Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
lange.
Ich war total erschöpft, als ich heute Morgen aufstand. Ich schlafe nicht so gut, nicht mehr, seit … seit Freitagabend, als ich angefangen habe, Julia zu schreiben.
Julia wusste nicht genau, was der Typ gemacht hat, da bin ich mir sicher, aber trotzdem … der Gedanke hat sich in meinem Kopf eingenistet und jetzt geht er nicht mehr weg.
In der Schule hab ich vergessen, den Umweg zu meinem Schließfach zu nehmen, sodass ich plötzlich an ihrem vorbeikam. Ich wollte nicht hinsehen, aber irgendwas zwang mich dazu. Es ist so schrecklich, was sie daraus gemacht haben.
Mel ging vorbei, als ich gerade mein Schließfach öffnete. Ich wollte so tun, als hätte ich ihn nicht gesehen, aber er ging langsamer und sagte: »Hi, Amy.« Er war mit Patrick zusammen, der (wie üblich) auf den Boden starrte. Als ich zu ihnen hinüberschaute, winkte Mel, dann stieß er Patrick an, der kurz von seiner Bodeninspektion aufblickte, um mir in die Augen zu sehen.
Als ich ihn anschaute, fiel mir alles wieder ein, was ervor dem Kino gesagt hatte. Und was mir hinterher klar geworden war. Mein Herz hämmerte los. Mein Schließfach sah aus, als sei es weit weg, obwohl ich eine Hand darauf liegen hatte, und ich wusste, dass ich sofort die Schule verlassen musste. Ich musste weg hier, egal wohin, und einfach … mein Gehirn abschalten oder so. Vielleicht nach Hause gehen, mich ins Bett legen und mir die Decke über den Kopf ziehen.
Ja, genau – ich würde nach Hause gehen, ein bisschen Geld auftreiben, dann weggehen und mir was zu trinken kaufen. Ich kannte alle Läden, in denen Julia Alkohol für mich besorgt hatte. Das konnte ich auch selber. Schließlich war ich doch selber schuld, dass jetzt alles so verfahren, so aussichtslos war.
Ich schloss mein Schließfach, knallte es mit der Faust zu und ging den Flur entlang in Richtung Ausgang. Dort stand Giggles, mit verkniffenem Mund und sauer wie Essig, und nickte zu dem, was einer der Lehrer ihr sagte, während sie jeden anfunkelte, der sich in die Nähe der Tür wagte. Ich machte kehrt und versteckte mich im Klo, in der Hoffnung, dass Giggles davonwatscheln würde, sobald die Glocke läutete. Und nach dem Läuten konnte ich abhauen.
Nach dem Läuten
musste
ich abhauen.
Auf dem Weg zur Toilette kam ich wieder an Mel vorbei. Er sagte etwas zu mir. Ich nickte, als hätte ich ihn gehört, was aber nicht der Fall war. Ich wollte nur noch eins hören: das Klingeln.
Die Toilette war leer. Giggles musste schon vorherdurchgegangen sein und alle rausgescheucht haben. Ich hämmerte mit der geballten Faust gegen den Papierhalter und hoffte, dass es bald läuten würde. Dann krachte die Tür auf und Caro kam herein. Sie gab sich die größte Mühe, ein gelangweiltes Gesicht aufzusetzen, dabei war sie total aufgelöst, das konnte ein Blinder sehen.
»Mel hat mich gebeten, hier reinzukommen und nach dir zu sehen«, sagte sie.
Ich ignorierte sie.
»Okay, dann geh ich wieder. Er wird sowieso gleich hier reinkommen, wie ich ihn kenne. Aber glaub ja nicht, du kannst ihn rumkriegen, wenn du ihm ein schlechtes Gewissen machst. Ich meine, das war doch der einzige Grund, warum du ihn geschnitten hast, als er sich bei dir entschuldigen wollte. Aber das nützt dir nichts – er wollte nur nett zu dir sein, so ist Mel eben. Alle anderen wissen genau, wer – und was – du bist.«
Ich schaute sie an. Komisch, so wie Caro redete, hätte sie wütend aussehen müssen. Aber das war nicht der Fall. Sie sah kein bisschen sauer aus. Stattdessen stand ihr die Angst ins Gesicht geschrieben.
Sie schaute sich um, als könnte Beth in jeder Ecke lauern und über sie herfallen, nur weil sie etwas gesagt hatte, das nicht abgesprochen und genehmigt war. Dumm. Einfach dumm. Und Caro war auch dumm. Sie traute sich nicht mal, wütend zu sein, ohne Beths Erlaubnis.
Ich ging zu ihr hinüber und wieder schaute sie sich um. Wie ein dummes, verstörtes Schaf. »Er will doch garnichts von mir, du blöde Kuh. Er steht auf dich, und wenn du mal fünf Sekunden lang deinen Verstand gebrauchen würdest, statt Beth in den Arsch zu kriechen, dann hättest du das längst gemerkt und ihr könntet euch den ganzen Hickhack sparen und gleich zur Sache kommen. Ihr seid doch nicht in einer bescheuerten Liebeskomödie oder so!«
Ich konnte selber kaum glauben, was ich da sagte. Das hatte ich mich noch nie getraut. Nicht wie Julia, die kein Blatt vor den Mund nahm, etwas, worum ich sie glühend beneidet hatte. Komischerweise
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