Loving
Verlagsstand, der mit riesigen Fantasy-Plakaten dekoriert ist. An einer Art Tresen steht ein bärtiger Mann mit langen grauen Haaren um die sechzig und signiert Bücher. Wir stellen uns an das Ende einer Schlange.
»Fantasy?«, frage ich verwundert. Damit habe ich Alex nie in Verbindung gebracht. Er grinst leicht verlegen. »Ja, ich habe noch einen zweiten Blog, da geht es nur darum.«
Nach einer halben Stunde sind wir vorne angekommen. Alex zieht drei dicke Bücher aus seiner Tasche.
»Hey, Alex«, grüßt ihn der Autor.
»Hallo, Wolfgang!«
Alex legt die Bücher ab.
»Das ist Ella, sie bloggt auch!«, stellt er mich vor und ich lächele verlegen, da ich kein einziges Buch zum Signieren dabei habe und den Autor nicht kenne. Dafür kennt ihn Alex umso besser. Die beiden reden, als wären sie befreundet. Alex steckt die Bücher vorsichtig wieder ein.
»Woher kennst du ihn?«, frage ich, als wir uns etwas vom Stand entfernt haben.
»Ich bin ein Fan und habe ihn immer mal wieder in meinem Blog vorgestellt und interviewt. Mittlerweile kennen wir uns halt.«
Ich nicke. Alex redet einfach so mit anderen Schriftstellern, interviewt sie. Wow . Gegen ihn bin ich nur eine Hobbybloggerin.
Alex sieht auf die Uhr. »Die machen gleich zu. Wollen wir gehen?«
»Okay.«
Wir strömen mit der Menge Richtung Ausgang.
»Hey, Alex!«
Ein großer, schlaksiger Typ mit halblangen braunen Haaren und etwa so alt wie Alex, kommt auf uns zu. Er mustert mich neugierig.
»Ella, das ist Heiko, ich habe ihm schon viel von dir erzählt. Er liest deinen Blog.«
»Oh, ich habe mich schon gefragt, wer der andere ist!«, scherze ich.
Alex lacht. »Na, hör mal, du hast mehr Follower als ich.«
»Studierst du auch Literaturwissenschaft?«, frage ich Heiko.
»Ja. Alex und ich waren letztes Semester im gleichen Proseminar: Der englische Roman zwischen Viktorianismus und Moderne .«
Da werde ich nicht lange mitreden können.
»Und bist du auch Fantasy Fan?«, frage ich weiter.
»Oh, nein, das ist Alex' Ding.« Heiko sieht zu Alex. »Hast du deine Autogramme bekommen?«
Er nickt. »War gar nicht mal so voll am Stand.«
»Und? Für welches seiner 1000 Bücher hast du dir persönliche Widmungen geholt?«, fragt Heiko leicht amüsiert. Er zwinkert mir zu. »Der Typ hat etliche Pseudonyme. Sogar ein weibliches.«
»Und was hast du gegen Pseudonyme?«, sagt Alex. »Die hat doch mittlerweile fast jeder.«
»Ja?«, frage ich überrascht.
»Na ja, nicht unbedingt in der Gegenwartsliteratur«, sagt Heiko, »aber die Mainstreamautoren nehmen sich doch mittlerweile für jedes Genre einen eigenen Namen. Schreiben sie Krimi oder Thriller, nennen sie sich so, schreiben sie Frauenliteratur nennen sie sich anders, sind es Jugendbücher wieder anders. Würde mich nicht wundern, wenn am Ende rauskommt, dass hier nur ein paar Hundert Autoren am Markt sind, die nur ihre Namen ändern.«
»Findest du das blöd?«, frage ich echt interessiert. Ich habe mir darüber bisher wenig Gedanken gemacht.
»Na ja, ist schon eine Zeiterscheinung. Als ob der eigene Name gar nicht wichtig wäre, sondern nur, ob man in ein bestimmtes Schema passt«, sagt Heiko.
»Na ja«, sagt Alex ruhig, »die Sache hat ja auch eine Geschichte. Damals war es zum Beispiel für Frauen gar nicht so leicht, zu veröffentlichen. Sie mussten ein Pseudonym verwenden.«
Zum ersten Mal kann ich mitreden. »Ja, stimmt, Jane Austen hat Stolz und Vorurteil anonym veröffentlicht. Und unter ihrem erste Roman stand als Autor nur by a lady .«
Alex nickt. »Und selbst bei Joanne K. Rowling hatte man Angst, dass Fantasy von einer Frau nicht ankommt und hat ihr geraten, den Vornamen abzukürzen. Muss man sich mal vorstellen!«
Heiko macht eine großzügige Handbewegung. »Und? Wie findest du die Messe dieses Jahr?«
»Na ja ...«
Ich zögere. Einerseits finde ich es gut, so viele Verlage, Bücher und Autoren auf einer Stelle zu haben. Andererseits ist es mir einfach zu vollgestopft in den Hallen.
»Ella ist zum ersten Mal auf der Buchmesse«, erklärt Alex.
»Echt jetzt? Dann muss ich ein Foto machen!«
Heiko zieht mich und Alex unter das Logo der Buchmesse.
Alex beugt sich zu mir. »Tut mir leid, er ist manchmal etwas seltsam.«
»Ich höre, was ihr sagt!«, ruft Heiko. »Und einer muss doch die Berichte für unsere Onlinezeitung machen.«
»Studium«, raunt mir Alex zu.
»So, und ich muss auch noch auf's Bild«, sagt Heiko und spricht ein Mädchen im Manga-Style an. Er drückt ihr
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