Luca's Rezepte
milchschaumgekrönten Tassen zu ihm ans Bett setzte, um ihn vorsichtig zu wecken, da spürte ich einen warnenden, innerlichen Stich.
Was tat ich hier, verdammt? Und was geschah hier gerade mit mir? Was geschah hier schon die ganze Zeit?
Ich betrachtete meinen schlafenden Bruder und begriff mit einem Male eines: Ich musste hier ganz schnell verschwinden, denn etwas lief gründlich verkehrt. Ich hatte hier nichts verloren.
Völlig durcheinander leerte ich meine Tasse und verließ so schnell und leise ich konnte das Haus.
Das Ganze hatte nichts mehr mit Familie zu tun. Ganz und gar nicht. Vielleicht hatte ich mir das eingeredet, aber so war es nicht. Nicht mehr...
Ich musste mich vor Lorenzo schützen.
Und vor allem ihn vor mir...
Santa Maria della Casella übertraf meine Vorstellungen bei weitem.
Die Bilder der Klosteranlage hatten wirklich nicht gelogen. Was sie aber einfach nicht wiedergeben konnten, war die einzigartige Lage, in der sie sich befand. Über eine schmale, sich windende Straße gelangte man nach einiger Zeit ganz überraschend von oben zu dem Gebäudekomplex, der beinahe majestätisch auf einem breiten, mit Olivenbäumen bewachsenen Plateau ruhte. Dahinter erstreckte sich in sanften grünen Wellen das fruchtbare Tal.
Näherte man sich dann den Gebäuden, verbreiterte sich der schmale Schotterweg unerwartet zu einer stattlichen, zypressengesäumten Allee. So wenig praktischen Sinn das auch machte, es hatte etwas, das mir gefiel.
Wir parkten auf einem kleinen Grünstreifen neben einem Brunnen.
Was mir sofort auffiel, als ich ausstieg, war, dass die Luft hier oben klar und würzig roch, anders als unten in der Stadt. Ich folgte Gianni und seinem Team mit einigem Abstand.
An einen großen Wirtschaftstrakt schlossen sich rechts und links zwei kleinere Seitenflügel an, so, dass eine behagliche Hofsituation entstand. Die Klosterkapelle selbst befand sich etwas abseits, was ich aber ganz angenehm fand, da sie dadurch nicht so allgegenwärtig war.
Im Inneren des Gebäudes gab es im Erdgeschoss einen großzügigen Speisesaal mit mannshohem Kamin.
Durch eine eher unscheinbare, einfache Holztüre gelangte man schließlich in die Küche.
Ein grandioser Ort.
Auch dort ein Kamin, etwas bescheidener in den Ausmaßen, denn es gab ja noch die beiden alten Steinöfen, die im Winter mit heizten.
Ein massiver, mit den Jahren herrlich gealterter Holztisch beherrschte, querstehend den Raum und bildete parallel zum Herd die Arbeitsfläche. Vor meinem inneren Auge zogen behände, flinke Mönchsfinger an mir vorbei, die Teig auf ihm kneteten und großzügig die Fläche bemehlten, um die Pasta für den Abend vorzubereiten
Durch zwei steinerne Rundbögen kam man schließlich auf eine Terrasse, die einen wunderschönen Blick auf einen Teil des Klostergartens und in das ausgedehnte, dahinter liegende Tal freigab.
»Und...?«
»Wun-der-schön...«
»Nicht wahr?« Gianni nickte erfreut. »Sieh dich in aller Ruhe um. Und erstell uns wie besprochen eine Liste mit allem, was du so brauchen wirst. Welchen Herdtyp, welchen Backofen? Wie sollten die Töpfe beschaffen sein? Was für Utensilien benötigst du? Messer, Siebe, Bretter, Schüsseln... den ganze Kram eben...«
Ich nickte, ließ meinen Blick über die jahrhundertealten Natursteinwände wandern und strich dabei über das blankgescheuerte Holz des Tisches.
»Kann man die Holzöfen noch benutzen?«
»Laut Pächter - ja!«
»Das ist... großartig.« Ich ging um den Tisch herum und begutachtete den sechsflammigen Gasherd mit Umluftofen.
»Der ist okay, dass kann so bleiben...«
»Wird es aber nicht«, wandte Gianni ein. »Aus kameratechnischen Gründen brauchen wir einen Ofen in Augenhöhe. Wir benötigen von dir jetzt Marke und Ausstattung, dann wird er daa...«, er wies neben den alten Steinbackofen, »...installiert. Wir fanden, dass das ein ganz guter Platz ist. Und die Kamera hat so alles im Blick.«
Ich stimmte ihm zu und konzentrierte mich auf den Techniker, der im Hintergrund dabei war, die künftigen Aufnahmesituationen auszuloten.
Nach gut einer Stunde hatten wir soweit alles unter Dach und Fach.
Wir saßen auf der Terrasse unter einer mit Wein überwachsenen Pergola, tranken Mineralwasser und debattierten angeregt. Es machte Spaß, mit dem Team von Canale 5 zusammenzuarbeiten,
»Gut...«, sagte Gianni irgendwann abschließend. »...Wenn dann alles soweit klar ist, können wir in drei Wochen starten. Wie findest du das?«
Ich fand das
Weitere Kostenlose Bücher