Loving
aushalten soll. Ich suche mir einen etwas ruhigeren Platz an der Treppe, schicke eine SMS an meine Mutter und eine an Alex und reihe mich dann in die drängende, schiebende Masse. Erst durch die Glashalle. Ich sehe nach oben, wenigstens Licht, denn wenn ich mich umsehe, fühle ich mich wie in einer riesigen Ameisenstraße. Statt Stöckchen zum Bau des großen Ameisenhügels, tragen allerdings alle Plastiktüten oder Stoffbeutel. Wofür ist mir unklar.
Nein. So nicht, ermahne ich mich. Ich habe mich so lange und so sehr auf diese Messe gefreut, ich werde meinen Spaß haben, ich werde Bücher sehen, sobald ich mich zu einem Stand durchgedrängt habe und ich werde vielleicht sogar jemanden treffen, der Bücher schreibt und mir einen Tipp geben kann, den ich als zukünftige Schriftstellerin gut gebrauchen kann. Es ist alles eine Frage der Einstellung.
Halle vier. Hier sind überall Cafés und jedes ist überfüllt. Auch das Café Klang Quartier , also setze ich mich in die Nähe auf den Boden und entspanne erst einmal, obwohl ich bisher nichts anders getan habe, als mich bis zu diesem Punkt vorzukämpfen. Nun, es gibt ja noch morgen.
Ich hole mein iPhone heraus. Und endlich, endlich habe ich eine Nachricht von Luca. Sofort ist alles um mich herum ausgeblendet.
Aircast away! Viel Spaß auf der BM. Hoffe, wir sehen uns am Samstag. bd Luca.
Mein Herz klopft aufgeregt.
Glückwunsch. Wenn ich hier nicht im Menschenmeer ertrinke, bin ich Samstag zurück. bd Ella.
Ich lese Lucas SMS noch dreimal und genieße das Kribbeln in meinen Bauch. Am liebsten würde ich sofort zurückfahren, was mache ich überhaupt auf dieser Messe? Die Buchblogger. Und Alex, erinnere ich mich streng. Wir sind verabredet. Ich halte nach einem roten T-Shirt Ausschau. Da die meisten hier Jacken oder Mäntel tragen, müsste sie mir doch auffallen. Ich habe mich auch beschrieben: Blaue Jacke, grüne Kapuzenjacke, darunter Ringelshirt, Jeans, blonder Pferdeschwanz.
»Hey? Bist du Ella?«
Ich nicke. Vor mir steht ein Typ in einem grünen Parker. Nickelbrille, strubbelige, blonde Haare, mit einer großen Kuriertasche, etwa Anfang zwanzig. Er lässt sich neben mich fallen, was mich etwas irritiert und reicht mir die Hand.
»Ich bin Alex!«
Ich brauche einen Moment, um die Information zu verarbeiten, die Sache zu verstehen. Alex ist ein ER. Jetzt sehe ich auch das rote Shirt unter dem Parker. Ein Junge. Ich gehe im Geist unsere Mails und Kommentare durch. Wieso ist mir das nie aufgefallen? Aber die Antwort ist einfach: Es hat nie eine Rolle gespielt.
»Hallo!«, sage ich endlich.
Alex grinst freundlich und vollkommen entspannt.
»Und? Ganz schön voll, oder? Soll ich uns mal einen Kaffee organisieren?«
»Gerne.«
Mein Gesicht glüht. Er ist nicht nur ein Junge, sondern auch deutlich älter als ich. Richtig erwachsen. Er geht bestimmt schon zur Uni und ich hoffe, er ist nicht enttäuscht, dass er es mit einem Schulmädchen zu tun hat. Wobei er weiß, dass ich noch zur Schule gehe. Und er weiß, was ich schreibe und kennt meine Gedanken. Die waren ihm nie zu kindlich. Langsam beruhige ich mich.
Alex kommt mit zwei Bechern Kaffee zurück.
»Mit oder ohne Milch?«
Ich stehe auf. »Lieber mit.«
Er reicht mir einen der Becher. Ich trinke einen Schluck.
»Ähm, also, schon verrückt, aber ... ich dachte, du bist ein Mädchen.«
Er lächelt smart. »Enttäuscht?«
»Überrascht.«
Ich frage mich, ob ihm das die ganze Zeit klar war.
»Na ja, die meisten Buchblogger sind Mädchen. Wahrscheinlich bist du nicht die einzige, die das denkt. Trotzdem Lust mit mir über die Messe zu gehen?«
»Natürlich!«
Ich lasse mich von Alex leiten, der sich bestens auskennt und es versteht, die Lücken im Gedränge zu nutzen und mich sicher durch das Menschmeer zu navigieren. Nebenbei erzählt er von seinem Studium der Literaturwissenschaft, und dass er Literaturkritiker oder Professor an der Uni werden will. Ich höre beeindruckt zu. Er sieht mich neugierig an.
»Und warum interessiert dich die Messe? Was willst du später machen?«
»Ich ... eigentlich möchte ich Schriftstellerin werden.« Jetzt ist es heraus, normalerweise rede ich nicht darüber. Vielleicht, unter Umständen, wenn ich gut genug bin. Alex' nachdenklicher Blick verunsichert mich.
»Finde ich gut«, sagt er schließlich. »Hast du Lust, einen Autor kennenzulernen?«
Natürlich. Das war mein heimlicher Plan .
»Gerne.«
Alex grinst. »Na, dann komm mit!«
Er manövriert mich an einen
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