Loving
sein Handy in die Hand und stellt sich zu uns. Beide Jungs überragen mich um ungefähr einen Kopf. Das Mädchen macht mehrere Fotos. Alex steht nur still und konzentriert neben mir. Es ist der erste Moment, in dem ich zur Ruhe komme und feststelle, dass Alex zwar kein Mädchen, aber ein echt netter Typ ist.
Wir gehen zu Alex' Auto, das er in der Nähe der Messehallen abgestellt hat. »Und was machen wir jetzt?«, fragt Heiko, als wäre es selbstverständlich, dass wir zusammenbleiben.
»Wie wäre es mit Pizza?«, fragt Heiko.
Alex sieht zu mir. Ich bin mit allem einverstanden und mit Pizza sogar sehr einverstanden.
»Willst du vorher noch duschen oder deinen Rucksack abstellen?«, fragt Alex höflich. Mir fällt erst jetzt wieder ein, dass ich ja bei Alex übernachten werde. Was zwar vollkommen okay, aber schon etwas anderes ist, als ich mir vorgestellt habe. Immerhin schlafe ich jetzt bei einem Jungen, statt einem Mädchen. Nette Abende im Bademantel mit Tee und Schokolade und Gesprächen über Jungs wird es wohl nicht geben.
»Ja, gerne.«
Alex hat eine kleine Zweizimmerwohnung in einem Altbau in der Innenstadt von Leipzig. Heiko wartet am Auto und raucht, während wir in die Wohnung gehen. Zweiter Stock. Ein Schlafraum, ein Wohn-, Ess- und Arbeitszimmer, in dem eine Schlafcoach, ein Bücherregal und ein Schreibtisch stehen. Alles ist sehr aufgeräumt, vielleicht auch nur, weil er mich erwartet hat. Andererseits - wer seine Bücher nach Größen ordnet, wird auch sonst ordentlich sein. Ich denke an Lucas Zimmer. Ich wusste nicht, dass Unordnung und Chaos so sexy sein können, zumindest die Unordnung von Luca. Ich vermisse ihn. Ich könnte mich sofort in den Zug setzen und zurück nach Berlin fahren.
»Tja, ich dachte, du schläfst in meinem Schlafzimmer und ich auf der Schlafcouch im Wohnzimmer. Ich habe schon alles vorbereitet und falls du etwas Besonderes zum Frühstück möchtest, das müssten wir dann noch besorgen.«
»Alles toll«, sage ich und denke, dass bestimmt nicht oft Mädchen bei Alex übernachten, denn er wirkt auf einmal unsicher.
Ich stelle meinen Rucksack in sein Schlafzimmer. Das Bett ist schmal, daneben liegen Studienbücher mit etlichen Post-It-Zeichen darin. Da ich Alex nicht lange warten lassen will, wasche ich mich nur etwas und ziehe ein frisches T-Shirt über. Ich überlege kurz, dann öffne ich die Haare. Seit Luca meinen Nacken geküsst hat, verberge ich ihn in bestimmten Situationen lieber. Denn es ist eine intime Stelle geworden.
Wir gehen zu Fuß zu der Pizzeria. Alex und Heiko reden über den Bericht zur Buchmesse, den Heiko für die Unizeitung schreiben will. Ich höre mit einem Ohr zu und sehe mich dabei um. Leipzig gefällt mir. Zwar gibt es auch einen hässlichen Einkaufsbereich, der genauso aussieht, wie alle anderen Einkaufsstraßen anderer Städte, aber die Altstadt ist wunderschön und kommt mir wie die Kulisse aus einem Märchenfilm vor.
Die Pizzeria ist ein Treffpunkt für viele Studenten und Alex und Heiko treffen viele Bekannte. Ich hoffe, sie reden nicht nur über das Studium, denn ich kenne fast keinen der Autoren, die sie ständig erwähnen.
Wir setzen uns an einen großen Holztisch und bestellen. Heiko und Alex diskutieren über den deutschen Buchpreis. Ich fühle mich etwas ausgeschlossen.
»Ich muss noch Bescheid sagen, dass ich gut angekommen bin«, entschuldige ich mich und gehe nach draußen zum Telefonieren. Ich rufe meine Mutter, sage, dass alles okay ist und wähle dann Zoes Nummer. Zum Glück geht sie gleich ran.
»Und? Wie ist es in Leipzig?«
»Sehr schön, alles ziemlich aufregend.«
»Mann ja, ich finde das so spannend, dass du da einfach allein hingefahren bist. Hast du deine Lieblingsautoren getroffen?«
»Die meisten liegen auf dem Friedhof ...«
»Du weißt schon, was ich meine. Und sonst? Wie ist Alex so?«
»Männlich!«
»Was?«, kreischt Zoe los.
»Ja, Überraschung. Es gab nirgendwo ein Foto und es gibt so wenig männliche Buchblogger, da dachte ich ...«
»Echt? Ein Junge. Und? Ist er süß?«
»Süß?«
Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Süß? Er ist schon attraktiv und wenn ich jetzt darüber nachdenke, dann sieht er gut aus.
»Ja, er ist ein netter Typ.«
»Ella! Sieht er gut aus? Kommt er in Frage?«
»Ja, er sieht gut aus und NEIN, ich bin in Luca verliebt und brauche keinen zweiten Lover.«
Ich erschrecke fast. Ich habe es zum ersten Mal gesagt. Ich bin in Luca verliebt. So sehr, dass ich es
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