. Dann fragte Dad, ob alles in Ordnung sei, und ich versicherte ihm: »Ja, mir geht’s gut. Ich bin nur noch nicht so weit, dass ich wieder ausgehen will.« Und als er noch mal nachhakte: »Ehrlich, Dad, ich würde es dir sagen, wenn was wäre, versprochen.«
Beim Wegfahren konnte ich Patrick im Seitenspiegel sehen. Er schaute mir nach. Er war nur ein Schatten, aber ich sah ihn.
114 Tage
Julia,
Du …
… Du hast es gewusst.
Es ist vier Uhr morgens und ich sitze im Badezimmer auf dem Boden. Ich habe eine Ewigkeit wach gelegen, weil mir alles, was Patrick gesagt hatte, im Kopf herumging, aber am Ende muss ich doch eingeschlafen sein und ich schreckte zitternd aus einem Traum auf, der keiner war, sondern die Erinnerung, wie deine aufgerissenen Augen in meine starrten ohne etwas zu sehen.
Es tut mir leid, was ich Dir angetan habe, und Du weißt das, ja? Musst es wissen. Aber Julia, Du hast …
Du wusstest es, stimmt’s?
Damals, an dem Abend, als Du nicht von der Party – von Kevin – wegwolltest, wusstest Du, was der andere Typ gemacht hat. Ich weiß jetzt auch, was Du mir im Krankenhaus wirklich sagen wolltest. Aber warum hast Du mich an dem Abend nicht gewarnt? Warum, Julia?
Nein.
Du hast nichts gewusst.
Wie denn auch? Du warst so auf Kevin fixiert, wolltest unbedingt mit ihm zusammen sein, aber Du hättest mich trotzdem nach Hause gefahren. Das hast Du gesagt. Duhast mir versprochen, dass Du mich fahren würdest. Und Du hast mir diesen Typen vom Hals geschafft. Kann ja sein, dass Du irgendwas gesehen hast, aber nicht genug, nicht so, dass Du dir sicher warst, denn sonst hättest Du was gesagt.
Du hast es nicht gewusst.
Stimmt’s?
Ich hasse Laurie für das hier. Ich will meine Erinnerung behalten, so wie sie war – wie ich aufgewacht bin und Du bei mir im Krankenhaus warst. Ich will nicht denken, dass da ein Schatten in Deinen Augen war. Dass Du etwas anderes meintest, als Du mich beim Auto zum Abschied umarmt und mir zugeflüstert hast, dass Du Angst um mich hattest. Ich will nicht daran denken, dass Du mir in Wahrheit sagen wolltest, dass es dir leidtut.
Aber Julia, ich kenne Dich und »leidtun« ist ein Wort, das Du nie über die Lippen gebracht hättest.
Ich will nicht mehr darüber nachdenken.
11
Ich habe es heute nicht mal in die Schule geschafft.
Na ja, hin schon, aber nicht für
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