Lovers (German Edition)
mich auch ganz neu. Ich glaube, ich habe immer gedacht, das könnte ich. Also, meine Gefühle einfach unterdrücken. Und das habe ich auch ziemlich lange gemacht. Aber seit ich hier bin, eigentlich, seit die Sache mit Audrey begann, habe ich festgestellt, dass ich das nicht mehr schaffe. Aber vielleicht ist das gut für mich. Vielleicht brauche ich das, um irgendwas zu spüren, selbst wenn es nicht so gut für mich ist.”
“Dann sind diese Erfahrungen vielleicht doch etwas wert, egal was passiert.”
“Ja, ich glaube, du hast recht. Vermutlich hat meine Therapeutin Terry genau darauf abgezielt, als sie mich hergeschickt hat. Ich sollte nicht eine schlimme Zeit durchleiden, sondern einfach … Erfahrungen machen. Irgendwelche. Denn ich bin überzeugt, wenn wir mit Menschen zusammen sind, kann nicht alles gut sein. Aber so ist das Leben nun mal. Und ich muss langsam mal lernen, wie ich damit umgehen kann.”
Viv lächelt mich an und nickt zustimmend. In diesem Moment kommt Patrice herein und stellt die große Holzschüssel mit Salat auf den Tisch. “Was soll denn das Geplapper hier? Wir haben eine hungrige Truppe zu füttern. Die Steaks sind in ein paar Minuten fertig.”
Viviane grinst sie an. “Ja, Ma’am.”
“Viviane, ich könnte deine Hilfe bei den Kartoffeln brauchen. Du schaffst es immer, ihnen eine persönliche Note zu verleihen.”
“Wir können später noch reden”, bedeutet Viviane mir, und ich nicke lächelnd.
Es fühlt sich einfach gut an, mit ihr zu reden, auch wenn ich nicht das Gefühl habe, vorangekommen zu sein. Ich freue mich ebenso, dass Jack jetzt durch die Tür ins Esszimmer kommt. Er hat den Arm voll mit Salatsaucen in Flaschen. Und als ich mich an den Tisch setze, freue ich mich auch, weil er sich neben mich setzt. Mein Körper glüht, meine Wangen sind heiß. Ich hoffe, die anderen werden das einfach für einen hübschen Sonnenbrand halten.
Alle finden ihren Platz am großen Tisch, und wir genießen das lange, gemütliche Mahl, das gekrönt wird vom neusten Klatsch aus der Verlagsbranche.
Während des Essens drückt Jack seinen Unterschenkel gegen meinen, und ich weiß nicht, ob er das absichtlich macht. Er redet angeregt mit den anderen, streitet mit Leo über die Psychologie einer Figur in einem Horrorcomic und verfüttert kleine Leckerbissen an Sid, der es sich hinter Jacks Stuhl bequem gemacht hat. Und wenn ich zu ihm herübersehe, lächelt er. Aber er lächelt alle an, oder? Das hilft mir nicht weiter.
Viel essen kann ich nicht. Mein Puls rast, mein Magen hat sich zu einem Knoten geballt. Mein Schoß ist feucht. Es ist unerträglich. Aber zugleich ist es irgendwie angenehm. Aufregend.
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal wegen einem Mann solche Schmetterlinge im Bauch hatte.
Als Nachtisch gibt es heute Eiscreme mit einer Sauce aus frischen Himbeeren, aber ich kann meins kaum anrühren.
“Du isst ja deine Eiscreme gar nicht”, sagt Jack.
“Ich kann nicht”, erkläre ich ihm. “Ich bin satt.”
“Darf ich dann deins haben?”
“Nein, natürlich nicht.”
Ich schiebe ihm die Schüssel rüber, und er grinst mich an.
Gott, seine Zähne sind wunderschön. Einfach perfekt. Und in seinen Augen tanzt das Licht der Stumpenkerzen, die Viviane immer in die Mitte des großen Tischs stellt. Ich sitze links von ihm, deshalb kann ich auch sein Grübchen sehen und das Tattoo, das sich um den Bizeps seines linken Oberarms spannt. Ich will mit den Fingern über die Tinte fahren und voller mädchenhafter Bewunderung einfach nur seufzen. Aber das mache ich nicht.
Stattdessen sehe ich zu, wie er die Eiscreme löffelt. Er schiebt die Löffel zwischen seine vollen Lippen, leckt die Himbeersauce von der Rückseite des Löffels. Seine Zunge schnellt vor, rosig und feucht. Ich muss ein Stöhnen zurückhalten.
“Wir sollten heute Abend mal was Besonderes machen!”, verkündet Viviane.
“Was hast du dir überlegt?”, fragt Kenneth. Er löffelt auch schon die zweite Schüssel Eis.
“Wir sollten unsere Cadavre-Exquis-Nacht feiern.”
“Au ja, das machen wir!”, stimmt Patrice mit mehr Begeisterung zu, als sie sonst für irgendwas aufbringt.
Leo nickt. “Klingt super. Müssen wir machen.”
“Sind alle dabei?” Fragend hebt Viviane die Brauen, und Kenneth, Jack und ich nicken.
Obwohl ich eigentlich nur daran denken kann, schleunigst zurück in mein Cottage zu kommen und dort mit meinem Vibrator allein zu sein. Oder mit Jack. Aber ich bin klug genug,
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