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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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erheblich länger und kostete mehr Sprit. Und ich musste mein Geld zusammenhalten. Also bretterten wir mit zügigem Tempo an den ersten Touristenströmen des Jahres vorbei, die es über die Feiertage ans Meer zog. Wagen aus dem Inland, aus Deutschland und Andorra schoben sich Stoßstange an Stoßstange die Küste entlang, um sich auf die vielen, kleineren Orte, wie Fano einer war, zu verteilen.
    Als wir schließlich, nach Stunden, den Bahnhof von Ancona erreichten, tippte Shiro mir auf die Schulter und deutete nach links.
    Sein Roller war ein total verbeultes Uraltmodell. Auch eine Vespa, wie meiner, bei der aber nicht mehr zu erkennen war, welche Farbe sie eigentlich mal gehabt hatte. Ich tippte auf ein helles Blau. Auf den meisten Roststellen pappten Aufkleber mit japanischen Schriftzeichen - ich vermutete zumindest, dass es welche waren - und hier und da war übergestrichen worden.
    Ich war gespannt, ob er ansprang.
    Shiro schien glücklich, während er sein Gefährt begutachtete und lächelte, als er meinen Blick sah.
    »Du solltest nicht nach dem äußeren Schein gehen...«, sagte er, ganz Konfuzius und tätschelte zärtlich die geflickte Bank. »Die Kiste fährt super!«
    Da hatte er Recht. Auf dem Rückweg hatte ich Schwierigkeiten, mitzuhalten. Shiro fuhr routiniert und mit ziemlich hohem Tempo. Irgendwann auf halber Strecke bog er dann zu meiner Überraschung plötzlich links ab und nahm eine Zufahrtstraße, die zum Strand führte.
    »Nur einen kurzen Blick aufs Meer!«, rief er mir übermütig zu. Ich war erstaunt und irgendwie auch betroffen, wie gelöst und glücklich er in diesem Moment wirkte.
    Wir parkten vor einer Trattoria. Dann hielt er inne und sah mich fragend an.
    »Haben wir noch einen Moment Zeit?«
    Ich nickte, obwohl ich wusste, dass wir mit Sicherheit zu spät kommen würden. Aber das war jetzt wichtiger, merkte ich.
    Shiro lief über die Bahngleise, die den Strand von der Straße trennten, zog seine Turnschuhe aus und vergrub seine Füße im Sand.
    Sein Lächeln wurde breiter.
    Am Strand waren die Saisonvorbereitungen bereits abgeschlossen. Liegen waren aufgebaut und die gereinigten Sonnenschirme vom letzten Sommer steckten wieder an ihren Plätzen.
    Es war eine Zeit, die ich nicht besonders mochte, denn es war klar, dass der Strand und die Orte nun allmählich in die feste Hand der Touristen wechseln würden. Und ich mochte den ganzen Rummel nicht besonders, auch wenn wir selbst gut daran verdienten.
    Für Shiro spielte dies natürlich keine Rolle. Er lief zum Meer und ließ seine bloßen Füße vom Wasser umspülen. Dabei blickte er in die Ferne, die Hände in den Taschen seiner Jeans. Die Sonne schien ihm in den Rücken, und als ich mich an die Wasserlinie stellte, wandte er mir seinen Kopf zu und sah mich auf seine spezielle Weise aufmerksam an. »Danke für das mit dem Roller... und so...«, sagte er mit seiner eigenartig heiseren Stimme.
    Ich nickte nur, aber ich freute mich.
    Es ging doch.
     
    Tomaso und Giade trennten sich nach zweieinhalb Monaten. Das tat mir für die beiden nun irgendwie leid, aber die Situation im Restaurant entspannte sich zusehends.
    Zwar war in den ersten Wochen nach der Trennung mit meinem Bruder erst einmal überhaupt nichts anzufangen, aber danach muss er wohl irgendwie einen Schalter in seinem Kopf umgelegt haben, denn er stürzte sich auf einmal in die Arbeit, so als wollte er all das aufholen, was er die ganze Zeit über zu tun versäumt hatte.
    Das war aber nicht der einzige Grund für die bessere Lage.
    Weil die Hauptsaison näher und näher rückte, war es nicht mehr tragbar, dass Lorenzo weiter dem Service fernblieb. Selig wechselte er wieder in seine alte Position und entfloh damit der Küche. Und da Antonio eine solche Krise wie die zurückliegende auf keinen Fall noch einmal riskieren wollte, handelte er vorausschauend. Er entschloss sich schweren Herzens, eine neue Küchenkraft einzustellen.
    Das Ergebnis seiner Suche hieß 'Rosalina'.
    Rosalina kam aus Sizilien, aus Aspra, einem kleinen Badeort nahe Palermo. Sie war eine imposante Erscheinung, so breit wie hoch und immer bestens gelaunt. Ihr dickes, schwarzes Haar band sie zu jeder Zeit in einem eigenartigen roten Netz zu einem Knoten zusammen, der mich an eine bestimmte Sorte Blutwurst mit Paprika denken ließ. Dazu trug sie ein gewaltiges Brillengestell aus Horn, das an Schwarz-Weißfotografien aus den späten fünfziger Jahren erinnerte.
    Als erste Amtshandlung positionierte sie einen

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