Luca's Rezepte
geleckt...
»...Und damit wollen sie atmosphärische Dichte schaffen. So haben sie das bezeichnet...«, erzählte ich begeistert auf der Rückfahrt. »...Kein kühles Studio, sondern Authentität...«
»Authentizität«, korrigierte mich Lorenzo lachend.
»Authentizität, genau. Das Kloster ist wirklich traumhaft, Renzo. Und die Küche erst. Und wenn es regnen sollte, dann regnet es eben. Der Zuschauer wird sehen, dass alles echt ist... Und ich entscheide, was zubereitet wird...«
»Echt?«
»Na ja, zu kompliziert darf es nicht werden, schließlich soll jeder es nachkochen können. Gesund, natürlich, ökologisch soll es sein. Das ist doch großartig. Hin zu Frischprodukten, zur artgerechten Tierhaltung. Ich werde Hühner und Gänse haben und einen Klostergarten, voll mit Gemüse und Kräutern...«
»Aber du wirst doch wohl nicht dort einziehen?«
»Natürlich nicht... aber während der Drehtage habe ich ein eigenes Zimmer... Also wohne ich dort irgendwie schon. Ist das nicht fantastisch?«
»Klingt alles sehr gut. Und dein Auge?«
Stimmt! Mein Auge, das hatte ich in der Aufregung völlig vergessen.
»Dem geht’s super. Ich spüre nichts.«
Im Centro Visione hatte man mich am Morgen schon erwartet, und wieder wurde zunächst ein passender Rohling ausgewählt, einer, der in die ausgeheilte Augenhöhle passte und der dann von einem Okularisten in meinen linken Augapfel verwandelt wurde. Nur dass ich diesmal nicht dabeisitzen musste, da sie ja nun als Vorlage das Vorgängermodell zur Verfügung hatten. Zeit genug also, genügend Lampenfieber vor dem Termin mit Gianni und Co. zu entwickeln
Lorenzo lächelte mich irgendwie liebevoll an und konzentrierte sich dann wieder auf den Verkehr. Wir erreichten langsam Genovas Vororte.
»Feiern wir? Ich lad` dich zum Essen ein...«
»Oh ja, gerne...«
Ich war einfach glücklich. Zwei anstrengende Termine lagen hinter - und eine hochspannende Zeit vor mir.
Jetzt hatte ich einen Vertrag, der nur noch unterschrieben werden musste, und dann... tja, dann hatte ich eine eigene Show...
Wir aßen Pizza bei Lorenzo um die Ecke, im Gino‘s. Da er es hasste, selbst zu kochen, war er binnen kürzester Zeit Stammkunde dort. Also wurden wir dementsprechend mit großem Hallo begrüßt und rundum verwöhnt.
Wir tranken Unmengen Wein, stopften uns mit herrlich krosser Calzone voll, orderten immer wieder Caffè und Grappa, und wir lachten viel. Es war großartig. Das Wetter war perfekt zum draußen sitzen, und so beschlossen wir, nach dem Essen in Renzos Garten einfach weiterzumachen. Er hatte die Lautsprecher seiner Anlage ins Fenster gestellt, also hatten wir sogar Musik.
Irgendwann, tief in der Nacht, war ich dann einfach nur noch betrunken und glücklich. Wir saßen, wie schon zuvor, nebeneinander und sahen in seine Fenster, in eine Insel von warmem Licht und lauschten den leisen Klängen eines Pianos. Ich legte meinen Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. Es war perfekt.
Viel später dann, gegen Morgen, weckte Lorenzo mich vorsichtig. Ich war eingeschlafen. Er brachte mich ins Haus und packte mich in sein Bett, wo ich sofort wieder in einen tiefen traumlosen Schlaf fiel.
Als ich erwachte, lag Renzo neben mir. Sein Brustkorb hob und senkte sich mit ruhigem Atem, eine große Locke hatte sich über seine geschlossenen Augen gelegt und sein Mund lächelte entspannt. Ich lächelte zurück, stopfte mir ein Kissen hinter den Kopf und sah mich im Raum um.
Er hatte seine Bilder aufgehängt. Neue Aufnahmen, monumentale Porträts, frontal fotografiert. Vier übergroße Augenpaare musterten mich intensiv aus ihren Rahmen heraus. Ein eigenartiges Gefühl.
Renzo hatte mich Tage zuvor gefragt, ob er auch mich porträtieren dürfe.
»Natürlich!«, hatte da meine Antwort gelautet. Nun wusste ich, wie er’s machen würde... Vielleicht ein ganz gutes Kameratraining.
Draußen schien bereits die Sonne in den Garten. Ich stand auf, ging in die Küche und kochte uns Caffè. Ihm und mir...
Familie halt...
Oder...?
Ich hielt inne, schob einen ganz kurz aufflammenden Gedanken, einen aufkeimenden Hauch von Fantasie irritiert beiseite und konzentrierte mich ganz auf die Zubereitung des Caffès.
Irgendwie hatte sich das Verhältnis zu Renzo wieder mal gewandelt. Er war zu meinem Vertrauten geworden. In gewisser Weise war er das immer gewesen, aber neuerdings...
Ich wusste noch nicht, wie ich diese Veränderung einstufen sollte. Aber als ich mich mit zwei großen,
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