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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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»Scott Landon und der amerikanische Mythos« war äußerst beliebt und äußerst gut besucht. Außerdem hatte er dieses Jahr vier Doktoranden, die über Scott Landon promo vierten, weshalb es wohl unvermeidbar war, dass der Inkunk-Krieger in den Vordergrund trat, als Lisey so vage Ausdrücke wie eher früher als später und fast bestimmt irgendwann diesen Sommer benutzte. Erst als sie ihm versicherte, sie wer de ihn anrufen, »wenn der Staub sich gesetzt« habe, geriet Woodbody jedoch wirklich aus der Fassung.
    Er sagte, die Tatsache, dass sie das Bett eines großen amerikanischen Schriftstellers geteilt habe, qualifiziere sie nicht dafür, als seine literarische Nachlassverwalterin zu fungieren. Das, sagte er, sei eine Aufgabe für einen Fachmann, und seines Wissens besitze Mrs. Landon nicht einmal einen College-Abschluss. Er erinnerte sie an die Jahre, die seit Scott Landons Tod bereits verstrichen waren, und die ständig zunehmenden Gerüchte. Angeblich gab es haufenweise unveröffentlichte Arbeiten Landons – Kurzgeschichten, sogar Romane. Konnte sie ihn nicht wenigstens für kurze Zeit in sein Arbeitszimmer lassen? Ihn ein bisschen in den Karteikästen und Schreibtischschubladen nachforschen lassen, und wäre es auch nur, um die wildesten Gerüchte zu widerlegen? Natürlich könne sie die ganze Zeit dabeibleiben – das verstehe sich von selbst.
    »Nein«, hatte sie gesagt und Professor Woodbody die Tür gewiesen. »Ich bin noch nicht so weit.« Sie hatte die Tiefschlä ge des Mannes ignoriert – oder es zumindest versucht –, weil er offenbar doch so verrückt war wie alle anderen. Das hatte er nur geschickter und etwas länger getarnt. »Und wenn ich’s bin, werde ich mir alles ansehen wollen, nicht nur die Manu skripte.«
    »Aber …«
    Sie hatte ernst genickt. »Alles beim Alten.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie damit meinen.«
    Natürlich tat er das nicht. Das hatte zur vertraulichen Spra che ihrer Ehe gehört. Wie oft war Scott hereingeschneit und hatte gerufen: »He, Lisey, ich bin wieder da – alles beim Alten?« Womit er gemeint hatte: Ist alles in Ordnung, ist alles cool? Aber wie die meisten Schlagworte (Scott hatte ihr das einmal erklärt, aber Lisey hatte es bereits gewusst) hatte auch dieses eine innere Bedeutung. Ein Mann wie Woodbody konnte die innere Bedeutung von alles beim Alten nie erfas sen. Lisey hätte sie ihm den ganzen Tag lang erklären können, und er hätte sie trotzdem nicht verstanden. Weshalb? Weil er ein Inkunk war, und wenn es um Scott Landon ging, interes sierte die Inkunks nur eines.
    »Spielt keine Rolle«, hatte sie an jenem Tag vor fünf Mo naten zu Professor Woodbody gesagt. »Scott hätte es ver standen.«
    Hätte Amanda sie gefragt, wo die Dinge aus Scotts »Sammlerecke« eingelagert seien – die Preise und Plaketten und solches Zeug –, hätte Lisey gelogen (was sie für jeman den, der das selten tat, leidlich gut konnte) und gesagt: »In einem Schließfach in Mechanic Falls.« Amanda fragte jedoch nicht. Sie blätterte nur immer demonstrativer in ihrem klei nen Notizbuch und versuchte offenbar, ihre jüngere Schwes ter dazu zu bringen, das Thema mit der geeigneten Frage anzuschneiden, aber auch Lisey fragte nicht. Sie dachte lediglich, wie leer diese Ecke jetzt doch war, wie leer und un interessant, seit so viele von Scotts Erinnerungsstücken ver schwunden waren. Entweder vernichtet (wie der Computer monitor) oder zu schlimm zerkratzt und verbeult, um gezeigt zu werden; eine solche Ausstellung hätte mehr Fragen aufge worfen, als sie je hätte beantworten können.
    Schließlich gab Amanda nach und schlug ihr Notizbuch auf. »Sieh dir das an«, sagte sie. »Sieh’s dir einfach an.«
    Manda hielt ihr die erste Seite hin. Auf den blauen Linien, von den kleinen Metallbügeln links bis zum äußersten Blatt rand rechts (wie eine codierte Nachricht von einem dieser auf den Straßen herumlaufenden Verrückten, denen man in New York ständig begegnet, weil für die öffentlich finanzierten Irren anstalten nicht mehr genug Geld da ist, dachte Lisey matt), standen dicht gedrängt Zahlen. Die meisten waren umkrin gelt. Ganz wenige waren von Quadraten umgeben. Manda blätterte um, und nun waren zwei mit demselben Zeug voll gekritzelte Seiten zu sehen. Auf der nächsten Seite hörten die Zahlen in der Mitte auf. Die letzte schien 856 zu sein.
    Amanda bedachte sie mit dem schrägen, rotwangigen, leicht lächerlichen hochmütigen Ausdruck, der früher, als sie zwölf und die

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