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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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schweigend nebeneinander gelegen, als mir diese Frage durch den Kopf ging.
    Shiro rollte sich träge zur Seite, schob seine Sonnenbrille auf die Stirn und sah mich etwas schläfrig an. Ich hatte ihn wohl geweckt.
    »Nein, noch nicht. Aber ich will unbedingt dort hin. Es muss wunderschön sein. Meine Mutter hat mir viel erzählt, von Japan, von Kumamoto. Da kommt sie her, eigentlich...« Er schob seine Brille wieder auf die Nase, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah in den Himmel über sich. »Das liegt ganz im Süden, auf einer Insel...«, fuhr er fort, »...ziemlich nah am Meer. Großer Hafen, große Stadt.« Seine heisere Stimme wurde weicher, während er erzählte. Er berichtete von der Architektur dort, den Pagoden und den Farben. Von der Landschaft, den schroffen Felsen, der Vegetation, die so ganz anders war als bei uns. Er erzählte vom Essen und Kochen, von den Bräuchen, wie dem Neujahrsfest und wie die Menschen miteinander umgingen. Er erzählte von einer Kultur, die so anders, viel strukturierter und so viel älter war als die unsere. Es klang, als wäre er schon einmal dort gewesen.
    Ich hörte die Sehnsucht aus seinen Worten. Ja, und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dem echten Shiro zu begegnen. Er verriet mir ein Stück von sich. Und das gefiel mir.
    Irgendwann begann dann auch ich von meinem Leben zu erzählen, von meiner Kindheit und von Dingen, die mich einfach interessierten. Ich beschrieb ihm mein Einzelgänger-Dasein und wie schwierig es oft für mich gewesen war. Dass ich immer nur kochen wollte und kaum aus der Küche rauszubekommen war. Ich erzählte, wie ich mir zu meinem 11. Geburtstag rohes Fleisch als Geschenk gewünscht hatte, nur um es im Anschluss zubereiten zu können, und wie ich einen Herbst lang bei Verwandten im Süden bei der Weinlese mithelfen sollte, aber nach kürzester Zeit in der Küche der Kellerei das Essen für die Erntehelfer vor- und zubereiten durfte.
    Shiro lag die ganze Zeit über auf der Seite, den Kopf auf seinen Arm gestützt, eine Haarsträhne quer über 'm Gesicht und sah mich aufmerksam an. Als unsere Blicke sich schließlich begegneten, meiner, der eben noch in der Vergangenheit nach Bildern suchte und seiner, der mich betrachtete - als diese Blicke sich trafen, erkannten wir beide, dass etwas mit uns passiert war.
    Wir hatten beide etwas von uns preisgegeben. Und zumindest von meiner Seite aus konnte ich sagen, dass ich so etwas nicht sehr oft tat. Eigentlich nie...
     
    Gegen Mittag gingen wir ins Wasser. Ich war es die letzten Jahre gewohnt, alleine schwimmen zu gehen, und so kraulte ich zielstrebig ein paar Meter hinaus ins Tiefe, um meine Bahnen zu ziehen.
    Das Meer war herrlich frisch und ruhig, ideal zum Schwimmen. Die Sonne hatte über den Bergen ihren Höhepunkt erreicht und stand klar am wolkenlosen Himmel. Ich liebte diese Stimmung im Frühsommer.
    Shiro blieb eher im Seichten und tauchte immer wieder weg, sodass ich ihn nur ab und zu ausmachen konnte. Als ich genug hatte, schwamm ich in die Richtung, in der ich ihn vermutete und hielt nach ihm Ausschau. Tatsächlich tauchte er wenige Momente später dicht vor mir auf, sah mich mit leuchtenden Augen an und ließ sich dann auf dem Rücken treiben. Er lachte ausgelassen, die Augen geschlossen. Ich schwamm zu ihm, und umkreiste ihn langsam. Schließlich griff ich unter seine Schultern und zog ihn, immer schneller werdend, hinter mir her Richtung Strand. Tomaso hatte das früher immer so bei mir gemacht und ich sah, dass Shiro das Spiel gefiel - er lachte.
    Als wir schließlich das Ufer erreichten, ließen wir uns erschöpft in den Sand fallen und von den kleinen Wellenausläufern umspülen.
    Shiro strich sich die nassen Haare aus der Stirn und legte seinen Kopf in den Nacken.
    Sein Atem ging schwer.
    »Hunger?«, fragte ich.
    Er nickte und richtete seinen Blick in die Ferne. »Was liegt da drüben?« Sein Arm deutete auf den Horizont.
    »Kroatien, glaub ich. Und irgendwo da unten beginnt Griechenland.«
    »Griechenland...«, sagte er leise. Und dann, nach einer Pause, »...Griechenland soll auch sehr schön sein...« Dann stand er unvermittelt auf und ging, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, zu unserem Strandplatz, um sich aus der Kühltasche zu bedienen.
    Ich sah ihm nach und musste daran denken, wie ich ihn zum ersten Mal wahrgenommen hatte. Ich war erstaunt, wie positiv sich alles entwickelt hatte. Damit hatte ich nicht gerechnet.
    Und ich war irgendwie sogar froh, dass Shiro jetzt

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