Loved by an Angel
sie los. Einen Moment lang wünschte sie sich, Gregory würde zu Hause bleiben.
»Ich weiß, was du in Wirklichkeit vorhast«, zog er sie auf. »Sobald wir verschwunden sind, rufst du alle möglichen Leute an und schmeißt eine Riesenparty.«
»Genau«, bestätigte Ivy und warf eine Packung Servietten auf das Knabberzeug. »Du hast mich durchschaut!«
»Hast du darüber nachgedacht, Will anzurufen?« Gregory lächelte noch immer, aber er meinte es ernst.
»Nein«, erwiderte sie mit Nachdruck.
»Magst du ihn etwa nicht?«, fragte er. »Doch nicht wegen dieser Engelzeichnungen ...?«
»Nein, damit hat es nichts zu tun.« Ivy prüfte die Packungen mit Papptellern und -bechern. Sie stammten von Tis the Season und waren mit Thanksgiving-Truthähnen und Valentinsherzen bedruckt. »Ich find ihn schon ganz nett. Ich fühl mich nur irgendwie unwohl in seiner Anwesenheit. Ich kann nicht genau sagen, warum. Aber wenn ich ihn anschaue, dann ist da was in seinen Augen ...«
Gregory lachte lauthals los. »Liebe? Oder wild gewordene Hormone?«
»Genau«, meinte Ivy ironisch. »Das wird es sein.«
»Vermutlich.« Er legte ihr die Hände auf die Schultern und hielt sie fest. »Irgendwann wirst du merken, dass Typen ein Auge auf dich werfen, bei denen du es nicht mal vermutest ... alle mit einem gewissen Etwas im Blick.«
Ivy sah auf ihre Füße.
Er lachte wieder und nahm die Hände von ihren Schultern.
»Sei nett zu Will«, sagte er. »Er hat auch einiges hinter sich.«
Bevor sich Ivy nach Einzelheiten erkundigen konnte, kamen Maggie und Philip in die Küche. Philip trug die Yankees-Mütze und das T-Shirt, die ihm Gregory vor Kurzem bei dem Spiel gekauft hatte.
Allmählich wurde Philip mit Gregory warm und Gregory schien sich darüber zu freuen. Philips Engelsprüche gingen ihm immer noch auf die Nerven, aber das lag vielleicht daran, dass sie Ivy zusetzten.
Philip boxte Ivy leicht in die Seite. In letzter Zeit nahm ihr kleiner Bruder sie nicht mehr in den Arm, wenn andere in der Nähe waren. Maggie, die halsabwärts für die Landpartie ausstaffiert und halsaufwärts für einen Fototermin zurechtgemacht war, drückte Ivy an sich und gab ihr einen Kuss.
Gregory und Philip rieben sich sofort an derselben Stelle übers Gesicht. Ivy grinste ihnen zu, wischte sich aber den frischen roten Lippenabdruck auf ihrer Wange nicht ab.
»Das sieht mal wieder ganz nach meiner Tochter aus«, meinte Maggie. »Hat alles für uns zusammengepackt. Ich hab dich wirklich zu einer besseren Mutter erzogen, als ich selbst eine bin.«
Ivy lachte.
Gregory trug die Kühlbox hinaus, die anderen folgten mit Tüten und Koffern und luden sie in Maggies Wagen. Gregory wollte mit seinem Auto fahren, Andrew, den eine Sitzung am späten Nachmittag aufhielt, würde zum See nachkommen.
Das Zuschlägen von Türen und laute Musik waren zu hören. Philip, der mit Gregory fahren wollte, spielte an der Anlage herum. Schließlich fuhren beide Autos davon, während Ivy zurückblieb und die Stille genoss. Der Nachmittag war warm und ruhig, nur die Wipfel der Bäume raschelten trocken.
Seit Tristans Tod war es für Ivy einer der wenigen wirklich friedlichen Momente.
Sie ging ins Haus und schnappte sich ein Buch, das Beth ihr ausgeliehen hatte - also garantiert die totale Liebesschnulze. Weil sie sich nicht traute, bei Ivy vorbeizuschauen oder mit ihr zu telefonieren, hatte Beth es, zusammen mit einer Entschuldigung, durch Suzanne geschickt. Ivy hatte Beth gleich darauf angerufen und ihr gesagt, dass sie ihr nicht mehr böse war.
Trotzdem wusste Ivy immer noch nicht, was sie davon halten sollte. Es passte so überhaupt nicht zu Beth, Computernachrichten von »Tristan« zu schreiben. Normalerweise verhielt sich Beth anderen gegenüber zartfühlend. Aber das hatte Ivy ja auch von Will gedacht, und was hatte er getan: Tristan Flügel verpasst!
Obwohl es ihr wehtat, daran zu denken, musste Ivy lächeln. Was hätte Tristan wohl dazu gesagt, dass Will ihn in einen Engel verwandelte?
Sie las über anderthalb Stunden im Baumhaus, von Zeit zu Zeit spähte sie durch die Zweige zu dem weit entfernten glitzernden Streifen des Flusses. Schließlich stopfte sie das Buch in den Hosenbund ihrer Jeans und rutschte das Seil hinunter.
Da sie Lust hatte, spazieren zu gehen, lief Ivy ums Haus und die gewundene Auffahrt hinunter. Sie lief zügig und behielt auch, als sie den Hügel wieder hinaufstieg, ihr Tempo bei, sodass sie verschwitzt und in Hochstimmung oben
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