Loving
man für die Dramaturgie eines Filmes Zugeständnisse machen, aber meist werden alle Zwischentöne und interessanten Nebenfiguren geopfert und übrig bleibt billiger Kitsch. Ich sehe mir die Hülle an. Es ist die neueste Verfilmung.
»Ja, danke«, sage ich höflich und stecke die DVD ein, obwohl ich nicht vorhabe, sie mir anzusehen.
Luca öffnet eine der Blogseiten. »Ich habe es so gemacht, wie du vorgeschlagen hast. Eine Seite für Darcy und eine für Elisabeth. So wollte es ja auch Frau Bolder, ich meine, die männliche und die weibliche Sicht. Wen willst du nehmen?«
»Darcy. Du meintest doch, das ist interessanter.«
»Okay.«
Jetzt ist wohl der Zeitpunkt, zu zeigen, was ich alles gemacht habe. Ich öffne die Datei mit meinen Notizen.
»Ich habe schon ein paar Sachen zu Jane Austen geschrieben. Das könnte ich in die Biografie-Seite übertragen. Hast du das Buch jetzt gelesen?«
»Yep!« Luca lehnt sich zurück und verschränkt die Arme hinter seinem Kopf. Er ist sehr zufrieden mit sich. Und er hat wirklich viel gemacht. Offen gestanden viel mehr als ich. Aber das will ich nicht unbedingt zugeben. »Ich habe noch ein paar Literaturlinks gefunden. Wollen wir die einbauen?«
»Okay.«
Luca beugt sich vor und legt wie zufällig seine Hand auf meine Schulter. Und als er sich weiter vorbeugt, gleitet seine Hand auf meinen Nacken und bleibt dort liegen. Ich bin so überrascht, dass ich einfach still halte. Seine Hand ist warm und angenehm. Seine Haut scheint in meine zu sinken. Ein kleiner Schauer läuft durch meinen Körper. Ich kann nicht verstehen, wieso eine winzige Berührung so viel in mir auslöst? Ich bewege mich nicht, dafür herrscht in meinem Körper eine Revolution. Lass es zu, gib dich hin!
Ich weiß, dass Luca das auch spürt, auch er hält die Luft an und atmet dann schwer aus. Da ich mich nicht bewege, ihn weder stoppe noch etwas sage, beginnt Luca meinen Nacken mit winzigen Bewegungen zu streicheln, sanfte Berührungen, die kleine Hitzewellen durch meinen Körper jagen. Seine Finger gleiten einen Millimeter unter den Rand meines T-Shirts und ich weiß, was er damit andeutet. Ich will etwas sagen, doch stattdessen seufze ich zu meinem eigenen Entsetzen, und Luca beginnt meinen Nacken sanft zu küssen. Seine Lippen sind kühl und zärtlich. Er küsst meinen Haaransatz, den Nacken, die Mulde zwischen Hals und Schulter und ich drehe den Kopf zu ihm, damit sein Mund meinem finden kann.
»Luca?!« Die Tür wird aufgerissen und Hannah lehnt sich weit ins Zimmer. »Es gibt Essen!«
Ich beuge mich etwas weiter vor und weg von Luca, der sich etwas zurück lehnt, doch natürlich ist klar, dass Hannah genau gesehen hat, was abgeht.
»Kommt ihr?«, fragt sie und ich höre den amüsierten Unterton.
»Ja, gleich«, sagt Luca und Hannah zieht die Tür geräuschvoll wieder zu.
Luca räuspert sich und ich will aufstehen, aber er berührt mich kurz an der Schulter und ich sinke zurück. Meine Beine sind sowieso aus Gummi.
»Hey?«
Ich drehe mich zu ihm. Seine Augen sind groß und dunkel, ein Blick, den ich noch nie bei ihm gesehen habe. Verletzlich und offen. Ich weiß, dass ich den Blick erwidere. Ich kann gar nicht anders, ich löse mich auf.
»Ella?«
Ich nicke, doch statt zu sprechen, küsst er mich, so sanft wie er meinen Nacken geküsst hat. Auf die Mundwinkel, die Oberlippe, den Mund. Melanie hat recht, Küssen kann er wirklich. Melanie. Ich sage mir ihren Namen mit Absicht, ich wiederhole ihn in Gedanken, aber irgendwie hat er seine Bedeutung verloren. Da ich Lucas Küsse nicht erwidere, hält er inne und sieht mich an. Unsicher, fragend. Doch bevor ich noch entschieden habe, was ich sagen oder tun könnte, neigt sich mein Mund vor und küsst Luca genauso tastend und fragend, wie er mich geküsst hat. Unsere Lippen sprechen miteinander, schließen einen Pakt und besiegeln es.
»Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt«, sagt Luca leise und so erstaunt, als könnte er sich selber nicht glauben. Und mir geht es genauso, denn meine schwärmerischen Gedanken an ihn waren eine Sache, aber dies ist etwas anderes. Erwachsen. Magisch. Unausweichlich.
Es klopft. »Kommt ihr?«, fragt Luzy zaghaft durch die geschlossene Tür.
Luca steht auf und reicht mir die Hand. Sehr gentleman-like. Er lächelt. »Hast du Lust, mit uns zu essen?«
Ich sitze auf meinem Bett, die Beine unter meiner Decke, den Laptop auf meinen Knien.
»Bist du krank?«, fragt meine Mutter, die kurz bei mir herein schaut.
»Ich
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