Luca's Rezepte
Restaurant-Kultur ab, so sah ich das. Und das konnte mir aus naheliegenden Gründen nicht gefallen. Noch dazu ein fremder Herd...
Aber wenn es sich um eine Freundin von Luisa handelte, wie konnte ich da Nein sagen? Noch dazu in meiner Situation.
Also wieder mal eine neue Erfahrung. Eine, die sich ganz bestimmt bei all den anderen, ungeliebten der letzten Wochen einreihen würde. Ich war nicht gerade gespannt darauf...
Der Corso Carbonara befand sich hochoben am Hang, gegenüber eines großen Parks, mit einem unglaublichen Blick auf Stadt und Meer.
Erste Adresse.
Dass man sich hier bekochen ließ, glaubte ich sofort.
Die Nummer 4 war ein imposanter Altbau mit einer großzügigen Balkonfront aus Schmiede-Eisen. Ich parkte meinen Roller unter einer schattigen Platane, schulterte meine Tasche und ging zum Eingangsportal.
Die Castelier di Semogos wohnten in der obersten Etage. Penthouse, vermutete ich, und die Armatur im Aufzug gab mir Recht. Und so musste ich Treppen steigen, da mir im Fahrstuhl für die entscheidenden letzten Stockwerke der magische Schlüssel fehlte, um bis oben durchzukommen.
Maria Castelier hatte ich mir anders vorgestellt. Sie war vielleicht Mitte vierzig, hatte blondes glattes Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden trug, war schlank und verzichtete sowohl auf Schmuck als auch Schminke.
»Ich bin Ihr Koch für diesen Abend, Signora...«, stellte ich mich vor. »Luca Lauro...«
»So jung?« Ich registrierte die Skepsis in ihrer Stimme. Sie hielt mir ihre unberingte Hand entgegen. »Und du denkst, dass du das schaffst - alleine?«
»Ich denke schon, ja...«, sagte ich professionell lächelnd.
»Nun, wenn das so ist...« Sie öffnete die Türe weiter und ließ mich eintreten. »Dann komm mal mit in die Küche.«
Ich folgte ihr durch eine quadratische Diele, die sich in einen großen Wohnraum öffnete. Hohe holzgerahmte Glastüren führten von da aus auf eine breite Terrasse, von der aus man einen ungehinderten Blick auf das Meer haben musste.
Dann: die Küche.
Sie war exakt so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Nicht unbedingt in Farbe und Material, aber von der Idee her.
Diese Küche war einfach nur teuer.
Ich mochte sie nicht.
Die Wände waren mit ebenholzfarbenen Paneelen verkleidet. Darin eingebettet befanden sich Schränke mit blauen, roten und grünen Glasfronten. Backofen, Dämpfer, Mikrowelle und Espressomaschine waren nebeneinander in Augenhöhe montiert. Die Mitte des Raumes bildete ein gewaltiger schneeweißer Hochglanz-Block, in den Wasser, Gas, Induktion und ein Flächengrill eingebettet waren.
Das war keine Küche, das war ein Labor.
In einer Ecke, nahe dem Fenster, das auch hier wie im Wohnraum bis auf den Boden ging, entdeckte ich die mir vertrauten angeschlagenen grauen Stapelkisten, in denen sich die Zutaten für den heutigen Abend befanden. Sie wirkten hier so deplatziert wie Eiterpickel auf Teenager-Nasen.
»Wirst du klarkommen?«, fragte sie wieder.
Ich sah mir die Herde näher an, dann die Öfen, stellte fest, dass ich keine Fragen hatte und nickte nur.
»Dann ist ja gut...« Sie wirkte etwas erleichtert. »...Start 20 Uhr, und zwischen den Gängen minimal 20 Minuten, maximal 35, ja?«
»Gerne. Kennt sich der Service hier schon aus? Und hat er schon mit Luisa gearbeitet?«
Nun war es an ihr zu nicken »Ja sicher. Da gibt es keine Probleme.«
»Na, dann lege ich mal los«, sagte ich, zog Messer und Kochjacke aus der Tasche, begann die Kisten auszuräumen und die Zutaten auf der Arbeitsfläche zu verteilen.
Einen Moment verharrte sie noch unsicher in der Türe, aber dann ließ sie mich doch alleine. Sie traute mir offensichtlich gar nichts zu.
Es störte mich nicht weiter.
Zunächst einmal schenkte ich mir ein großes Glas Wasser ein, setzte mich auf einen stylischen Barhocker und ging den Menü-Plan noch einmal durch.
Entenleber mit grünem Pfeffer und Aprikosen gab es als Vorspeise, dann eine Bisque von Langustinen mit Kohlrabi.
Als Fischgang war gebratenes Rotbarbenfilet an einer Rosmarin-Schalottensauce vorgesehen. Dazu Artischocken - typisch Luisa .
Zweiter Hauptgang: Lammrücken in Olivenkruste an Kräuterjus und schließlich, zum Abschluss, lauwarmer Schokoladenkuchen mit eingelegten Kirschen.
Ich hoffte, dass die Gastgeberin nicht auch noch einen Caffè von mir erwartete, aber ihre Vorbehalte gegen mich schlossen das wohl aus.
Irgendwie konnte ich sie ja auch verstehen. Das war ein anspruchsvolles Menü, mit einigen
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