Loving

drinnen.
    Luca holt sein Telefon aus der Tasche und schaut auf das Display.
    »Gehst du?« Meine Stimme zittert, weil ich langsam komplett durchgefroren bin.
    Luca schüttelt den Kopf, lehnt sich an die mit Graffiti besprayte Wand und stellt seine Krücken neben sich.
    »Willst du meine Jacke haben?«
    Ich zucke mit den Achseln, obwohl ich vor Kälte schlottere. Er balanciert auf seinem Bein, zieht sich seine gefütterte Wolljacke aus und reicht sie mir. Ich versinke darin, in Lucas Geruch, seiner Wärme.
    »Danke.«
    Er legt den Kopf schief und reicht mir eine Hand, als wolle er mich zum Tanz auffordern. Ich zögere, ihn zu berühren, aber wie immer bei Luca, entscheidet mein Körper in diesen Momenten. Als meine Hand seine berührt, bin ich trotzdem überrascht, dass es wieder passiert, wir auf irgendeine magische Art und Weise ineinander übergehen.
    »Was würde Darcy jetzt wohl tun?«, sagt Luca und blinzelt.
    Einen Antrag machen? Um meine Hand bitten? Aber die hat er ja schon. Und ich weiß nicht, ob er mich oder sich meint.
    »Ich weiß nicht.«
    Ich mache einen Schritt auf Luca zu, er zieht mich an sich und schiebt eine Hand unter die Jacke. Seine Hand liegt auf meiner Taille. Durch die dünnen Stoffe spüre ich seine Wärme, fühle sogar seinen Pulsschlag, was eigentlich nicht möglich ist.
    Wieder geht die Tür auf und Sven kommt nach draußen.
    »Hey, hier seid ihr!« Er wirft die Arme hoch. »Mensch, Kinder, steht doch nicht in der Kälte, nehmt euch ein Zimmer!«
    Luca schiebt einen Mundwinkel hoch, ein minimales Grinsen, beugt sich zu mir und flüstert.
    »Wollen wir gehen?«
    Meine Frage wäre: wohin? Aber eigentlich klang die Frage nicht ganz ernst. Und dann ist da Zoe, die auf mich wartet. Ich löse mich von Luca, ziehe seine Jacke aus, gebe sie ihm zurück und lächele unverbindlich. »Ich schau mal, wo Zoe ist!«

Zoe steht an der Bar mit einem Becher Kaffee. Als sie mich sieht, winkt sie mich zu sich und drückt mir den Becher in die Hand. Ich nehme einen Schluck.
    »Und?«, fragt Zoe mit diesem besonderen Unterton, der sonst nur zwischen ihr und Melanie existiert.
    Ich überlege, wie ich es in Worte fassen kann. Was Luca in mir auslöst und wie es mich erschreckt.
    Ich zucke leicht mit den Schultern. »Er hat gefragt, ob wir gehen wollen.« Ich will der Sache nicht zu viel Gewicht geben, doch Zoe reißt die Augen auf.
    »Echt?« Dann runzelt sie die Stirn. »Aber wohin?«
    »Genau. Ich muss um eins zu Hause sein.«
    Zoe nickt. »Ich auch. Und es ist schon halb zwölf.«
    »Sven ist übrigens draußen.«
    »Ach, der ...«, schmollt Zoe.
    »Sollen wir noch bleiben?«
    »Na hör mal, wenn Luca mit dir gehen will!«
    »Aber wir sind doch zusammen gekommen.«
    »Darum müssen wir uns doch nicht aneinander ketten. Das ist wie beim Bergsteigen.«
    »Wir stürzen einzeln ab?«
    Zoe grinst. »Nein. Wir gehen nur unabhängig auf den Gipfel. Jeder für sich. Bist du vorbereitet?«
    Sie greift in ihre Jeans und drückt mir ein Kondom in die Hand. Ich sehe sie überrascht an.
    »Hast du das immer dabei?«
    »Das Verfallsdatum ist noch nicht überschritten.«
    Wir lachen albern. Ich starre auf das Kondom und denke an den letzten Sommer. Nicht die besten Erinnerungen.
    »Kommst du noch mal mit nach draußen?«, frage ich. Zoe nickt und ich hole unsere Jacken.
    Draußen läuft Sven mit Lucas Krücken über den Platz und kickt eine zerdrückte Bierdose zu Luca, der versucht, sie mit dem Aircast zurück zu schießen. Jungs. Um Liebe und Leidenschaft brauche ich mir keine Gedanken mehr zu machen. Der Moment ist wohl vorbei. Wir sehen ihnen zu, bis die Büchse in einem Gebüsch landet und das Spiel zu Ende ist.
    »Fahrt ihr jetzt?«, fragt Sven eher unbestimmt in unsere Richtung. »Ich kann euch alle mitnehmen. Ich wollte sowieso los.«
    »Du kommst mit, oder?«, frage ich Zoe leise.
    Natürlich, eigentlich brauche ich nicht zu fragen, doch Zoe überlegt. »Was ist mit Max?«
    Ich stupse sie an. »Was war mit Bergsteigen?«
    Sie lächelt. »Okay, ich schreibe ihm eine SMS.«
    Zoe und ich steigen nach hinten in den Jeep. Sven setzt den Beifahrersitz zurück und Luca steigt vorne ein, bastelt seinen Aircast ins Auto und legt die Krücken zwischen die Sitze.
    »Wann kommt er ab?«, fragt Sven.
    Luca stöhnt. »Morgen! Oh Mann, das werde ich so feiern.«
    Als Sven startet, dröhnt laute Technomusik los. Er dreht sie minimal leiser, wendet und fährt über den weitläufigen Platz bis zur Straße. Zoe textet an