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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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delikat. Dann die Wandlung: die Tomate wurde urplötzlich zur menschlichen Pupille. Knallrot, beobachtend, sie schien sich umzusehen. Ein Zoom! Ganz dicht, dann der Farbwechsel. Die Pupille wandelte sich in Gelb, ein kühles, frisches Gelb, dann wurde sie zur Zitrone.
    Ich trank einen Schluck Prosecco und starrte wie gebannt auf die Leinwand. Das hatte was.
    Es faszinierte mich, wie schließlich Gelb zu Grün wurde, die Zitrone zur Paprika, und die dann wieder zur Pupille - und so fort. Zum Ende hin zoomt die Kamera noch einmal dicht heran, bis erneut nur noch die Pupille zu sehen ist, deren Farbe nun wechselt wie in einem Kaleidoskop.
    Und dann, Zack, hatte man das Bild vom Plakat vor sich: Mich, mit dem Messer und dem breiten Grinsen im Gesicht, nur, dass nun die ganze Zeit die rechte Augenfarbe wechselte wie die Scheibe eines Spielautomaten und mein Grinsen immer breiter wurde. Dazu Musik, vor allem Akkordeon. Ich war beeindruckt
    »...Ab jetzt, Jack, bist du es!«, flüsterte ich ihm zu, was er mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue quittierte.
    »...Mein Imageberater...«
    »...Ach soo... «  
    Die weitere Sendung verlief dann in etwa, wie ich mir das auch vorgestellt hatte. Was mich jedoch überraschte, waren die ungewöhnlich raschen Schnittfolgen, welche der an sich ja etwas langatmigen Angelegenheit des Kochens schon beinahe Rasanz verliehen.
    Ich nahm die Bilder in mich auf, sah, wie ich erklärte und hantierte, beobachtete, wie ich schnippelte, Fleisch in den Ofen schob und - oh Wunder - gar wieder herauszog, wie ich Flüssigkeiten miteinander vermengte und dabei mit todernster Miene über den Sinn und Zweck dessen berichtete, was ich da gerade tat. Ich sah es, und ich sah in den Gesichtern all derer um mich herum, wie sie an meinen Lippen klebten, mir jedes Wort abkauften, was ich da von mir gab. Ich sah ihre Faszination. Ihnen gefiel diese Inszenierung, sie zeigten sich beglückt, wie ich mich auf meine ureigene Art in Szene setzte, und ich entdeckte Bewunderung in ihren Blicken, einfach nur dafür, dass wir jetzt, ab nun, über einen Bildschirm miteinander verbunden waren...
    Ich bewunderte mich selbst dafür...
    Denn eigentlich wäre das nie passiert...
    Das war nie mein Ziel gewesen...
    Irgendwann wanderte Shiros Arm vorsichtig um meine Schulter und ein unauffälliger Kuss auf meine Schläfe.
    Er mochte es offensichtlich ebenfalls, auch wenn die Bilder uns an die Zeit erinnerten, die wir lieber vergessen wollten.
    Es gefiel uns beiden...
    Wir gefielen uns...
     
    In den kommenden Wochen gewöhnte ich mich langsam an mein neues Leben.
    Und - neu - traf es wirklich.
    Absolut neu...
    Schon direkt nach der ersten Sendung ging es los. Signora Alberici bildete nur die liebenswerte Vorhut einer Reihe einschneidender Veränderungen.
    Permanent wurde ich angesprochen, ganz gleichgültig, ob ich mich auf der Straße, beim Einkaufen auf dem Markt, abends im L’amo oder sonst wo befand. So was wie eine natürliche Hemmschwelle gab es offenbar nicht mehr, wenn man erst mal im Fernsehen war.
    Und mich überraschte, wie persönlich sie auf mich zukamen, so als würden wir uns schon ewig kennen. Sie nannten mich Luca , sie klopften mir auf die Schulter, sie fassten mich an, riefen mir irgendetwas zu, und natürlich wollten sie Autogramme.  
    Ich staunte nicht schlecht, als einen Tag nach der ersten Ausstrahlung per Post ein kompaktes Paket bei mir eintraf, das rund 1000 Autogrammkarten enthielt.
    Die wirst du brauchen, Gruß Gianni - stand auf dem Beipackzettel und ich dachte bei mir, spinnt der jetzt...?  
    Tat er ganz und gar nicht.
    Und dann war da natürlich ständig die Frage nach dem Auge.
    Ich hatte mir angewöhnt, außerhalb meiner vier Wände grundsätzlich nur mein »Original« einzusetzen, und damit trug ich noch mehr zur Verwirrung bei als eigentlich nötig. Hinzu kam, dass der Sender und ich uns darauf verständigt hatten, Stillschweigen über dieses Thema zu wahren. Also blieb es in den Medien und bei denen, die mich ansprachen, bei Spekulationen.
    Beim Centro Visione war ich nun mittlerweile ein gern gesehener Kunde, denn ich bestellte inzwischen regelmäßig neue Farbkollektionen. Und auch dort hatte man sich schweren Herzens zum Schweigen verpflichtet, so dass mein 'Augenmythos' fröhlich weitere Blüten treiben konnte.
    Für Jack richtete ich gleich nach Erhalt meiner ersten Gage einen Dauerauftrag mit einer angemessenen Summe ein, was dieser mit einiger Verblüffung und großer Freude zur

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