Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
Tisch holst!
Was waren das für Zeiten, als sie nichts von mir erwartet oder gewollt haben – bis zu jener Nacht, als sie mich mit Glassplittern im Haar sahen und der Notarzt ihnen erklärte, was das zu bedeuten hatte und dass ich gesehen habe, wie meine beste Freundin gestorben ist. Und welche Wohltat, Deine Mutter nach Dir schreien zu hören, obwohl Du ihr nie mehr antworten würdest, sie schreien zu hören, bevor sie sich mit hasserfüllten Augen zu mir umdrehte. Und wie gut ich dran war, dass ich im Haus meiner Eltern herumgeistern konnte, ohne dass sie mich jemals wirklich wahrnahmen, bis zu dem Moment, als die Zeitungen ein Foto brachten, das Kevin aufgenommen hatte, ein Foto von mir, wie ich mit verquollenen Augen an einem Baum lehne, eine Flasche an die Lippen gedrückt, während Du neben mir stehst, strahlend und wunderschön, und in die Kamera lächelst. (Eine Stunde später hätte Dich das Foto mit stecknadelkopfgroßenPupillen gezeigt, Deine Stirn glühend heiß, und vor Dich hinlallend, dass Kevin dir versichert habe, es sei guter Shit, bevor du alles vollgekotzt hast.)
Zu spät, zu spät, Saft einschenken macht noch keinen guten Menschen und ich habe Dich getötet.
Danach musste ich einfach aus dem Haus. Als sie mich fragten, wo ich hinwollte, sagte ich es ihnen, ohne sie anzuschauen. Ich wollte ihr Lächeln nicht sehen, die Erleichterung in ihren Augen. Ich lehnte ihr Angebot ab, mich hinzufahren. Aber ich nahm die zwanzig Dollar an, die Dad mir geben wollte.
Du weißt schon, worauf das hinausläuft, oder? Du weißt, dass ich mich wahrscheinlich auch mit Caro getroffen hätte, wenn es keine Muffins und dankbare Blicke gegeben hätte, als ich den Saft eingeschenkt habe.
Weil Du weißt, dass ich genauso gewesen wäre wie sie, wenn Du nie in unsere Stadt gekommen wärst.
Ich will kein Verständnis für sie haben. Ich will ihre Gefühle nicht verstehen. Aber ich tu’s.
18
Als ich ins Blue Moon kam, war es noch zu früh, um Schüler dort anzutreffen, aber Corn Syrup saß ganze vorne allein an einem Fenstertisch und tat so, als wäre sie in ein Buch vertieft. Ich erkannte es daran, dass ihre Augen, als sie mich kommen sah, ganz groß wurden und dass sie schnell wieder in ihr Buch schaute und dann erst zu mir zurück. Sie winkte mir zu, so ein halbherziges Winken, wie man es manchmal macht, wenn man Angst hat, dass der andere nicht zurückgrüßt.
Ich winkte nicht zurück, aber ich ging hinein. Obwohl ich natürlich wusste, wie der Hase lief. Caro hatte nichts dagegen, mit mir zu frühstücken, solange sie wusste, dass niemand aus der Schule im Blue Moon auftauchen und uns sehen würde. Und es war okay, dass wir über Englisch redeten und uns überlegten, wie wir unser zehnminütiges Referat aufbauen sollten. Auch über ihre Eltern und Geschwister konnte sie mit mir reden und irgendwie rutschte mir sogar eine Bemerkung über Mom und Dad heraus, über die Schoko-Muffins am Morgen und ihre dankbaren Blicke, als ich ihnen Saft einschenkte.
»Das muss ganz schön komisch sein«, sagte Caro.
Ich schob ein Stück Pfannkuchen auf meinem Teller herum. »Wieso? Wie meinst du das?«
»Na ja, dass sie plötzlich so um dich herumglucken. Deine Eltern waren doch früher immer nur mit sich selber beschäftigt.«
»Sind sie immer noch.«
»Ehrlich?«
»Ja.«
»Wow. Ich weiß noch, wie sie immer gesagt haben ›Ja, geht nur raus und spielt schön!‹, wenn ich bei dir zu Hause war. Und sie haben uns auch wirklich in Ruhe gelassen und nicht alle paar Sekunden nachgeschaut, so wie meine Mom. Oder weißt du noch, wie wir mal aufs Dach klettern wollten? An dem Tag bin ich reingegangen, um mir was zu trinken zu holen, und da hab ich sie gesehen, wie sie im Wohnzimmer herumgeknutscht haben.« Caro räusperte sich. »Mom hat immer gesagt, dass du ihr durch die ganze Küche gefolgt bist, wenn sie Abendessen gemacht hat. Und sie fand es so toll, dass du sie gefragt hast, ob du ihr helfen kannst, und dann hast du auch geholfen. Sie sagte immer …«
»Was?« Ich hatte meinen Pfannkuchen zu Brei zerhackt und meine Gabel klirrte über den Teller.
Caro biss sich auf die Lippe. »Naja, sie meinte, du hast immer so einsam ausgesehen.«
»Oh.« Ich ließ meine Gabel fallen und stieß den Teller von mir. Dann legte ich meine Hände in den Schoß, die Handflächen nach oben, und drückte gegen meine Knie.
»Tut mir leid, Amy, ich wollte nicht … Meine Mom ist verrückt, ehrlich … Weißt du, was sie
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