Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
des Mississippi in Huckleberry Finn zu interpretieren.«
»Hab ich nicht. Ehrenwort. Aber Patrick hat sich doch wahnsinnig in die Multimedia-Präsentation reingekniet und ich finde, wir können jetzt nicht verlangen, dass er das alles noch mal ändert …«
»Ich kann schon noch andere Sachen einfügen«, bot Patrick an, ohne sich vom Fenster wegzudrehen. »Ihr müsst mir nur sagen, was ihr wollt.«
Mel und Caro verstummten ungefähr dreißig Sekunden, dann schlenderten sie wieder davon, Seite an Seite, so eng, dass ihre Hände sich fast berührten. Ich konnte praktisch die Funken zwischen ihnen sprühen sehen. Irgendwie süß, obwohl es mir fast den Magen umdrehte, und ich fragte mich wieder mal, warum Mel sich mit Beth eingelassen hatte, wenn er doch Caro viel lieber mochte.
»Sie hat ihm weisgemacht, dass Caro ihn nicht ausstehen kann.«
Ich schaute zu Patrick hinüber und diesmal sah er mich an.
»Beth, meine ich«, fügte er hinzu.
Ich lachte, weil das typisch Beth war. Ein richtiger Beth-Klassiker. Genau dasselbe hatte sie in der fünften Klasse mit mir und Gus DePrio gemacht, den sie unbedingt haben wollte, sobald sie merkte, dass er Interesse an mir zeigte. Wie bescheuert sind die Typen eigentlich, dass sie immer noch auf denselben Schrott reinfallen wie mit zehn?
Patricks Mundwinkel zuckten und dann lächelte er. Ein richtiges Lächeln, und mir war plötzlich, als müsste ich wegschauen, aber ich konnte nicht.
»Amy«, sagte er, und Patricks Stimme ist – irgendwie anders. Tief, so ein dunkles Timbre, aber nicht laut. Im Gegenteil, er redet so leise, als ob alles ein Geheimnis wäre. Als ob man als Einziger hören sollte, was er sagt. »Ich wollte dir noch was sagen, wegen der Sache mit Julias Schließfach – ich meine, weil ich abgehauen bin, als die Glocke geläutet hat.« Er schaute weg, starrte wieder aus dem Fenster. »Das hätte ich nicht tun dürfen. Aber ich … meine Eltern … meine Mutter … Sie hat schon genug am Hals. Das soll jetzt nicht … ich hätte trotzdem dableiben müssen und es tut mir leid, dass ich es nicht getan habe.«
Ich zuckte die Schultern und starrte auf den Tisch. Es war ein komisches Gefühl, meinen Namen aus Patricks Mund zu hören. Auch dass er Julias Name sagte, war komisch. Und dass er so mit mir redete.
»Geht’s dir jetzt besser, nachdem du alles runtergerissen hast, was die Leute ihr sagen wollten?«
»Was?« Ich schaute ihn an. Er hatte sich vom Fenster weggedreht und sah mich an.
»Ich hab nicht … ich meine, so war das nicht. Das war doch alles nicht echt, was da stand. Nur irgendwelches Zeug, das sie aufgeschnappt haben oder das sie von ihren Freunden gehört haben.«
Sobald ich es aussprach, merkte ich, wie dumm es klang. Wie falsch. Es gab viele an der Schule, die Juliakannten und ehrlich vermissten. Darüber hatte ich bisher gar nicht nachgedacht. Vielleicht, weil ich es nicht gewollt hatte. Ich spürte, wie mein Gesicht heiß wurde.
»Ich hab’s für sie getan.«
Patrick schwieg einen Augenblick. »Kannst du jetzt wenigstens wieder an ihrem Schließfach vorbeigehen?«, sagte er schließlich.
»Ach, sei still«, fauchte ich ihn an und meine Stimme klang brüchig und heiser. Dann stand ich auf, packte meine Sachen, verließ die Bibliothek und ging über den Campus nach Hause. Als ich zur Tür hereinkam, lächelte ich meine Eltern an und sagte, dass es toll gewesen sei.
Ich bin nicht an Julias Schließfach vorbeigegangen, seit ich es in Ordnung gebracht habe. Ich dachte, ich könnte es, aber es geht nicht. Ich kann nicht. Ich … ich glaube nicht, dass ich es für sie gemacht habe. Ich glaube, es war für mich. Aber ich hab mich hinterher nicht besser gefühlt. Es wurde dadurch nicht leichter, Julias Tod zu ertragen.
144 Tage
Julia,
Laurie ist wieder da. Ich war am Nachmittag bei ihr. Ich wollte nichts über ihren Dad sagen, aber sie sah so müde und traurig aus und sie hat mir … naja, sie hat mir echt leidgetan.
Ich sagte: »Hoffentlich ist Ihr Vater wieder okay«, als ich mich hinsetzte, und Laurie antwortete: »Ja, es geht ihm viel besser, danke.« Als ich zu ihr aufschaute, sah sie mir ruhig in die Augen, und ich begriff, dass ihr Vater vielleicht nicht mehr lange leben würde, auch wenn es ihm vorübergehend besser ging, und bevor ich wusste, wie mir geschah, hatte ich ihr alles über den Tag erzählt, als ich auf dem Friedhof war. Sogar die Begegnung mit Deiner Mom.
»Das hört sich ja sehr
Weitere Kostenlose Bücher