Luca's Rezepte
erzählen.
Es lag keine leichte Zeit hinter ihm. Antonio und Tomaso hielten ihn von Valentina fern. Und das verletzte ihn nicht nur, er litt auch darunter.
Das konnte ich gut verstehen, denn eigentlich verstand sich der alte Mann mit Valentina seit jeher besser als mit seinem eigenen Sohn. Eine Tatsache, die meinen Vater tiefer getroffen haben musste, als er es zugeben konnte. Zumindest ließ sein Besuchsverbot für Antonio darauf schließen. Die Macht hatte er nun dazu, also nutzte er sie.
Dabei war das aus meiner Sicht dumm. Gerade jetzt brauchte mein Vater die familiäre Unterstützung, wo es nur ging. Da auf Matteo zu verzichten, war einfach nur eitel und kurzsichtig.
»Ich möchte, dass du mich nachher begleitest, wenn ich zu Mutter gehe... machst du das für mich, ja?«, fragte ich ihn.
Er schloss kurz die Augen und nickte dann.
»Das mache ich sehr gern, mein... Kleiner.«
»... Was meinst du eigentlich, wer du bist, hä ...?«
»Sag du es mir...«, antwortete ich so ruhig wie möglich, noch halb in Gedanken und betrachtete Tomaso, der sich wütend vor mir aufgebaut hatte. Ich saß wieder mit Lorenzo im Hof, und wieder tranken wir Caffè, um dabei zu besprechen, wie es in den kommenden Tage für uns weitergehen sollte.
»...Mich aus meiner eigenen Küche zu schmeißen... Das wagst du nicht...«
»Hey, hey... das würd' ich nie tun...«
»Ach? Und was ist das dann? Antonio sagt, du wirst kochen, aber nur unter der Bedingung, dass ich der Küche fernbleibe...«
Ich hob die Schultern. »Das war mein Vorschlag. So wie du dich anstellst, ist eine Zusammenarbeit doch gar nicht möglich... Aber entschieden habe das nicht ich ...«
» Wie ich mich anstelle? Ihr zwei Hübschen, ihr verpisst euch einfach und hinterlasst das Trümmerfeld hier Giade und mir, und jetzt, nachdem alles wieder einigermaßen läuft, kommst du daher, du Superstar und schmeißt mich aus meiner eigenen Küche raus? Ohne mich!«
»Sag ich doch! Und was deine taube Nuss Giade angeht: die hat’s doch immer drauf angelegt, hier Hausherrin zu spielen. Also halt mal schön den Ball flach und dreh hier nicht so verdammt selbstherrlich auf... Du hast doch alles gekriegt, was du wolltest... Dein Weib, dein D’Agosta. Und jetzt kriegt ihr sogar mich...!«
»...Duu... Du...«
Für einen Augenblick dachte ich, dass ich’s übertrieben hätte, aber er überlegte es sich anders und zog sich schließlich hasserfüllt ins Restaurant zurück, vermutlich um bei Antonio weiter Dampf abzulassen.
»Das hast du wirklich getan ...?«
»Was denn?«
»Du hast Antonio vor die Wahl gestellt? Du oder er ?«
»Ja, kannst du dir eine Zusammenarbeit mit dem vorstellen? Also ich nicht...«
»Mann, Mann, Mann. In dir steckt ja wirklich ein kleiner Dantès. Den Vater gegen den Bruder auszuspielen... Aber das mit der tauben Nuss war gut...« Er grinste gemein.
Ich wusste auch nicht, woher meine plötzliche Boshaftigkeit kam. Aber seit wir wieder in Fano waren, wurde mir deutlicher als je zuvor, was sie mir angetan hatten, Antonio, Tomaso und auch Valentina. Ich erinnerte mich noch sehr gut an meine letzte Begegnung mit meinem Vater und mit meinem Bruder.
Kriechend wollten sie mich sehen, klein und voller Demut.
Nun war ich zurück.
Aufrecht, groß und voller Stolz.
Bitte sehr...
Ich war wieder sechzehn...
Ganz wie früher stand ich in der Küche und ging die Vorräte durch, um zu sehen, was ich noch so brauchte für den Abend.
Ich durchforstete mit Eifer die Regale, auf der Suche nach Safran, begutachtete kritisch das eingelagerte Gemüse und ließ meinen Blick wehmütig über all die vertrauten Gerätschaften, die Arbeitsutensilien, all die blank geputzten Messer, Siebe, Töpfe und Pfannen wandern. Das hier war meine Küche.
Eine Kasserolle, die ich versonnen in meinen Händen hielt, hatte eine derbe Beule am oberen Rand. Mein Gott, ich wusste noch genau, wie die da hingekommen war - ein Missgeschick von Pietro. Mir gingen so viele Geschichten, so viele Details durch den Kopf, die mit diesem Raum in Zusammenhang standen...
»Hallo Luca...«
Und da stand Anna.
Sie war enorm in die Höhe geschossen. Aber das war es nicht, was mich überraschte. Es war das Fehlen jeglichen kindlichen Übermuts.
Wie sie da so stand, so dünn, so gerade, so statisch, ganz ohne den ihr sonst eigenen Bewegungsdrang, erschreckte sie mich beinahe. Sie musste jetzt um die vierzehn sein oder etwas älter, also immer noch ein Kind. Aber ihr
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