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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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Gesicht sprach eine ganz andere Sprache. Klare Augen musterten mich aus sicherer Entfernung mit einer ernsthaften Neugier. Ihr Lächeln war dünn und fein, wie das unserer Mutter.
    »...Du siehst fast aus wie im Fernsehen«, sagte sie leise und kam ein paar Schritte auf mich zu.
    Ich stellte den Topf beiseite, ging in die Knie und wir umarmten uns.
    Und als wir so da standen, ganz still, ohne ein Wort zu sagen, da spürte ich zum allerersten Mal tatsächlich so etwas wie Verbundenheit zu meiner Schwester.
    Matteo hatte sicher recht - für sie war es am schwersten. Das spürte ich, als ich den kleinen, knochigen Körper in den Armen hielt.
    »...Wirst du jetzt hier bleiben?«, fragte sie, bevor ich irgendetwas sagen konnte, und da wurde mir klar, dass sie meine Abreise damals wie ein Verlassen werden empfunden haben musste.
    Ich sah in ihre wachen, hellbraunen Augen und versuchte ein Lächeln.
    »...Jetzt bin ich ja gerade erst gekommen... Aber ich muss auch wieder weg, irgendwann... Ich wohne jetzt in Genova, auf der anderen Seite von...«
    »Ich weiß, wo Genova liegt.« Sie nickte wissend. »Du wohnst mit Shiro zusammen...«
    »Ja, mit Shiro...«
    »Und wo ist Shiro?«
    »Er ist zuhause geblieben...«
    Sie nickte ernst. »Du wirst kochen, sagt Rebecca...«
    »Ja, das stimmt. Damit Antonio und Tomaso sich mehr um Mutter kümmern können...«
    »Aber dann kannst du dich ja nicht um sie kümmern, wenn du kochst...«  
    Sie hatte ganz Recht.
    Genau...
    Darum tat ich es ja...
     
    Ich hatte meiner Mutter nichts mehr zu sagen.
    Das heißt nicht, dass mich ihr Schicksal, all das Furchtbare, was sie durchlebt hatte und noch durchleben würde, nicht berührte. Ich hatte Mitgefühl. Es war nur keine Nähe in mir. Vielleicht auch kein Interesse...
    Das war sicher vor allem der Grund, warum ich in die Küche floh.
    Und auch der Grund, warum ich froh war, dass Matteo mich begleitete, wenn ich sie besuchte.
    Nach außen war ich der aufopferungsvolle Sohn, der selbstlos, bis spät in den Abend hinein Arbeit übernahm, damit meine Geschwister und mein Vater ihre Zeit unserer Mutter widmen konnten. Ich war der gute Enkel, der dem verstoßenen Großvater eine Hintertüre öffnete.
    In Wirklichkeit jedoch... in Wirklichkeit war ich einfach nur feige. Feige und bequem. Und irgendwie auch hilflos...
    Aber egal, aus welchen Beweggründen heraus ich es tat: es half zumindest ein Stück weiter.
     
    Mein erster Kücheneinsatz mit Rosalia, Gino und Pietro verlief denn auch routiniert. Eigentlich wie früher, nur entspannter.
    Zu Beginn hatte man von mir erwartet, dass ich die Leitung für den Abend übernehmen würde, aber diese hatte ich an Rosalia übertragen. Ich konnte gut für mich alleine die Verantwortung übernehmen, aber ein Team anzuleiten, das hatte ich nie gelernt. Weder bei Antonio noch bei Luisa. Und ganz abgesehen davon fand ich auch, dass mir das nicht zustand. Nicht in dieser Küche.
    Von Rosalia wusste ich, dass sie es konnte. Sie war zwar keine besonders kreative Köchin, aber ich hatte absolutes Vertrauen in ihre Teamfähigkeit. Und ganz genau so lief es dann auch. Harmonisch eben...
    Es ging schon damit los, dass wir auf ihr Geheiß hin die alten Tangoplatten rauf und runter spielten. Tomaso hatte diesen Brauch abgeschafft, war der Ansicht, die Konzentration würde darunter leiden. Und so wurden wir, während wir Wild, Pasta und Fischgerichte vor- und zubereiteten, Salat in Form brachten, Suppen und Saucen verfeinerten, von Akkordeon und Geige in Schwung gehalten. Wir lachten viel und waren trotzdem ernsthaft bei der Sache. Aber das mussten wir auch sein - es gab viel zu tun - das Restaurant war gut besucht.
    Für einen kostbaren Moment war ich sogar so etwas wie glücklich. Ich hantierte in meiner Küche und eigentlich hatte ich ja nie etwas anders im Sinn gehabt...  
    Da auch in Fano von mir erwartet wurde, dass ich zwischen den Gängen bei den Gästen vorbeischaute, bat ich Rosalia, mich dabei zu begleiten - immerhin war der reibungslose Ablauf vor allem ihr Verdienst.
    Zu meiner Überraschung verlief dieser Teil des Abends dann komplett anders als in Genova. Denn ein Großteil derer, die gekommen waren, kannte ich nun schon mein ganzes Leben lang. Logisch eigentlich...
    Viele unserer Nachbarn, die Freunde meiner Eltern, von Rebecca und Tomaso, unser Fischlieferant nebst Familie und sogar der Padre, der uns Kinder einst getauft hatte, warteten darauf, mich wiederzusehen.
    Und sie bereiteten mir einen

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